Harley oder Japaner? Ist das wichtig?

Sind Harley-Fahrer die besseren Biker?

Seit jeher scheint es zwischen den Harley-Besitzern und den sonstigen Marken-Inhabern eine Kluft zu geben und bis heute weiß ich ehrlich gesagt nicht so genau, wie diese überhaupt entstanden ist. Harley-Fahrer gelten als arrogant und überheblich, machen auf dicke Hose, sind laut und protzig. Ist das so? Zugegeben, die Jungs und Mädels auf den V2-Boliden sind eine Spezies für sich. Das liegt aber keineswegs an der Karre, sondern an deren Charakteren. Sie haben eben über die Jahre für sich erkannt, das die Harley, in einzelnen Fällen auch andere Modelle, das einzige Motorrad ist, mit dem sie ihre persönlichen Vorstellungen von dem Lifestyle eines Bikers tatsächlich ausleben können. Und beileibe sind nicht alle auf einer Harley geboren worden. Im Gegenteil: Der Weg zu einer Harley führt an sich immer über eine andere Marke.

Mein erster Bock war eine Honda CB 600 F in pink, grün und weiß. Trotz der schrecklichen Lackierung habe ich diese Karre geliebt. Es war ja auch mein erstes Baby. Rasant und schnittig stand sie da. Ich bin damit durch Achim gegurkt wie eine geiler Pfau. Anzug, Kurvenlage und Handling, es stimmte alles. Nach einigen Jahren hatte ich auf die Kurven-Nummer keinen Bock mehr. Irgendwie stand mir der Sinn nach etwas Größerem und kurzum tauschte ich die 600er gegen eine CB 1000. Deutlich gereifter fuhr ich jedoch zukünftig defensiver. Auf die schnelle Nummer stand mir nicht mehr der Sinn. Zudem meidete ich immer mehr die Autobahn, da mir die Ducatis und Hayabusas langsam mächtig auf den Sack gingen. Beinahe regelmäßig nagelten mir die leistungsstärkeren Rennschlitten auf der linken Spur fast in den Hinterreifen.

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Pech nur, wenn der Typ auf der nächsten Tanke für das Manöver denn mal gleich einen fetten Anschiss bekam und in einigen Fällen auch mehr. Damals fuhr ich grundsätzlich alleine. Wie die meisten anderen auch.  MC, Dreitler, Zweiteiler, dass alles interessierte mich nicht die Bohne. Und wenn mir jemand etwas von 1% erzählt hätte, wäre ich wohl eher auf einen billigen Schnaps, als auf einen organisierten und nach klaren Regeln aufgestellten Club gekommen. Nun, es folgte eine lange Periode des Nichtfahrens. Bis zum Jahre 2004.

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Panik von MABB Berlin/Brandenburg spult ohne Harley ohne ende KM ab.

Mittlerweile hatte ich meine beiden Ehen vernagelt, mein Sohn wurde langsam erwachsen, auf die Tür an der Bremer Meile hatte ich keinen Bock mehr und ohnehin fühlte ich mich unsäglich alleine. Es war reiner Zufall, das ich an der Pinnwand in meiner Küche einen Flyer der Bremer Borns fand. Ich setzte mich auf mein Fahrrad und machte mich auf den Weg. Ihr habt richtig gehört. Meine erste Begegnung mit meinen heutigen Brüdern erfolgte mit dem Fahrrad. Was muss das für ein Anblick gewesen sein. Postgelbes Hemd, 3/4-Camouflage-Hose und Turnschuhe. Autsch!

Wenn mir mal igendwann der Sinn danach steht ein Buch zu schreiben, erzähle ich Euch den Rest. An dieser Stelle beschränke ich mich jedoch auf den Umstand, dass ich kurze Zeit später Besitzer einer FXST wurde.

Und ja, das Gefühl war unbeschreiblich. Nie zuvor fühlte ich mich auf einer Karre so pudelwohl. Das Handling ist beschissen, aber der Sound, dieser charackterstarke V2 und die Optik, versetzten mich regelrecht in Extase.

Und dann hatte ich mein erstes Aha-Erlebnis. Ich stand in Bremen an der großen Kreuzung am Rembertiring, direkt am Hauptbahnhof. Die Rotlichtphase dauerte recht lang. Also mal umschauen. Sofort regisitrierte ich die  neidvollen Blicke der Passanten. die ersten Handys wurde gezückt. Natürlich fand ich das cool. Soviel Empathie darf man auch mir zutrauen, dass ich sofort checkte, dass ich in diesem Moment für Papa die Erfüllung all seiner Sehnsucht nach einer ganz persönlichen Freiheit wurde. Tja, und als sich dann eine kleine Gruppe von Japanern dezent und fast lautlos hinter mir aufbaute, war mein innerlicher Orgasmus perfekt.

Bikes!

Völlig latte, was du fährst. Hauptsache es groovt!

Ich vorne, sie dahinter. Nur, was kann ich dafür, wenn sie sich so devot verhalten. Verstanden hatte ich deren Verhalten nicht, aber die Botschaft kam an. Vermutlich hatten die Jungs in diesem Jahr schon etliche KM mehr abgespult, aber solche Situationen erlebte ich seit dem häufiger. Kommen wir also zum Punkt. Der Weg zu einer Harley spiegelt in vielen Fällen deinen eigenen persönlichen Lebensweg wieder. Es sind die Emotionen, die einen Harley-Fahrer von den übrigen Bikern unterscheiden. Harley-Fahrer haben ein klares Standing. Sie sind mit Ausnahme der Poser schroffer und kantiger, aber auch geselliger und beileibe nicht arrogant. Man darf Selbstbewußtsein nicht mit Überheblichkeit verwechseln. Kurzum; sie sind angekommen. Vermutlich rührt daher auch der Spruch „Einmal Harley, immer Harley“. Wenn du Dich selbst gefunden hast, so gibt es bocktechnisch ja auch keinen Grund mehr, die Marke zu wechseln. Das ist eben wie mit der Old Lady. Wenn es passt, dann bleibt man zusammen.

Die Hersteller anderer Marken bauen zweifelsohne gute Motorräder. Nach wie vor stehe ich auf die V-Max und die GPZ 750 R, den Brüllaffen. Aber es ist nun einmal Fakt, dass den meisten Modellen die Emotionalität fehlt. In jedem Fall können sie in diesem Punkt nicht mit Harley Davidson mithalten. Aber der Besitz einer solchen Karre macht dich nicht zum Biker. Du mußt sie auch fahren. Und was das anbelangt, können sich etliche Harley-Faher eine gewaltige Scheibe von den Mannen mit ihren Streetfightern oder Touren-Böcken abschneiden. Mir jedenfalls gehen die Typen auf den Geist, die am Tresen ständig von Ihrer Karre schwärmen, aber es nicht gebacken bekommen, die 500 Euro aufzubringen, damit das Teil endlich wieder auf der Straße bewegt wird. Ich bin kein guter Schrauber, aber wenn ich jemals in die Situation gerate, dass es mir egal ist, ob die Dicke läuft oder nicht, dann nehmt mir den Helm und alles andere weg. Und bis dahin trinke ich am Tresen mit jedem taffen Biker ein Bier, egal auf welchem Ofen er zu der Party gefahren ist. Fazit! Shitstorm-Gefahr! He He……

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.