Das Vereinsrecht: Anhörung im Innenausschuss!

Am 12. Dezember fand im Innenausschuss des deutschen Budestages die Anhörung zur Verschärfung des Vereinsrechtes §9 (3) statt. Dort saßen sie, die Experten aus Politik, Verwaltung, Hochschule und Polizei, und diskutierten über die aktuelle Lage. Man bekam recht schnell den Eindruck, dass die Urteile bereits gefällt wurden, es an sich keine Aspekte gibt, die einer Verschärfung entgegen stehen.  Aber nur fast.

Denn unter ihnen befand sich auch Dr. Michael Ahlsdorf, ehemaliger Chefredakteur der Bikers News, und langjähriger Begleiter der Szene, der m. E. den Standpunkten der Befürworter einer Verschärfung teilweise sehr wirkungsvoll entgegen treten konnte. Ihm zur Seite sprangen geladene Rechtsgelehrte. Dazu unten mehr. Vertreter der von der geplanten Verschärfung direkt beroffenen MC’s wurden nicht eingeladen, befanden sich aber unter den Zuhörern, so zum Beispiel Django 1%er, Pressesprecher des Hells Angels MC Germany. Für mich ein No Go. Es geht um sie, also lasst sie sprechen.

Die Anhörung!

Der Redebeitrag von Prof. Knape, aktuell Hochschullehrer für den Fachbereich Einlassrecht, erzeugte bei mir das erste massive Unbehagen. In einer teilweise beinahe cholerischen Art sprach er über das Verhalten von Mitgliedern der Hells Angels aus Berlin, während seiner damaligen Zeit als Leiter einer Berliner Direktion, zuständig für Rocker. Mit Hinweis auf damalige massive Vergehen der Hells Angels, die durch belegbare Fakten nicht dokumentiert wurden, machte er sehr schnell deutlich, worum es der Polizei wirklich geht. Die Kutten müssen weg. Die rein subjektive Machtwirkung der Kutte soll ausgehebelt werden. Ich verweise mal auf die erste Lesung zur Gesetzesverschärfung, in der die Politik zugab, dass dieses am Verhalten von Straftätern nichts ändert. Punkt!

Zwar wurde in seinem Redebeitrag der Hells Angels MC exemplarisch in den Vordergrund gestellt, ich hatte dabei durchaus den Eindruck das er sich persönlich durch diesen Club herausgefordert fühlt, doch wer ihm genau zuhörte stellte fest, dass aus seiner Sicht das Tragen der 1%er-Raute ausreicht, um die Ablehnung des Rechtsstaates klar zu dokumentieren. In keinster Weise wurde dieses nur an den akut betroffenen Clubs festgemacht. Insofern fühle ich mich ein meiner Einschätzung bestätigt, dass es dem Staat nicht nur um die medial dominierenden MC’s geht, sondern er allen 1%er-Clubs an die Insignien gehen will. Die Tatsache, dass man akut nicht betroffen ist, darf insofern nur als eine vermeintliche Sicherheit gewertet werden. Darüber muss in den 1%er-Clubs gesprochen werden.

Herr Jungbluth, Vertreter der Polizei in NRW, machte in seinen Ausführungen deutlich, dass es derzeit 36 Verbote in der Republik gäbe, die nach seiner Kenntnis auf erheblichen Straftaten beruhen. Gleichzeitig räumte er jedoch ein, dass manche Straftaten den Beschuldigten nicht nachgewiesen werden konnten, es somit zu Freisprüchen gekommen sei. Lieber Herr Jungbluth, Verfahren, die mit einem Freispruch enden, müssen von ihnen so bewertet werden, dass die Beschuldigten keine Straftat begangen haben. Das ist das Grundprinzip unserer Justiz. Diese Verfahren dürfen nach meinem Rechtsverständnis dann auch nicht als strafbare Handlung den entsprechenden Clubs zugeordnet werden. Es gilt dann grundsätzlich die Unschuldsvermutung!

Interessant war in dem Kontext auch die Nachfrage seitens der Partei der Linken durch Frau Mdb Helpke, ob man denn die angesprochenen Statistiken genauer verifizieren könne. Was wurde verurteilt, was nicht? Hier fing man doch recht deutlich an zu schwimen. Logen, die Polizei arbeitet mit polizeilichen Erkenntnissen, die tatsächliche strafrechtliche Relevanz einer rechtskräftigen Verurteilung, und nur das darf als Schuld bewertet werden, wird da völlig außer Acht gelassen. Für mich ist das ganz klar eine taktische Bewertung, die aber aufgrund der nicht vorhandenen Verifizierung dann auch nicht als Maßstab für eine Gesetzesverschärfung herhalten darf, da ihr erhebliche objeketive Umstände fehlen.

Zugegeben, in einigen Fällen kommt es nur zu Freisprüchen, weil man die Tat nicht zuornden kann, aber ist das keinesfalls die Regel, sondern die Ausnahme, ergo nicht repräsentativ. Hinzu gesellen sich äußerst fragwürdige Kornzeugen-Regelungen, auch hier darf man der Polizei ein teilweise sehr unrühmliches Agieren konstatieren, welches aber genauso in die Argumentation einfließt. Kronzeugen müssen stets kritisch bewertet werden, da Kronzeugen in aller Regel nur ihren Arsch retten wollen und oftmals reine Geschichtenerzähler sind.

Die Verfassung!

Die Ausführungen von Frau Prof. Groh zeigen eindeutig auf, dass sie als absolute Rechtgelehrtin, anders als die Polizei, eindeutig die verfassungsmäßigen Aspekte in den Fokus stellt und folgerichtig darauf hingewiesen hat, dass ein Insignienverbot, wie vom BGH auch gefordert, äußerst restriktiv ausgelegt werden muss. Sie kam auf den Punkt und bezeichnete die geplante „Insbesondere-Regelung“ des Gesetzgebers als heikel. Tatsächlich war dieses bereits ein Hinweis darauf, dass die Verschärfung in dieser geplanten Form vor dem Verfassungsgericht nicht standhalten wird. So meine Bewertung.

Auch hinsichtlich des Gesetzgebungsverfahrens bekamen die Protagonisten eine klare Schelte. Die Botschaft? Sie machen sich das viel zu einfach und schreiben in das Gesetz Aspekte hinein, die bereits in der Vergangenheit zu einem Scheitern führten. Ebenso fehlt aus ihrer Sicht die faktische Begründung hinsichtlich des zu schützenden Rechtsgutes, einem Umstand, der aber vom Oberverwaltungsgericht explizit gefordert wird.

Die Tatsache, dass bei einem Verstoß die Zuwiderhandlung strafbewährt ist, wurde von ihr klar negativ bewertet. Warum findet keine Anwendung des Ordnungswidrigkeitenrechtes statt? Sehr berechtigte Frage! Unter dem Strich führen ihre Aussagen bei mir zu der Erkenntnis, dass diese Verschärfung in der vorgelegten Form verfassungswidrig ist und keinesfalls vor dem obersten Gericht bestehen wird. Dieses wurde von Prof. Rottis in Gänze bestätigt. Er wies weiterhin klar darauf hin, dass der Verschärfung des Vereinsrechtes an sich nur polizeirechtliche Aspekte zugrunde liegen. Polizeiliche Erkenntnisse alleine dürfen aber niemals der Grundstein für eine Gesetzesänderung sein.

Fazit!

Für mich ist im Ergebnis klar, dass es sich der Staat nur einfach machen will. Statt einer Verbesserung der polizeilichen Möglichkeiten zur effektiveren Verfolgung von Straftätern, kostet halt hohe Budgets, erlässt der Gesetzgeber ein Gesetz, dass polizeiliches Handeln an einem Insignienverbot festmacht. Wie Prof.Rottis aber richtig angemerkt hat, ist ein Insignienverbot etwas völlig anderes, als eine Straftat. Im Strafrecht werden weitaus höhere Maßsräbe angelegt, als im Vereinsrecht. Über allem steht aber die Verfassung. Diese wird massiv tangiert. Und darauf dürfen sich Rocker ja wohl in unserem Land sehr wohl berufen. Oder etwa nicht?

Daher darf die reinweg moralische Beurteilung der Rocker-Szene nicht dazu führen ein Gesetz zu verabschieden, dass alle Mitglieder von 1%er-Clubs unter einen Generalverdacht stellt. Um es ganz klar zu sagen, nur die Clubs selber können durch interne Prozesse dafür sorgen, dass es zukünftig zu einem regideren Auswahlverfahren kommt, dass die eigenen Member die althergebrachten Werte verinnerlichen und weiter geben. Doch niemand sollte glauben, dass man derartige Prozesse von Außen erzwingen kann.

Mit Sicherheit tragen die akut betroffenen Clubs eine erhebliche Mitverantwortung daran, dass sich der Staat massiv herausgefordert fühlt. Es passieren Dinge, die in keinster Weise zu entschuldigen sind. Aber für diese Fälle gibt es das Strafrecht. Das Vereinsrecht darf mangeldes Know How in der strafprozessoalen Verfolgung keinesfalls dazu herhalten, dass man Scheingefechte führt, um den Bürgern ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln, dass objektiv an dem strafbaren Handeln Einzelner nichts ändern wird. Was bringt ein solches Gesetz substantiell für die öffentliche Sicherheit? Gar nichts!

Anders als noch vor Jahren ist für mich klar, dass der Staat alle 1%er-Clubs in das Insignienverbot zwingen will und vermutlich wird die Verschärfung trotz der erheblichen vergassungsmäßigen Bedenken der Rechtsgelehrten verabschiedet. Rocker haben keine Lobby, ergo ist nur mit dem Entgegenwirken der betroffenen Clubs zu rechnen. Das kann sie ausbluten lassen, womit die Polizei sicherlich die geringsten Probleme hätte. Ein echtes Wir, das hat die Petition klar aufgezeigt, gibt es nicht. Dieses müsste erarbeitet werden. Doch die Ressentiments innerhalb der Szene sind groß. Das spielt dem Staat die Karten in die Hand.

Derzeit gibt es m. E. nur einen gemeinsamen Ansatz. Die 1%er müssen sich tatsächlich zusammen setzen und eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit leisten. Aufklärung statt Abschottung, finanziert durch alle 1%er-Clubs, hier muss ein Finazierungschlüssel die Anzahl von Chaptern/Chartern berücksichtigen, alles unter Beteiligung aller intererssierten Rocker-Medien. Bildung einer effektiven Plattform mit hohen Multiplikatoren. Da, wo der Mainstream die Vorhalte nicht verifiziert, muss es die Szene tun. Ich habe darüber mal mit Chefredakteur Tilmann Ziegenhain von der Bikers News gesprochen, die sich derzeit auch ernsthaft Gedanken darüber macht, wie ein Mehr an Wir entstehen kann.

Das Problem? Wie schafft man es, dass andere 1%er-Clubs nicht das Gefühl haben, dass sie sich für die Versäumnisse anderer MC’s krumm machen, sondern für den Schutz ihrer eigenen Werte eintreten. Vielleicht sollten wir mal die Männer in Down Under fragen, wie sie das gelöst haben.

Hier der Link zur Anhörung: www.bundestag.de/mediathek

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.