Szene: Rocker & Gewalt!

Der BDK bläst zum Angriff!

In Zeiten von verstärkten Attentaten und einem religiös motivierten weltweiten Terror, kommen mir die neuesten Aussagen des Bundes Deutscher Kriminalbeamten ( BDK ) beinahe grotesk vor. „Die Rocker mobilisieren“, es droht „Eine Eskalation der Gewalt“. Das jedenfalls ist die Botschaft des aktuellen Statements von BDK-Vize Ulf Küch. Es wird also mal wieder die verbale Keule gegen Rocker geschwungen. Es geht um Planstellen und Vernetzung.

Was fällt mir dazu ein?

Als führender Gewerkschafter muss er die Interessen seiner Mitglieder vertreten. Und natürlich ist es das originäre Ziel der Polizei, dass Bund und Länder neue Planstellen schaffen und die Behörden mit effizienteren Mitteln ausstatten, die sicherlich im Kampf gegen den globalen Terror dringend notwendig sind. Das Atttentat in München hat m. E. aufgezeigt, dass die polizeilichen Möglichkeiten bei darartigen Szenarien bereits an ihre Grenzen stoßen.

Das hat die Behörde in Bayern sogar selber eingestanden. Das Agieren der Rennleitung wurde jedoch öffentlich sehr gelobt. Doch bedenkt, München war nicht Paris. Dort agierte die IS koordiniert gleich an mehreren Stellen. Wenn man bei einem Einzeltäter bereits an die Grenzen gerät, was machen sie, wenn eine ganze Terrorzelle aktiv wird. Fakt ist, die Polizei lechzt nach neuen Beamten.

Selbst gemachte Leiden!

Einige Bundesländer haben jedoch in den letzten Jahren massiv Planstellen abgebaut, um u.a. mit dem Stellenabbau ihre Haushalte zu konsolidieren. Das die daraus entstehende Entwicklung in die Hose geht, dafür gab es deutliche Erkenntisse, welche schlichtweg ignoriert wurden. Es entstanden deutlich mehr soziale Brennpunkte, in denen die Polizei kaum noch präsent ist. Das Vertrauen der Bürger in die Polizei ist dadurch gesunken. Vorfälle wie die Silvesternacht in Köln haben das massiv verschärft. Der Bürger zweifelt, ob die Behörden in der Lage sind, die öffentliche Ordnung aufrecht zu halten.

Das polizeiliche Problem ist auch nicht mal eben so zu beheben, da die geforderten neuen Beamten ausgebildet werden müssen. Dauert schon mal drei Jahre. Somit gehen dem Politiker aktuell die Argumente aus, um dem Bürger effektiv belegen zu können, dass er die Situation kurzfristig in den Griff bekommt. Wie auch?

Und plötzlich kommt die Bundeswehr ins Spiel, was völlig idiotisch ist. Polizeiliche Aufgaben durch Soldaten ausführen zu lassen, wäre ein fatales Zeichen, zudem ein Beleg dafür, dass die Polizei die Lage eben nicht alleine bewältigen kann. Also führt man u.a. Scheingefechte, um den Menschen das Gefühl zu geben, dass die Polizei die Lage im Griff hat. Die Rocker kommen den Staatsdienern dabei wie gerufen, denn ohne Lobby in der Gesellschaft und den Medien kann man sich gegen die pauschale Diskriminierung kaum zur Wehr setzen und das polizeiliche Handeln wird nicht hinterfragt.

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Die Überleitung!

Das Agieren einiger Gruppierungen aus dem Bereich Streetgangs oder Boxclubs kommt den Protagonisten in diesem Punkt äußerst gelegen. Es gibt dem Staat die willkommende Möglichkeit, nicht nur MC’s zur Durchsetzung polizeilicher und strategischer Ziele zu instrumentalisieren, sondern das Spektrum um genau diese Gruppierungen zu erweitern. Das trifft genau den Nerv des Bürgers, der nun real feststellen musste, dass ein friedliches Miteinander in unserer Republik zukünftig weitaus schwieriger zu gestalten ist, da immer mehr Menschen aufgrund von psychsicher Vorbelastung oder religiösem Fanatismus zur Gewalt neigen, sich selber radikalisieren.

Doch eine gesamte Subkultur pauschal und undifferenziert zu verunglimpfen, sie insbeondere in diesen schwierigen Zeiten ohne wirklich fundierte Fakten zu kriminalisieren, ist reiner Populismus und steht zudem keinesfalls im Einklang mit der Realität, da, und das weiß auch der Staat, tatsächlich nur ein sehr geringer Anteil der Rocker als verstärkt strafauffällig zu bewerten ist. Leider wird diese Minderheit aber medial so dominant verkauft, dass man es dem Bürger gar nicht mehr verübeln kann, wenn er aufrund der permanenten Message des bösen Rockers irgendwann die Pille einfach schluckt. Doch werden hier Äpfel und Birnen in einen Korb geworfen.

Faktisch!

Streetgangs und Boxclubs sind keine Motorrad-Clubs. Das einzige was diese Gruppierungen mit Rocker-Clubs gemeinsam haben, ist die Kutte als einheitliches und verbindendes Element im Bekenntnis gemeinsamer Ziele und in der Außendarstellung. Sie bezeichnen sich selber auch nicht als Rocker. Es gibt klare Unterschiedsmerkmale, die auch den Behörden durchaus bekannt sind und bereits der eigenen polizeilichen Definition des Rockers wiedersprechen. Im öffentlichen Diskurs werden diese Aspekte wohlweißlich nicht erfasst. Das Zauberwort heißt „Rockerähnliche Gruppierungen“.

Definition des BKA dazu!

„Eine rockerähnliche Gruppierung ist eine Vereinigung von mehreren Personen mit gemeinsamen verbindenden Symbolen, Zeichen oder Namen, die durch ihr öffentliches Auftreten eine Atmosphäre der Gewalt und Einschüchterung schafft. Diese Gruppierungen zeichnen sich durch hierarchischen Aufbau, enge persönliche Bindung, geringe Bereitschaft zur Kooperation mit der Polizei sowie selbst geschaffene Regeln und Satzungen aus. Ihre Betätigungsfelder gleichen in weiten Teilen denen
der Rockergruppierungen.“ ( Ende Auszug BKA-Homepage )

Fakten!

Laut BKA-Lagebericht gab es in 2014 durch Mitglieder von MC’s insgesamt 10 Verfahren aufgrund von Gewaltdelikten, davon insgesamt vier gegen das Leben. Mit insgesamt 48 sogenannten OK-Verfahren aller Deliktsformen gegen die Mitglieder von MC’s sind es konkret 8,4% aller OK-Verfahren. Bedeutet, knapp 20% der Verfahren im Bereich MC’s betreffen Gewaltdelikte. Wohlgemerkt Verfahren, das BKA spricht nicht von Urteilen.
( Quelle BKA-Lagebericht 2014, Link: www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/JahresberichteUndLagebilder/OrganisierteKriminalitaet/organisierteKriminalitaetBundeslagebild2014.html )

Schlussfolgerung!

Vorweg! Aufgrund der bisherigen Vorfälle in diesem Jahr ( Leipzig, Frankfurt am Main, Heidenheim, Hamburg, usw ) wird das Lagebild 2016 sicherlich in diesem Jahr eine Erhöhung aufweisen. Das steht bereits fest. Nichtsdestotrotz stelle ich mir die Frage, wie es angehen kann, dass Rocker dauerhaft als medialer Vorrreiter im Bereich OK herhalten müssen, obwohl ihr Anteil in dem BKA-Lagebild 2014 in einem völligen Widerspruch zu den medialen Ausführungen steht. Ergo gibt es andere Gruppierungen, die den Schwerpunkt der Statistik bilden, aber keinesfalls so an den Pranger gestellt werden wie Rocker. Nun, diese Gruppen tragen keine Kutte, aber ändert das etwas an den Fakten?

Der Effekt!

Mit den Rockerähnlichen Gruppierungen hat man das Netz breiter gespannt, die Möglichkeit geschaffen, alle in einen Topf zu werfen. Erneut keinerlei Differenzierung und Aufklärung. Und es funktioniert. Der Bürger hat keine Szene-Kenntnisse, er nimmt nur die Kutte wahr. Diese assoziiert er mit dem Begriff Rocker, und schon greift ein Rad in das andere. Wenn man dir permanent erzählt, wie scheiße du bist, dann glaubst du das irgendwann selber. So läuft das Spiel nun einmal. Wie soll der Bürger also in einem permanent negativen Umfeld selber auf die Idee kommen, dieses Vorgehen zu hinterfragen. Motto: „Der Staat wird schon recht haben. Umsonst ist die Polizei ja nicht da!“

Wenn ihr diese Grafik seht, geht es um staatliche Inhalte, Presse-News, oder Szene-Inhalte und deren Auswirkungen!

Wenn ihr diese Grafik seht, geht es um staatliche Inhalte, Presse-News, oder Szene-Inhalte und deren Auswirkungen!

Und was macht die Szene?

Leute, das wird sich nicht ändern. Die Diskussionen innerhalb der Szene sind in keinster Weise dazu geeignet, die öffentliche Wahrnehmung zu beeinflussen. Zu wenige Teilnehmer, keine Lobby, ergo kein mediales Gehör. Also, entweder finden wir uns damit ab oder wir schaffen selber unumstößliche Fakten, die es dem Staat nicht mehr so leicht machen, Rocker wie eine Figur auf dem Schachbrett zu bewegen. Unser Problem? Wir haben zwar eine gemeinsame Szene, aber unter dem Strich agiert jeder so, wie er es für richtig erachtet. Mal dominant, mal passiv, aber immer im Interesse des eigenen Clubs. Über gemeinsame Interessen schweigt man sich aus. Abgrenzung statt Annäherung.

Wer kennt denn heute noch die alten Rules der Szene? Gebietsansprüche werden ausschließlich mit Verteilungskämpfen innerhalb des kriminellen Mileus in Verbindung gebracht, den historischen Ursprung kennen anscheinend nur noch die alten Recken, die in den 70ern und 80ern darauf geachtet haben, dass keine Spinner einen MC gründen, um am Wochenende mal ein klein wenig auf Rocker machen zu können, danach aber wieder in der gesellschaftlichen Mitte untertauchen, um ja nicht das eigene Image zu belasten. Damals waren sich alle einig, dass es so zu laufen hat, heute machste einen Eintrag in der Bikers News und schon biste dabei. Echte Vetos gibt es ja kaum noch.

Ich hatte mal vor geraumer Zeit ein Thema angestoßen, für das ich sicherlich von etlichen Rockern eher belächelt wurde. Eine Rocker-Karta, in der auf Basis der gesamten historischen Entwicklung der Subkultur Rocker die wesentlichen Rules festgelegt werden, damit jeder weiß, woran er ist, wenn er sich in dieser Szene bewegt oder bewegen will. Ich werfe den Ball erneut auf das Feld. Ich rede auch nicht von einem umfangreichen Katalog. Ein Beispiel: Wer keinen Bock hat, kann keine Ansage machen. Ich meine, worüber reden wir. Ich will Mitglied in einem MC werden, dann muss ich doch wohl als Grundvoraussetzung eine Karre am Start haben.

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In der Realtität wird der Mann aber auch ohne Moped aufgenommen, wird Hangeround, und darf erst einmal mitspielen, damit man sich kennen lernt. Er ist ja ein guter Mann. Probe dann nur mit Bike. Hier beißt sich doch die Maus bereits in den Schwanz. Wer in einem MC mitmachen will, der bringt die Karre mit. Punkt. Wäre das wirklich eine Voraussetzung, wo einige Clubs sagen, das können wir nicht mittragen? Ich hoffe nicht.

Nun wird aber gerade den großen Clubs immer wieder vorgehalten, dass sie es sind, die wahllos rekrutieren und das gemeinsame Motorradfahren keine ernsthafte Rolle mehr spielt. Ist das wirlich so? Kann man das flächendeckend so festhalten? Ich habe keine Antwort. Ich kenne aber etliche alte und renomierte MC’s, wo der Member ganz schnell Prospect wird, wenn er zum Stichtag ohne trifftigen Grund seine Karre nicht am Start hat. Genau diese Apsekte müssen doch zunächst einmal in der Eigenwahrnehmung der Szene selber wieder in den Vordergrund gestellt werden.

Wie viele andere auch suche ich nach Lösungen ohne echte Antworten liefern zu können. Aber, irgendwas muss sich ändern. Denn letztlich hat die Entwicklung in den letzten zehn Jahren nicht dazu geführt, dass sich die Situation verbessert hat und wir unsern Lifestyle mit demselben Spaß, derselben Inbrunst leben können, wie früher. Das sind schleichende Prozesse, die einem irgendwan die Szene verleiden. Das geht in die Birne.

Vielleicht habt ihr gemerkt, das ich innerhalb des Beitrages völlig vom BDK weg bin, um mich meinem eigentlichen Anliegen zu widmen. Das war kein Zufall. Wer sich sauwohl fühlt, dem kann das alles egal sein, nur muss er dann auch damit leben, wenn ihn diese Prozese genauso erfassen, wie denjenigen, der das mit zu verantworten hat. Persönliche Meinung!

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.