Anti-Rocker-Strategie: Gewagte These?

Gedanken zum Thema Klubhaus!

Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass die Behörden im Rahmen ihrer „Strategie der kleinen Nadelstiche“ die Taktik teilweise geändert haben. Während man früher eher darauf setzte alle amtlichen Register zu ziehen, um die Ansiedlung eines Clubhauses vom Start weg zu unterbinden, das Motto: „Weg mich Euch!“, scheint es nun immer häufiger vorzukommen, dass man die Rocker erst einmal gewähren lässt, im Hintergrund jedoch permanent die Stellschrauben dreht, um dann im richtigen Moment den Cut zu setzen. Und das betrifft mittlerweile keinesfalls nur die Chapter/Charter von Onepercentern, wie ein aktueller Fall aus dem Norden belegt.

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Natürlich ist dieses eine reine Hypothese, doch es gibt m. E. etliche Faktoren, die meine Annahme untermauern. Schauen wir uns die Lage daher mal konkreter an:

Das Strategiepapier Rocker weist eindeutig aus, dass mit allen Mitteln versucht werden soll, die Ansiedlung neuer Clubhäuser zu unterbinden. Da gegen die Mehrzahl der Rocker eine persönliche Handhabe aufgrund tatsächlicher Verurteilungen im Strafrecht nicht möglich ist, setz man zum Beispiel konsequent auf das Baurecht. Es ist kaum möglich in der Republik ein Objekt für seine Vereinszwecke zu nutzen, ohne einen Nutzungsänderungsantrag zu stellen. Dieser muss nach gültigem Baurecht jedoch vor der geplanten Baumaßnahme erfolgen.

Untersützung erhalten die Behörden zusätzlich durch das Mietrecht. Denn auch hier ist die Zweckbestimmung in den meisten Fällen klar, in der Regel auf eine private Nutzung ausgerichtet. Der Vereinszweck ist zwar oftmals dem Vermieter/Verpächter bekannt, aber eben nicht im Miet- oder Pachtvertrag erfasst. Damit stecken die Clubs in einem Dilemma. Entweder wissen sie um die ablehnende Haltung der Behörden, handeln von daher notgedrungen nach dem Motto. „Wo kein Kläger, ist kein Richter!“, oder sie steigen völlig ahnungslos in das Thema ein. Und wenn der Vereinszweck doch klar definiert ist, bleibt ja noch das Baurecht.

Nun soll hier mal keiner glauben, das wäre nur bei den Motorrad-Clubs der Fall. Mitnichten! Im gewerblichen und privaten Bereich wird permanent gegen das Baurecht gehandelt. Dieses ist nämlich so komplex, dass es an sich gar nicht möglich ist, nicht gegen irgendeine Bestimmung zu verstoßen. Alleine die Unterschiedsmerkmale zwischen Renovierung und Sanierung können einem die Haare zu Berge stehen lassen. In der Regel sucht man aber immer seitens der Behörde den machbaren Kompromiss, insbesondere im gewerblichen Bereich, von dem der Staat ja monitär am meisten profitiert. Da werden einem auch schon mal Tipps gegeben, wie das Projekt erfolgreich umgesetzt werden kann. Bei den MC’s läuft das jedoch anders!

Wer nun den offiziellen Weg beschreitet, holt sich naturgemäß einen rechtlichen Beistand an die Seite, der das Antragsverfahren juristisch begleitet. Alles andere ist sofort zum Scheitern verurteilt. Man steigt in das Verfahren also ein, der Papierwahnsinn beginnt. Einwände, Widersprüche, das volle Programm, verschlingen unzählige Stunden, permanente Rechnungen des Anwalts führen zu hohen privaten Belastungen der Member. Diese bluten förmlich aus. Parrallel die hohe Belastung der Arbeitsdienste neben dem Job, um das Klubhaus vorzeigbar zu machen. Da kommen locker etliche hundert Stunden zusammen, die jeder einzelne Mann ableistet. Die Bude wird immer schicker, langsam diskutiert man über eine Neueröffnung. Die Nummer spricht sich herum.

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Und dann kommt es. Die Behörde ruft mal ganz locker beim Vermieter/Verpächter an, macht Druck, oder sie begegnet dem Club mit der vollen Palette an Maßnahmen. Aus Sicht des Staates gedeckelt durch das Baurecht anscheinend ok, aber wieso erst zu einem so späten Zeitpunkt. Machen wir uns mal nichts vor; ihr könnt gar nicht so schnell denken, wie der Staat Kenntnis von eurem Vorhaben erhält. In jeder Stadt wird zudem geqautscht. Und irgendein Nachbar passt der Club ohnehin nicht, dann sorgt er eben dafür, dass die Mühlenräder in Gang kommen.

Doch statt direkt seine Waffen ins Feld zu führen, zum Beispiel ein behördliches Schreiben zur Vorbeugung/Anhörung auf den Weg zu bringen, wartet man ab, lässt die Männer machen, um sie dann in der Vorfreude auf die baldige Eröffnung emotional voll zu erwischen. Die beobachten nämlich ganz genau die Baufortschritte.

Wer in die jüngste Vergangenheit schaut, findet etliche Beispiele, wo es so gelaufen ist. Und wenn die Bude halt schon länger aktiv betrieben wird, dann gibt es bei Veranstaltungen ja noch den Bereich Auflagen. Aber nicht alles ist Schikane. Wer ein Partyzelt mit über 75 m2 aufstellt, braucht eben das Zeltbuch, welches die Statik erfasst. Das gilt für andere Veranstalter auch. Machen wir uns nicht vor, die Zeiten in denen es nur die „Großen“ berifft, sind vorbei. Die Stigmatisierung von Rockern ist in vollem Gange. Da braucht sich denn auch keiner mehr wundern, warum plötzlich auch kleinere Clubs kalt erwischt werden. Die begegnen einem dann jedoch immer noch mit dem Einwand, dass man ja kein Onepercenter-Club sei, die Maßnahme so gar nicht verstehen könne. Ach was!

Wenn ihr diese Grafik seht, geht es um staatliche Maßnahmen oder Szene Rules und deren Auswirkungen!

Wenn ihr diese Grafik seht, geht es um staatliche Maßnahmen oder Szene Rules und deren Auswirkungen!

Ich habe meine Meinung diesbezüglich vor Jahren geändert, bin heute davon überzeugt, dass es jeden zu jeder Zeit treffen kann. Aber ich habe ein großes Problem: Ich finde keine Lösung! Was soll ich euch raten? Eine Bauvoranfrage zu stellen, bevor der Mietvertrag geschlossen wird? Kann man versuchen. Die größeren Städte zu meiden, es besser auf dem Land zu versuchen? Wenn da noch Raum für ein neues Klubhaus ist.

Man kann es drehen und wenden wie man will, Patentrezepte gibt es nicht. Es wird defacto mit zweierlei Maß gemessen. Schaltet daher das Hirn ein und seid nicht so naiv, dass es euch nicht reffen wird, weil ihr ja alle so anständige Biker seid. Ihr tragt ein Kutte, schon vergessen? Damit seid ihr zum Feindbild mutiert. Es interessiert den Staat nicht, ob ihr korrekt durch das Leben marschiert, er will diese Szene nicht. Die Gesellschaft braucht uns nicht!

Wenn ihr also vorhabt, was Neues an den Start zubringen, geht mal grundsätzlich davon aus, dass die Behörde die Messlatte ganz oben ansetzt, und seid euch darüber im Klaren, dass es in fast allen Fällen kaum möglich ist, derartige Vorgaben zu erfüllen. Und wenn doch, was ich euch wünsche, dann wundert euch nicht, wenn die ein neues Rezept aus dem Zylinder holen.

Wegen dieser und anderer Umstände lautet mein Themenvorschlag für den Rocker-Talk 2: „Die Folgen der Stigmatisierung der Rocker-Szene“.

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.