Biker vs. Motorradfahrer! Bagatelle oder mehr?

Vor einigen Monaten entdeckte ich in der bma eine Anzeige. Die Firma Reinken GmbH aus Weyhe inserierte dort einen Aufkleber mit dem Slogan „Ich bin kein Biker – Ich fahre Motorrad!“. Ganz ehrlich, mir schwoll sowas von der Kamm, ich hätte platzen können. Denn ich fühlte mich unmittelbar diskriminiert. Was für den einen eine Bagatelle sein mag, stellt für mich zunächst die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Anzeige dar. Was will uns der Anbieter damit sagen? Wer kauft solche Aufkleber und heftet sich diesen an das Revers? Darüberhinaus entsteht der konkrete Eindruck, dass sich bestimmte motorradfahrende Personen, von den bekennenden Bikern distanzieren wollen. Und warum? Ist der Begriff Biker mittlerweile so negativ besetzt, dass bestimmte Teile der Szene sich dazu veranlasst sehen, sich abzugrenzen? Und wenn dem so ist, wie ist es dann um die bekennenden Rocker bestellt, wobei in diesem Zusammenhang keinesfalls nur die 1%er gemeint sind.

Wir wollten mehr darüber wissen und kontaktierten das Unternehmen. Die Anzeige wies weder eine Telefonnummer noch eine Homepage-Kennung auf. In der heutigen Zeit schon einmal recht merkwürdig. Aber ok, die Recherche im Netz ergab den gewünschten Kontakt unter der angegebenen Anschrift und wir riefen direkt an. Wir stellten uns als bikesmusicandmore.com  konkret vor und auf die Frage nach dem Inhaber, teilte uns eine freundliche Dame am anderen Ende der Leitung mit, dass wir diesen unter einer Oldenburger Festnetznummer erreichen würden. Als Ansprechpartner wurde Marcus Lacroix benannt. Aha! Marcus Lacroix ist der ehemalige Herausgeber der bma und hat im Oktober 2013 das Kradblatt übernommen, und zwar von Berthold Reinken. Wie bekannt, wurde die bma eingestellt.

Bagatelle oder nicht?

Bagatelle oder nicht?

Marcus Lacroix erklärte uns gegenüber am Telefon, dass er mit dem Verkauf der Aufkleber nichts zu tun habe. Das Kradblatt diene lediglich als Plattform zur Inseration. Initiator sei eben genau dieser Herr Reinken aus Weyhe und ein Kontaktversuch mit ihm sei wenig erfolgsversprechend. Die Dame am Telefon in Weyhe sei aber seine Mitarbeiterin und für das Kradblatt tätig.

Wie jetzt? Er hat nichts damit zu tun, aber Anfragen bzgl. der Aufkleber gehen bei einer Mitarbeiterin des Kradblattes ein? Das verstehe ich nicht. Markus hat sich in den letzen Jahren um die Motorrad-Szene sehr verdient gemacht, hat auch regelmäßig, wofür wir sehr dankbar sind, über Bikes,Music & More Vol.1 bis Vol.4 berichtet und das Kradblatt definiert sich immer wieder neben den technischen Schwerpunkten mit typischen Biker-Themen, so wie in der aktuellen Ausgabe vom Kradblatt mit einem Report zum Thema Schikane der Behörden oder der Veröffentlichung unseres Artikels Die Presse im Fokus

Diese Aussage von Markus hat das Thema jedoch auf eine andere Ebene getragen. Denn er ist der Herausgeber eines Motorrad-Magazines, welches garantiert auch von bekennenden Bikern gelesen wird. Auf Nachfrage verdeutlichte Markus, dass er persönlich nicht hinter der Botschaft des Auflebers stehe, die Anzeige jedoch keineswegs gegen die guten Sitten oder das Gesetz verstoße und er dem Inserenten die Anzeigeninhalte nicht vorschreiben kann. Vollkommen richtig! Das tue ich auch nicht.

Doch wieso bietet er dem Inserenten B. Reinken mit dem Kontakt in Weyhe dann konkret eine Plattform, die ihn, wie unser Report ja verdeutlicht, automatisch in direkte Nähe zu dieser Botschaft bringt und damit einen klaren Widerspruch zu seinen eigenen Inhalten und der Philosophie des Kradblattes darstellt. Eine klare Trennung wäre für beide Seiten doch weitaus sinnvoller. Selbst die Übernahme des Kradblattes erklärt diesen Umstand nicht. Soll der Herr Reinken doch bitte eine private oder eine anderweitige Geschäftadresse für den Verkauf und seine Anzeigen angeben. Nichts leichter als das. So entsteht aber reichlich Geschmäckle. Gibt es gar eine gemeinsame geschäftliche Ebene? Sorry, diese Fragen tauchen auf!

Top-Anzeige

Für mich ist dieser Aufkleber keinesfalls eine Bagatelle, sondern der Ausdruck direkter Auswirkungen der konsquent negativen medialen Berichterstattung in der Haus- und Hofpresse, die, und das wollen wir bitte sofort festhalten, nur einen sehr geringen Teil der gesamten Szene betrifft. Es kann einfach nicht sein, dass die Szene selber sich den Garaus macht, zumal durch derartige Aufkleber Tausende von Bikern in eine negativ besetzte Ecke geschoben werden und sie sich nicht einmal dagegen wehren können. Für uns zählt der Individualgrundsatz. Egal ob 1%er, 3teiler oder Freebiker. Es zählt nur der Mann und das was er sagt, im Verhätlnis zu dem was er tut. Wir haben keine Vorbehalte! Dieser Aufkleber stigmatisiert. Und das Schlimmste: er hat nicht einmal eine klare und eindeutige Botschaft, so dass er nur von den Kunden gekauft wird, die 100% hinter dieser Message stehen. Ich werte diese Nummer reinweg als einen Versuch, die gesellschaftliche Ausgrenzung von Bikern in bare Münze umzuschlagen.

Marcus sollte dafür sorgen, dass der Anbieter sich nicht hinter seinem Kontakt verschanzt, sondern eindeutig Farbe bekennt. Wir haben Herrn Reinken postalisch angeschrieben und keine Reaktion erhalten. Eine telefonsiche Kontaktaufnahme war nicht möglich. Sollte er diesen Artikel lesen, so lade ich ihn herzlich gerne in unser Büro in Ganderkesee zu einer öffentlichen Podiumsdiskussion über die gesellschaftliche Stellung der Biker ein. Dort kann er unmissverständlich seine Message erklären und ggf. Irritationen entgegen wirken. Als ehemaliger Herausgeber sicherlich keine große Hürde. Wenn dies ihre Message ist, dann sagen sie es den Bikern ins Gesicht oder deklarieren ihre Anzeige wenigstens eindeutig.

Meine Kollegin befürchtet durch diesen Artikel einen Imageschaden für bikesmusicandmore.com. Potentielle Inserenten könnten sich auf den Schlips getreten fühlen, wenn sie insgeheim die Botschaft des Aufklebers teilen.

Das mag sein. Nur erstens bin ich fest davon überzeugt, dass es unendlich viele bekennde Biker auch im Business gibt und zweitens bin ich Rocker und dazu stehe ich!

Nachtrag am 20.11.2013: Mittlerweile hat uns Herr Reinken schriftlich mitgeteilt, dass der Aufkleber die Abgrenzung zum Fahrradfahrer symbolisiert. Im Zusammenhang mit der Veröffentlichung in einem Magazin für Motorradfahrer aller Art kaum vorstellbar, dass diese Assoziation von jedem Leser auch so empfunden wird. Die aktuelle Diskussion beweißt das Gegenteil!

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.