Gebietsansprüche? Einblicke!

Obwohl die MC-Rules hinlänglich bekannt sein dürften, gibt es immer noch Ahungslose oder Verwegene, die sich mal eben so dazu entscheiden, einen MC zu gründen. Man fährt mit einigen Kumpels in der Gegend herum, schlägt hier und da auf einer Party auf, und weil das letzte Gelage mit einem etablierten MC-Rocker feucht-fröhlich und stimmungsvoll verlief, fasst man den Entschluß zur Gründung eines MC. Ist ja alles so lustig und gemütlich hier! Da man häufiger die Biker-Bravo ließt, hat man mitbekommen, dass man dieses dort ankündigen kann, man orientiert sich an den vorhandenen Einträgen, kopiert einen Text und die Angelegenheit dürfte damit erledigt sein. Eine Bude hat man auch bereits gefunden und der Termin zur Einweihungsparty steht ebenfalls fest. Everybody Welcome!

An dieser Stelle könnte ich den Artikel bereits mit dem Fazit beenden: „Dämlicher geht es nun wirklich nicht“!

Wir spinnen das Rad trotzdem mal weiter. Bereits nach kurzer Zeit erscheint ein etablierter MC und macht unmissverständlich klar: „Nix da! Gibt es nicht!“. Die Protagonisten sind völlig verdutzt, reklamieren ihre freie Entscheidung für sich und der Leader bekommt von demselben Member einen auf den Birne, mit dem er doch erst vor kurzem noch so nett gefeiert hat. Nun ist er um eine Erfahrung reicher! Blaues Auge inklusive!

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Hintergründe!

Die sogenannten Gebietsansprüche werden in den Medien grundsätzlich mit der Sicherung terretorialer Gebiete zur Durchführung krimineller Geschäfte in Einklang gebracht. Wenn ein großer MC sich anderweitig neu orientiert, geht es folglich immer laut Presse und Behörden um die Ausweitung dieser Geschäfte. Die am häufigsten benannten Geschäftsfelder sind Prostitution, BTM und Waffen. In der Öffentlchkeit entsteht dadurch oftmals der Eindruck, dies seien die einzigen  Motive. Falsch!

Die Gebietsansprüche haben ein klare historische Bedeutung. In Einzelfällen mögen die Motive heutzutage tatsächlich in der Sicherung von Business und Kapital liegen, pressemäßig natürlich dominant hervor gehoben, doch im Wesentlichen dienen die Gebietsansprüche etablierter MC’s dazu, dass keine Männer in die Szene eindringen, die nicht die richtigen Werte und Voraussetzungen mitbringen, um einen aktiven und wichtigen Beitrag für das Leben in unserer Subkultur leisten zu können. Sie haben keine Karren, sie sind aus etlichen MC’s bereits rausgeflogen, sie haben ehemalige Bros beschissen oder sind mit der Club-Kasse abgehauen, sie machen nur Stress und suchen permanent die Auseinandersetzung, die Gründe sind vielfältig. Und wenn es völlig unbekannte Leute sind, so kann niemand in der Szene beurteilen, ob sie den notwendigen Stallgeruch mitbringen. Newbees halt, die keiner kennt.

Diese Neulinge müssen sich zunächst einmal ihre Sporen verdienen, sie müssen sich einen Namen machen. Das setzt natürlich voraus, dass sie überhaupt bereit sind, diesen Weg zu gehen. Wer dieses tut, hat zu einem späteren Zeitpunkt mit seinem Ansinnen auch wesentlich bessere Chancen die notwendige Akzeptanz zu finden, da die lokale MC-Szene die Männer kennt und charakterlich besser einschätzen kann. Es sind nun beileibe nicht nur die großen Clubs, die den Neugründungen spektisch gegenüber stehen. Dies gilt ebenso für kleinere und mittlere MC’s, die sich über Jahrzehnte einen Namen gemacht haben. Nehmen wir mal als Beispiel den Toros MC. Keineswegs ein großer Club, aber ein angestammter und absolut etablierter MC mit Tradition und einem guten Namen in der Szene. Seine Member leben und handeln nach den Rules und achten darauf, dass diese konsequent gelebt werden. Nun habe ich noch nie einen Member des Toros MC kennen gelernt. Stellt sich also die Frage, woher ich das dann weiß. Ganz einfach, in der Szene wird darüber gesprochen und die Männer die darüber reden, sind ebenfalls langjährige MC-Rocker, denen ich diese Beurteilung absolut zutraue und von daher ihr Wort für mich Gewicht hat. Denn sie leben ebenfalls nach den Rules und bekennen sich dadurch klar zur MC-Kultur. Zudem kennen sie ihre lokale Szene sehr gut.

Denkt mal über diesen Satz nach.

Denkt mal über diesen Satz nach.

Die sogenannten normalen Motorrad-Fahrer werden das niemals nachvollziehen können. Für sie ist das Motorrad ein Freizeit- oder Sportgerät. Ihre emotionale Bindung beschränkt sich klar auf das Erlebnis Motorrad-Fahren und von daher sind ihre Frösteleien bzgl. der geringen Kilometerleistungen einiger MC-Member sogar nachvollziehbar. Tatsächlich aber reden wir hier über zwei völlig unterschiedliche Ansätze. Während sich der Motorradfahrer in aller Regel in der Mitte der Gesellschaft wieder findet und den Bock eher als Fortbewegsmittel sieht, ist das Motorrad für den Rocker neben vielen anderen Aspekten ein Ausdruck der individuell gewählen Freiheit. Brotherhood, Respekt und Loyalität stehen an erster Stelle. Rocker bekennen sich klar nach Außen zu ihren Werten und den Rules. Das gilt auch für etliche Freebiker, die zwar nicht club-organisiert fahren wollen, aber das gleiche Wertegerüst empfinden. Auch sie finden in der Szene Anerkennung, müssen sich aber hier und da die Frage gefallen lassen, warum sie den Weg denn nicht konsequent weiter gehen und sich einem MC anschließen. Auf diese Frage erwartet man dann ein klares Standing. Wenn das kommt, sind auch sie anerkannt.

Wer hingegen nur so tut als ob, tatsächlich aber kein reales Interesse an der MC-Kultur beweist, wird selbstverständlich nicht akzeptiert. In solchen Fällen gibt es in der Tat Probleme. Natürlich haben die bestehenden MC’s die große Verantwortung sachlich und im Sinne der Szene zu handeln. Das gelingt nicht immer. In manchen Fällen beweist man einfach nur Stärke, um zukünftige Vorhaben bereits im Keim zu ersticken, in anderen Fällen liegt man ggf. in seiner Einschätzung sogar daneben. doch unter dem Strich haben die MC-Rocker ein sehr gutes Gespür für die Situation und entlarven falsche Motive sehr schnell.

Ich einigen Ländern wie zum Beispiel Österreich dürfen Clubs bestimmte Partys nicht anfahren, wenn sie weibliche Member mit Kutte in ihren Reihen aufgenommen haben. Entweder sie kehren um oder die Mädels ziehen ihre Juppe aus. In unserer Republik ist der Aufschrei dann groß und die Rules der Ösis werden mit Kopfschütteln quittiert. Sorry, wenn ich mich entschließe eine darartige Party anzufahen, dann sollte ich auch wissen unter welchen Voraussetzungen dieses möglich ist. Dieser Club hat nichts anderes getan, als sich bestimmten Rules zu verpflichten und wer seine Party anfährt, muss dieses akzeptieren. Es spielt daher keinerlei Rolle, ob es Macho-Gehabe oder Intolleranz gegenüber Frauen in Juppe ist, die Kollegen hinter den Bergen sind sich einig, dass es so läuft und von dem gastgebenden MC wird erwartet, dass er dieses keinesfalls dultet. Tut er es doch, sitzt er sogleich mit den nicht informierten oder ignoranten Bikern in einem Boot und erhält die Quittung.

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Ja, wir haben unsere eigenen Rules. Na und? Diese regeln ja nicht den Straßenverkehr für alle Verkehrsteilnehmer, sondern das Zusammenleben in einer selbstgewählten Lebensform am Rande der Gesellschaft. Wer dazu gehören möchte, muss diese Rules akzeptieren oder er läßt es eben. Warum sich viele Motorrad-Fahrer darüber aufgregen, kann ich nicht nachvollziehen, denn sie bewegen sich in der Regel nicht in unserer Szene. Wenn andere Bock auf den Racing-Sport haben, nur zu, wenn sie lieber in Gruppen mit Warnweste durch die Alpen ballern, euer Ding, aber wenn sie sich einen Dreiteiler mit MC-Patch überstreifen, dann sollten sie sich darüber im Klaren sein, dass dieses Leben weitaus mehr bedeutet, als am Tresen den Macker zu mimen oder im Fratzenbuch von Loyalität zu labern, um dann doch bei jeder sich bietenden Gelegenheit festzustellen „Ich bin ja gar nicht so!“

Und damit genau diese Typen nicht auf MC machen, gibt es Gebietsansprüche und das ist gut so! Ich bin erst mit 40 Jahren in diese MC-Szene eingestiegen, mir hing der Grünspan vermutlich nicht nur aus den Ohren, sondern auch aus dem Hintern. Vollkommen richtig also, dass man mir einen erfahrenen und akzeptierten Rocker zur Seite stellte, der mich nicht nur auf das Leben im Club vorbereitete, sondern auch dafür verantwortlich war, ob ich überhaupt weiß, was ich da mache. Jedem sei daher dringend empfohlen, sich erst einmal in der MC-Szene vorzustellen, die Clubs zu besuchen, sich ausgiebig mit den Membern zu unterhalten, um sich ein umfassendes Bild machen zu können. Ein MC lebt nach den Grundsätzen einer lebenslangen Brotherhood und wer das für sich will, kann mir nicht erzählen, dass es plötzlich darauf ankommt, wie schnell ich die Kutte bekomme. Wichtiger ist doch wohl das „Warum“

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.