Kurz-Geschichte: Teil 2

Kapitel 4:

Mittlerweile besuchte ich regelmäßig das Klubhaus vom Geschwader MC. In der Bude herrschte so eine seltsame Atmosphäre. Keineswegs negativ, aber ich konnte diese Stimmung für mich einfach nicht deuten. Heute weiß ich, dass es der Geruch von Zusammenhalt und Kameradschaft war, eben gelebte Bruderschaft. Ich fühlte mich unendlich zu diesen Männern hingezogen. Sie umgab so eine seltsame Aura. Intuitiv wurde mir klar, dass ist es, was ich mein Leben lang gesucht habe. Doch ich dachte noch längst nicht daran, mich Ihnen anzuschließen. Zwar nahm ich für mich in Anspruch eine relativ gute Menschenkenntnis zu besitzen, doch wenn wir uns an die Vorfall mit dem jungen Türken an der Tür erinnern, so wollte ich zuerst wissen, wie die mit Stress umgehen und ob ich vielleicht einfach nur deshalb so interessiert war, weil meine Ehe kaputt, ich massiv unter-vögelt und zudem ziemlich perspektivlos war. Wenn ich das mache, dann nicht, weil ich gerade nichts Besseres um die Ohren habe oder mir schwarze Klamotten gut stehen könnten, nein, wir war klar, dass würde eine Lebensentscheidung werden und muss somit mehr als gut überdacht sein.

Jedenfalls war ich froh, wenn ich immer wieder mit einem weiteren Member in das Gespräch kam und fühlte mich in den Reihen der Jungs und in der Bude unsagbar wohl. Was mich jedoch total anpisste war der Umstand, dass ich keinen Bock hatte. Mit dem Fahrrad bin ich zwar nie wieder vorgefahren, aber auch mit dem Auto kam ich mir beileibe nicht viel besser vor. Ein Bock musste her, doch woher nehmen, wenn nicht stehlen. Kohle hatte ich nicht und einen Kredo würde ich ohnehin nie bekommen. Zudem war ich schon lange nicht mehr gefahren. Mit meiner letzten Gurke, einer Honda CBR 1000 F, war ich zuletzt vor über 15 Jahren unterwegs und dann auch keinesfalls in größeren Gruppen, sondern immer alleine. Mir fehlte somit auch ohne Ende Fahrpraxis. Und um das gemeinsame Fahren ging es doch. Oder doch nicht? An krumme Geschäfte oder brutale Schlägereien dachte ich jedenfalls nie! Wem sollte ich auch etwas beweisen? Anderen? Nee, gar nicht mein Ding. Lange Rede, gar keinen Sinn. Erst Monate später wurde ich stolzer Besitzer einer Harley und ratet mal, was am darauf folgenden Mittwoch geschah. Richtig, meine Ansage!

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Kapitel 5:

In meiner Probezeit hatte ich mir den Arsch aufgerissen. Da ich mich kurz nach meine Ansage von meiner zweiten Frau trennte, konnte ich an den Wochenenden, und nicht nur dann, auch regelmäßig unterwegs sein. Ich merkte relativ schnell, dass die Member auf mich positiv reagierten. Auch die der anderen Chapter. Mit fast 40.000 Km in nur 12 Monaten, die ich nur für den Club abriss, musste ich mich auch keineswegs verstecken, zumal ich den Großteil auf der Karre absolvierte. Mir fiel es niemals schwer Tresendienste zu schieben oder die Scheißhäuser sauber zu machen. Das Klubhaus sollte ja auch mein Zuhause werden und in meiner Wohnung machte ich doch auch regelmäßig sauber. Mich hat auch nie ein Member gefickt oder für sein Ego missbraucht. Die Proben, denen das passiert, stellen sich entweder total dämlich an oder sie sind im falschen MC. Ich war hier richtig und das war Fakt.

Ich wurde Member und es war mal wieder Party in unserem Chapter in Tutlingen angesagt. Bei den Jungs fühlte ich mich immer wohl. Die waren wie wir aus demselben Holz, absolut souverain und extrem gastfreundlich. Zudem gab es immer Live-Musik. Einer der dortigen Member stellt mir seinen Kumpel vor. Ich war ja nun beileibe nicht zierlich, hatte immer noch so um die 132 Kg, aber der Typ aus Hamburg war einen glatten Kopf größer und locker 25 Kg schwerer. Der Talk verlief freundlich und angenehm, nichts deutete darauf hin, dass ich nur vier Stunden später mit dem Kerl eine heftige Hauerei haben würde.

Die Band spielte, auf der Tanzfläche wurde getanzt, der Alk floss in Strömen. Jau, mal wieder so eine richtig geile Rocker-Party. Liegt natürlich auch immer an den Gästen. Wenn du Pech hast, kündigt sich so eine absolut unrelaxte Truppe an und vernagelt dir mit ihrem ewigen Bad-Boy-Gehabe die ganze Party. Das braucht kein Mensch!

Plötzlich kam ein anderer Member auf mich zu und forderte mich auf, mit ihm schnell nach draußen zu kommen, um dort eine Eskalation mit einem Gast zu vermeiden. Tja, da stand dann wieder dieser Riese vom Kiez aus Hamburg und hatte Stress mit einem weiblichen Gast. Soweit wie möglich klären wir sowas verbal, daher sind in solchen Fällen klare und deutliche Ansagen notwendig. Irgendwie wollte der Typ sich jedoch nicht beruhigen. Er war bereits vor das Tor verfrachtet worden, als er urplötzlich auf mich losging und mir einen heftigen Schwinger versetzen wollte. Mein Glück, ich war nüchtern und er nicht. Zudem hatte es geregnet. Mit einem Fußfeger legte ich ihn auf den Boden ab und drosch wie ein Bekloppter auf seine Fresse ein. Mir war klar, wenn ich nur eine Sekunde damit aufhören würde, liege ich ganz schnell unten und dann bekomme ich sowas von Senge, das ich vermutlich wochenlang mit der Beulenpest rumlaufe. Ich gebe unumwunden zu, dass der matschige Boden mir den Arsch rettete, da der stärkere Koloss einfach keinen Halt fand. In jedem Fall musste ich alles geben.

Erst als mein Bruder mit seinem Schlagstock ihm den Schädel einschlagen wollte, ließ ich von ihm ab und riss meinen Macker von ihm weg. Hallo, dass muss nicht sein. Insbesondere, da die anderen mittlerweile nach Draußen geeilten Member sich nicht einmischten und dafür sorgten, dass der Fight 1 zu 1 ablief. Die Nummer sollte oldschool laufen. Wie es sich gehört!

Ich kann keineswegs behaupten, dass es mir nach dem Kampf gut ging. Vor allem nicht, weil ja ein Clubbruder von mir sein bester Kumpel war und er die Schlägerei hautnah miterlebte. Was für eine verfickte Situation. Er gab mir klar zu verstehen, dass es ihm extrem schwer fiel nicht einzugreifen, da er diesen Typen über alles mochte und mit ihm schon etliche Dates und Tänze an der Tür auf dem Kiez und anderswo gemeinsam überstanden hatte. Doch an diesem Abend hatte er im Club seine Gesellenprüfung abgelegt.

Einige Wochen später gab es eine Aussprache mit dem Typen. Er nahm es sportlich und wir beendeten den Zwist mit einem Kurzen. Ich habe ihn nie wieder gesehen. Denn er ist nur wenige Monate später plötzlich verstorben. Ich war sehr froh ob der Klärung, denn im Grunde genommen, mochte ich seine Art und als bester Kumpel meines Bruders konnte er nun auch kein Arschloch gewesen sein.

Kapitel 6:

Einige unserer neuen Brüder waren mit dem aktuellen Kurs unseres Chapters nicht einverstanden. Immer häufiger gab es Stress in der Sitzung. Wir müssen dies, wir müssen das. Endlose Diskussionen waren die Folge. Diese ewige Laberei ging mir total auf den Sack. Wir waren eine homogene Truppe und über die Jahre fest zusammen gewachsen. Und nun meinten die Youngster, sie könnten den Weg des Rockers neu erfinden und müssten der gesamten Szene beweisen, dass sie harte Kerle seien. Ich sagte Ihnen, sie sollten in den Ring steigen und fertig. Dort würden klare Regeln herrschen und der Bessere würde obsiegen.

Aber darum ging es ihnen ja auch nicht. Sie strebten nach Macht und Einfluss. Welche Macht denn? Mit illegalen Geschäften hatten wir nichts am Hut und keiner von den alten Recken definierte sich dadurch, dass er bei jeder sich bietenden Gelegenheit anderen Rockern was auf das Fressbrett kloppen müsse. Wovon sprachen die also andauernd? Schnell kam ich zu der Erkenntnis, dass wir wohl in der Auswahl unserer neuen Brüder nicht richtig hingeschaut hatten. Irgendwas hatten wir falsch gemacht. Das mussten wir umgehend korrigieren.

Und so geschah das Unvermeidliche. Wir schmissen sie raus. Die Konsequenz war, dass wir zukünftig wesentlich genauer hinschauten und bei dem leisesten Ansatz von Zweifeln keinesfalls einer Probe die Volljuppe überzogen. Entweder ziehen sie das Ding durch, ohne auf die Uhr zu schauen, oder sie verpissen sich. Die Memberschaft im Geschwader der Straße kann jedenfalls nicht davon abhängig sein, dass wir im Klubhaus eine Stechuhr aufhängen und nach einem bestimmten Schema die Proben voll machen! Das führt lediglich dazu, dass man sich gegenseitig in internen Streitigkeiten aufreibt und der Bruderschaftsgedanke sich still und leise verflüchtigt. Am Ende bist du nur noch ein Kollektiv von individuellen Interessen und Ansprüchen! Es ist wie mit einem Korb voller Äpfel. Wenn einer faulig wird, muss man ihn sofort entfernen, denn sonst fault der gesamte Korb!

Es folgt Teil 3!

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.