Rocker und Politik! Geht das?

Brauchen wir eine eigene Partei?

In den letzten Jahren wurde vermehrt der Ruf nach einer eigenen politischen Interessenvertretung, der Rocker-Partei, deutlich. Erste Protagonisten fühlten sich bereits dazu berufen, in 2012 eine Biker-Partei zu gründen. Unter www.biker-partei.de erfahrt Ihr dazu Näheres.
An dieser Stelle wollen wir jedoch nicht auf die Voraussetzungen zur Gründung einer solchen Partei eingehen, sondern uns damit befassen, ob Rocker eine eigene Partei brauchen und überhaupt in der Lage sind, diese nach freiheitlich demokratischen Maßstäben im Sinne der Mitglieder zu führen.

Die etablierten Volks-Parteien sind nicht mehr in der Lage, den Bürger nachhaltig zu mobilisieren. Die Menschen neigen zur Politikverdrossenheit und quittieren dies mit Ihrer Nichtteilnahme an Wahlen. Die Wahlbeteiligungen nehmen immer mehr ab. Hogesa und Pegida sind zwar noch Randerscheinungen, doch müssen diese sehr Ernst genommen werden, weil sie mittlerweile voll in der bürgerlichen Mitte angekommen sind. Die Politik versucht zwar die Bewegung als rechts-radikal unterwandert zu verkaufen, doch diese Stigmatisierung verliert mehr und mehr den Nährboden.

Wir können zwar den Abgeordneten frei wählen, ob dieser jedoch während der Legislaturperiode tatsächlich unsere Meinung vertritt, steht auf einem ganz anderen Blatt. Nur allzu oft wurden Wahlversprechen nicht eingehalten, der Wähler regelrecht vor den Kopf gestoßen. Man führt uns vor!

Wer sich einmal die Zeit nimmt die jeweiligen Wahlprogramme zu lesen, findet bereits in diesen umfangreichen Dokumenten die Erklärung selbst, da sich die Parteien natürlich eine Hintertür offen halten und die Einhaltung Ihrer Programme und Vorhaben von der Durchsetzung in den Gesprächen mit dem politischen Gegner abhängig machen. Dann nämlich gilt die Schnittmenge und so entstehen Wahllügen, weil die Träger der Mandate genau wissen, dass Politik ein Geschäft ist, wo wie in jedem anderen Business auch um die einzelnen Punkte gerungen wird und Abstriche gemacht werden müssen. Doch, wer steht dazu schon im Vorfeld einer Wahl?

Schlussendlich kommt es dann zu einer lapidaren Erklärung, der Wähler regt sich kurzfristig auf, um jedoch kurz danach wieder zur Norm über zu gehen. Dieses scheint sich aktuell zu ändern. Die Deutschen protestieren wieder, gehen auf die Straße.

Top-Anzeige

Ohne Kernkompetenzen geht gar nichts

Diese Tatsache ist einer wunderbaren Nährboden für Protest-Parteien. Jüngstes Beispiel sind die Piraten. Sie kommen sympathisch daher, wirken in Ihrem Handeln vereint und erwecken gar nicht erst den Anschein über Dinge reden zu wollen, von denen sie keine Ahnung haben. Das weckte Interesse beim Wähler, führte anfänglich zu herausragenden Wahlergebnissen. Und wo stehen sie heute? Beinahe am Abgrund! Warum? Nun, ihnen fehlen die Kompetenzen auf breiter Ebene. Am PC zu sitzen und fröhlich zu chatten, reicht eben im politischen Alltag nicht aus. Ohne Fachwissen in der Innen-, Sozial- und Außenpolitik geht gar nichts. Das erklärt sicher auch den anhaltenden Erfolg der AFD, die inhaltlich wesentlich besser aufgestellt ist. Sie wirken zumindestesn kompetent.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass es punktuell eine ernsthafte politische Interessenvertretung von Rockern und Bikern tatsächlich in einen Landtag oder gar ein Parlament schaffen könnte. Ebenso bin ich mir aber sicher, dass diese Partei sich unter den jetzigen Gegebenheiten über den Status einer Protest-Partei hinaus nicht etablieren kann.

Rocker sind im Grunde eher unpolitische Menschen. Im Club-Leben spielen außen- und innenpolitische Aspekte keine Rolle. Wir machen unser Ding, kümmern uns um die Bruderschaft und haben schon genug damit zu tun, uns in der hiesigen Club-Szene zu behaupten. Das bedeutet nicht, dass Rocker keine politische Meinung haben; sie spielt aber nur eine untergeordnete Rolle in unserem Zusammenleben. Dies mag ein Grund sein, warum wir Menschen Bruder nennen, die politisch so absolut gar nichts mit unserem Denken und unseren politischen Idealen verbindet.

Top-Anzeige

Solange sie die Werte des Clubs leben und schützen und Dir in allen Lebenslagen zur Seite stehen, sind sie in unserer Gemeinschaft willkommen. Basta!

Wie ihr bemerkt, rede ich an dieser Stelle nur von den Club-organisierten Rockern, also den MC’s.

Und bekanntlich gibt es in dieser Szene klare Regeln, die das Zusammenleben untereinander und miteinander prägen. Die 1%er stehen ohne Zweifel an vorderster Stelle. Denn sie sind es, die in eindeutiger Weise Stellung beziehen und dadurch oftmals mit dem Staat in Konflikt geraten. Leute, ich meine nicht irgendwelche strafbaren Handlungen einzelner Mitglieder, ich spreche hier von dem klaren Bekenntnis zur eigenen Ideologie als Rocker.

Unnötige Begrifflichkeiten?

Nur nicht missverstehen, ich behaupte keineswegs, dass nur ein 1%er echte Rocker sind. Wäre ja auch Blödsinn, da die Mehrheit der Rocker in unserem Land eben nicht einem 1%er-MC angehört. Die 1%er nehmen aber eine führende Rolle ein und achten verstärkt darauf, dass nicht irgendwelche Freizeitjoker sich breit machen und ohne Kenntnisse der Regeln unsere Subkultur untergraben. Wie wir alle wissen, ein mittlerweile kompliziertes Unterfangen. Zudem nehmen die Clubs mittlerweile Typen auf, die auch nicht unbedingt das große Interesse an der Gesamt-Szene haben.

Dann gibt es da noch die bekennenden Biker und neuerdings anscheinend eine dritte Gruppe. Denn in einem regionalen Magazin entdeckte ich eine Werbeanzeige, in der ein gewerblicher Anbieter ein Patch anbot. Darauf stand: “Ich bin kein Biker- ich fahre Motorrad“.
Ach du scheiße, jetzt haben wir aber ein Dilemma. Denn wie soll es einer Biker-Partei gelingen unsere Interessen zu vertreten, wenn die gesamte Szene selbst sich voneinander distanziert.

Top-Anzeige

Meines Erachtens scheitert daher jeder seriöse Versuch zur Gründung einer realen politischen Vertretung bereits an diesem Punkt. Ich habe eine recht genaue Vorstellung davon, wie und mit wem ich mein Leben gestalten will und der Käufer von einem Patch wie oben beschrieben wird von mir niemals akzeptiert und kann meine Interessen nicht vertreten, da er sich ohnehin von mir distanziert hat. Trotzdem ist er ein Bestanteil der Motorrad-Szene. Wir ticken eben nicht alle gleich.

Zudem stehe ich eindeutig auf dem Standpunkt, dass eine politischen Partei sich genau aus dem Kreis heraus bilden muss, der am meisten unter den unberechtigten Repressalien des Staates zu leiden hat.

Und da wären wir wieder bei den 1%ern. Doch genau diese werden von einem Großteil der Szene für den behördlichen Druck auf die gesamte Szene verantwortlich gemacht. Oder etwa nicht?

Wir haben also den Buhmann gefunden? Spielen wir das Szenario doch mal durch. Wir treffen uns alle in einer großen Halle und erörtern die Voraussetzungen zur Gründung einer Partei. Freizeitbiker, Rocker, 1%er, MF, usw.. Wie soll die denn bitte schön heißen? Die Rocker-Partei? Die Partei aller Biker? Die Partei aller Bürger mit Motorrad? Unnötige Begrifflichkeiten?

Wer verschafft sich die Kenntnisse in lokal- und bundespolitischen Fragen? Wer geht in die Gremien und Deputationen? Wer ist bereit, seinen Job zu kündigen, um die Partei zu führen. Glaubt denn hier wirklich jemand ernsthaft, dass Politik eine reine Protestveranstaltung oder ein Freizeitvergnügen ist?

Die Grünen waren die erste wirkliche Protestbewegung nach dem Krieg und mussten ebenfalls erkennen, dass du mit den Wölfen heulen musst, um nachhaltig etwas zu bewegen. Joschka Fischer war einst ein politischer Rocker und nun ist er für viele der Depp. Wenn wir also über Politik reden, dann auch bitte über die Notwendigkeit, dass wir nur dann etwas bewegen werden, wenn das gesamte Unterfangen darauf ausgelegt ist, nach den gültigen politischen Maßstäben geführt zu werden. Wollen wir das denn wirklich? Wollen wir mit den Wölfen heulen?

Das persönliche Fazit

Ich begrüße eine solche Initiative. Doch zum jetzigen Zeitpunkt und unter den aktuellen Gegebenheiten gebe ich langfristig einer eigenen Partei keine Chance und würde aktuell eher eine gemeinschaftliche Interessenvertretung mit politischen Ambitionen empfehlen. Man muss keine Partei bilden, um etwas zu bewegen. Fangen wir doch bei uns selbst an. Mit der konsequenten Weitergabe unserer Bräuche und Riten an alle die nachrücken, wären wir schon ein großes Stück weiter. Bevor über große politischen Taten gesprochen wird, sollten wir uns doch erst mal in der selbst gewählten Gemeinschaft behaupten und diese nach allen Kräften unterstützen. Wir können auch ohne Partei-Status auf die Straße gehen. Themen gibt es genug.

Wer die Geschichte seiner eigenen Szene nicht kennt, wird in der politischen Szene auch niemals die Leidenschaft und Konsequenz aufbringen, sich den Lobbyisten entgegen zu stellen.

Ich persönlich brauche keine Partei. Ich brauche Leute um mich herum, die konsequent zu unseren Idealen stehen und das zu 100%. Dann fällt es auch dem Staat immer schwerer Druck aufzubauen.

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.