Vereinsgesetz: Wer ist eigentlich Oswin Veith?

Es geht auf die erneute Auflage von Freedom is our Religion zu. Da ich das Gefühl habe, dass in diesem Jahr viele neue Leute an der Demo teilnehmen werden, stelle ich immer mal wieder online, was mich seinerzeit beschäftigt hat. Es stelt wie immer meine ganz persönliche Meinung dar. Der nachfolgende Bericht stammt vom 12. Oktober 2017.

Der Bericht!

Im Zuge der Debatte um das Gesetz zur Verschärfung des Vereinsrechtes tat sich ein Mann mit einem vielsagenden Ausspruch besonders hervor: Oswin Veith. Der Oberst i.R. ist Mitglied der CDU, Verwaltungsjurist und seit September 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages. Weiterhin bekleidet er seit August 2016 das Amt des Präsidenten des Verbands der Reservisten der Deutschen Bundeswehr. Von ihm stammt der Satz: „Wir schaffen damit keine Lex Rocker oder Lex Speciales Rocker. (…..) Die Kutten sind ihr Heiligtum – und da wollen wir ran“

Nun, das was letztlich mit der Verschärfung des Vereinsrechtes und dem damit verbundenen Insignienverbot für die uns bekannten Clubs bewirkt wurde, ist m. E. nichts anderes als eine Lex Rocker. denn eines der Kernelemente einer Lex Generales ist der Umstand, dass alle gleich behandelt werden. Nun, das hat man mit dem Insignienverbot definitiv getan.

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Das Problem besteht nur darin, dass es gegen die Verfassung verstößt und damit dieser Gesetzesverschärfung jegliche Legimitation nimmt, was allerdings erst in Karlsruhe abschließend festgestellt werden kann, wenn die eingereichte Klage zugelassen und von den dortigen Richtern verhandelt wird. Es spielt meiner Einschätzung nach nämlich überhaupt keine Rolle, ob dieses Gesetz alle Clubs betrifft oder nur die Member eines bestimmten MC.

Wenn Mitglieder eines Clubs, die nachweislich in hoher Anzahl nie straffällig geworden sind, jedoch mit der Maßnahme genauso erreicht werden, wie diejenigen, die straffällig wurden, dann sprechen wir von Sippenhaft, die ja wohl im Selbstverständnis eines jeden frei denkenden Bürgers als Lex Generales verstanden werden muss, wenigstens in Bezug auf den betroffenen Club.

Und da zudem die gesamte Debatte ausschließlich im Kontext mit der Rocker-Szene geführt wurde, muss ich dem Staat unterstellen, dass er in seinen Absichten durchaus die gesamte Szene treffen will. im Strafrecht ist eine Maßnahme gegen Personen ohne jede bewiesene Individualschuld keinesfalls zulässig, denn dort gilt die Unschuldsvermutung, undzwar solange, bis ein Gericht die Schuld rechtskräftig in letzter Instanz festgestellt hat. Bei diesem Gesetz werden jedoch alle über einen Kamm gescherrt. Insofern sind es m. E. rein taktische Motive, von denen die Politik geleitet wird. Es geht ausschließlich um die Symbolik in die Öffentlichkeit hinen.

Die Verschärfung des §9(3) VereinG wurde ausschließlich auf Basis der Rocker-Szene diskutiert. Für mich klar eine Lex Rocker!

Beispiel gefällig?

Blicken wir einmal über den Tellerrand hinaus. Angenommen, der IM eines Bundeslandes erteilt wegen dem individuellen strafbaren Verhalten einiger Member eines Chapters eines derzeit nicht betroffenen und noch nie in den Medien präsenten MC ein Vereins- und Kennzeichenverbot in dem jeweiligen Bundesland, dann greift sofort der § 9(3) und das Kennzeichenverbot gilt auf Basis des Vereinsrechts für sämtliche Mitglieder in der Republik, egal auf welch wackeligen Beinen diese Verfügung auch stehen mag. Es besteht dadurch eine klare Kausalität zwischen Entscheidungen auf Landesebene und dieser Verschärfung des Vereinsrechts als Bundesgesetz. Vielleicht ist das vielen noch nicht so richtig klar geworden, weil auch in der Szene dominant auf der Ebene der betroffenen Clubs diskutiert wird.

Ich bin davon überzeugt, dass dieses Gesetz der Anfang einer Reihe von Entscheidungen ist, die nicht nur die Rocker, sondern auch andere Randgruppen noch stärker reglementieren will. Denn angenommen, das obige Beispiel findet statt und der MC schließt das betroffene Chapter, dann müsste doch an sich das Insignienverbot wieder aufgehoben werden. Nüschte ist, die Nummer steht. Es geht also eher darum ein Netzwerk zu spinnen, das es dem Rocker nahezu unmöglich macht, sich frei und frei denkend zu bewegen. Die Szene blutet aus, so der Plan.

Screenshot Deutscher Bundestag: So ist die Videodokumentation der Anhörung visuell dargestellt. Den Schlagring hat man noch oben drauf gebastelt. Sehr sachlich!

Dabei hat der Staat alle Instrumente zur Hand, um die individuelle Vorwerfbarkeit zu beweisen. Da wären das StGB, die StPO, die Staatsanwaltschaften sowie die Polizei. Allerdings sind diese Instrumente sehr kostenintensiv. Die Gewerkschaften der Polizeien fordern beinahe schon krampfartig, dass mindestens 20.000 neue Planstellen geschaffen werden. Es kann sich jeder ausrechnen, was das kosten würde. Zwar hat man dem Anliegen teilweise Rechnung getragen, doch in Punkto Rockerkriminalität bewirken 3.000 neue Bundesbeamte überhaupt nichts, weil sie gar nicht in einem solchen Bezug eingesetzt werden. Die Verschärfung jedoch gibt es für lau und belastet den Bundeshaushalt nicht.

Wie der Herr Veith aber richtig feststellte, sind den Rockern die Kutten heilig. Das Insignienverbot trifft den Member in seinem Ego, das ist Fakt. Aber glaubt denn die Politik wirklich, dass ein Straftäter, gar ein notorischer,  deshalb keine Straftaten mehr verübt, weil er kein Rückenpatch tragen darf. Bullshit! Es ändern sich evtl. Strukturen, man passt sich den Umständen an, aber ein effektives Mehr an Sicherheit entsteht so ganz und gar nicht. Und wenn ein Gesetz keinen efektiven Nutzen hat, dann bringt es auch nichts, wenn man den Rockern die Kutten wegnimmt. Reines Scheingefecht!

Da fällt mir direkt der Satz von Susanne Mittag (SPD) aus der ersten Lesung im Bundestag ein, der da sinngemäß lautete: „Sie werden nicht aufhören Straftaten zu begehen, aber wenigstens tun sie das dann nicht in Kutte, sondern in normaler Kleidung. Das wissen wir auch.“ Welch eine geniale und sinngebende Aussage! (Ironie off!).

Ich hoffe sehr, dass die Richter in Karlsruhe das auch gehört haben. Denn sie sind die einzigen, die jetzt noch Einfluss darauf nehmen können, dass diese Verschärfung außer Kraft gesetzt wird. Drücken wir daher weiter dei Daumen!

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.