Biz: Bitte keine Rocker!

….der Stigmatisierung weiter auf der Spur!

Meine Tätigkeit bedingt es, dass ich mich regelmäßig der Aquise neuer Kontakte widme. So komme ich an das Futter, mit dem das Magazin inhaltlich befüllt wird, so erschließen sich mir neue Geschäftsverbindungen. Dieser Job ist elementar! Dabei erlebe ich es gar nicht so selten, dass bestimmte Leute aus dem Biker-Business zwar die Kohle der Kunden aus der Szene nur allzu gerne entgegen nehmen, aber keinesfalls mit dem Thema Rocker oder Biker in irgendeiner öffentlichen Verbindung benannt werden möchten.

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In den 70ern und 80ern hat sich niemand an der Bezeichnung Rocker gestört. Es gab sie, doch für das gesellschaftliche Zusammenleben spielte es keinerlei Rolle. Die Männer ließen am Wochenende die Sau raus, hauten sich regelmäßig auf den Biker-Treffen nicht zu knapp auf den Kopf, benahmen sich teilweise wie die letzten Penner. Jedoch bekam das keiner mit. Es war quasi ein abgeschotteter Kosmos, in dem die eigenen Regeln das Zusammenleben in der Rocker-Gemeinschaft bestimmten. Den Bürger und das Business interessierte das nicht die Bohne.

Irgendwann änderte sich jedoch die öffentliche Wahrnehmung, da die negativen Meldungen der Presse vehement zunahmen und somit Wechselwirkungen entstanden. Man hatte die Rocker als treibende Quelle auflagenträchtiger Headlines entdeckt, denn die weltweite Globalisierung führte zu einem erhöhten Schutzbedürfnis der Bevölkerung, welches durch Aktionismus gegen Rocker befriedigt werden sollte. Das Ergebnis? Der Begriff Rocker war zunehmend kritisch belegt. Da diese keine Lobby besitzen, konnte man ohne Rücksicht auf Verluste die verbale Keule schwingen. Die Rennleitung nahm das Geschenk nur allzu gerne mit an. Das Netz verstärkte dieses erheblich!

Die ersten Protagonisten suchten nach einer Lösung für das Problem und entdeckten für sich die Bezeichnung Biker. Die Message war klar: Rocker = negativ belegt, Biker = neutral belegt. Das führte sogar dazu, dass der Checkpoint der Rocker unter dem Titel Biker News läuft. Das Unheil nahm seinen lauf, denn diese Begrifflichkeiten führten zwangsläufig zu einer Aufspaltung der gesamten Motorrad-Szene, undzwar weltweit. Mittlerweile ist der Begriff Biker fast genauso negativ belegt, wie der des Rockers. Bleibt aber ja noch der Motorradfahrer als Hängematte.

Und heute?

Es ist so weit gekommen, dass Unternehmen mir in den Gesprächen mitteilen, dass sie keinerlei Interesse an Kunden aus der Rocker- und Biker-Szene haben. Die bringen kein Geld, schlechtes Image. Einerseits unter dem Aspekt PR nachvollziehbar, da jeder Betrieb auf ein positives Image setzt, anderseits derart heuchlerisch, da es nichts weiter als eine verbale Differenzierung ist, die spätestens an der Kasse ihre Gültigkeit verliert. Sie hat absolut keine Substanz! Denn die Kohle nehmen sie alle und Maßnahmen zu Verhinderung von Geschäftsbeziehungen mit Rockern werden natürlich pro aktiv auch nicht getroffen, denn dann müsste man sich ja auch mit diesem Klientel auseinander setzen. Zudem wären einige Euronen weniger in der Kasse.

Das alles wird sich in den nächsten Jahren verstärken. Die Gedanken mancher Politiker lassen das eindeutig erahnen und die Maßnahmen in anderen Kontinenten erreichen auch irgedwann unsere Republik. Alleine der Umstand, dass der Kontakt zu Rockern bereits heute geächtet werden soll, man blicke aktuell auf die Niederlande, dass es überhaupt Bannmeilen gibt, dass Berufsverbote diskutiert und sogar ausgesprochen werden, dass alles wird zu einer verschärften gesellschaftlichen Ausgrenzung führen, die heute bereits in vollem Gange ist. Daran ist die Rocker-Szene in Teilen nicht so ganz unschuldig, doch wieso formuliert der Staat aus dem individuellen strafbaren Handeln einzelner Rocker Konzepte gegen die gesamte Kultur?

Die Betriebe nehmen das selbstverständlich wahr, sie werden über das Unterbewusstsein derart gepolt, dass es immer seltener dazu kommt, dass Veranstaltungen von Rockern überhaupt noch Unterstützung finden, völlig egal, wie gut das Konzept und die Verlässlichkeit des Veranstalters auch sein mag. Man setzt sich mit den Inhalten gar nicht mehr auseinander, es wird nur noch das rein hypothetische Moment der potentiellen negativen Wahrnehmung gesehen.

Der Staat wirkt da kräftig mit. Es werden Auflagen ausgegeben, die kaum noch zu erfüllen sind. In manchen Fällen werden Arbeitgeber von der Polizei sogar angerufen, die Beziehungen von Mitarbeitern zu MC’s thematisiert, was bereits zu Entlassungen führte. Ob der Mann 20 Jahre lang einen astreinen Job erledigt hat, spielt dann keine Rolle mehr. Das ist nichts weiter als Stigmatisierung in Reinkultur, da die Individualität der Person gar keine Rolle mehr spielt.

Klare Bekenntsisse sind selten. Logen ist das PR für uns, aber da steht einer zur Szene!

Klare Bekenntsisse sind selten. Logen ist das PR für uns, aber da steht einer zur Szene!

Wo führt das hin?

Man stelle sich einmal vor, Harley Davidson würde keine Bikes mehr an Rocker verkaufen oder die Rocker selbst ignorieren den Mythos aus Milhauwkee. Denen würde so sehr der Arsch auf Grundeis gehen, ich prophezeie, nach spätestens zwei Jahren wäre der Laden insolvent. Die Umsätze mit den Hoggis können das keinesfalls auffangen, denn etliche Harley-Fahrer sind zwar keine Rocker, liebäugeln aber nur allzu gerne mit dem Rocker-Image, dass sie sich mit dem Kauf der Harley selbst verpassen. Dieses Image wäre ohne echte Rocker im Arsch. Und kaum schreibe ich diesen Artikel, kommt Willie G. Davidson, ehemaliger Senior Vice President & Chief Styling Officer und Enkelsohn von Gründer William A. Davidson, um die Ecke, und gibt ein Bekenntnis zu den Hells Angels ud anderen Rockern ab. Wurde aber auch Zeit.

Ok, soweit wird es auch ohne dieses Bekenntnis nicht kommen, dafür ist die Marke Harley Davidson zu stark mit der Szene verwurzelt, aber in vielen anderen Branchen hat man schon jetzt das Gefühl, dass die Unternehmen ganz gut ohne die Rocker können. Das steht in der Regel nicht im Einklang mit persönlichen Erfahrungen, die ein derartiges Denken rechtfertigen könnten, nein, es ist reinweg die völlig undifferenzierte Annahme des medialen und politischen Status Quos. Ok, dann hab aber auch bitte den Arsch in der Hose, uns das ins Gesicht zu sagen! Passiert das? Mitnichten!

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Traurig, aber wahr. Umso mehr nehme ich positiv zur Kenntins, wenn aktuell die Geschäftsbeziehung der Swiss Moto mit einem führenden Hells Angels reinweg auf der Basis der korrekten und funktionierenden Geschäftsbeziehung offiziell erklärt und eine klare Trennung zu seinem privaten Agieren vorgenommen wurde. Dieses gewinnt umso mehr an Bedeutung, als das 49% der Anteile der Messe AG beim Schweizer Staat liegen. Mal sehen, ob nach der Messe Köpfe rollen und oder nicht?

Ein wenig mehr Solidarität mit den Rockern, die ganze Branchen groß gemacht haben, ist heute wichtiger denn je. Der Zahnarzt oder Rechtsanwalt ist sicherlich ein finanziell starkes Element, aber der Rocker stärkt euch noch den Rücken, wenn die sich längst wieder verpisst haben. Der Rocker Talk 2 hatte die Stigmatisierung zum Thema. Schaut es euch mal an, damit ihr wisst, wie eure Kunden ticken! Ihr braucht sie!!

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.