Fahrverbote und Wechselwirkungen!

Wo geht die Reise hin?

Immer noch ist das Hauptthema in den Foren und Gruppen für Motorradfahrer das geforderte zeitweilige Strecken- und/oder Fahrverbot des Bundesrates. Und so wie das Thema von Medien und Teilbereichen der Poltik bespielt wird, kann man sich auf die Aussage von Fachminister Andreas Scheuer m. E. keinesfalls verlassen, dass die Bundesregierung die Drucksache 125/20 dauerhaft ablehnt. Und selbst wenn, hat dieses kaum Einnfluß auf weitere Streckensperrungen nach StVO, denn dafür braucht es nicht die Zustimmung der Bundesregierung. In 2021 wird die Nummer sicherlich zu einem Wahlkampfthema. Das Aus für den Verbrenner ist längst beschlossen, mit der Klimapolitik generiert man Stimmen, ob man es will oder nicht, die E-Mobilität wird uns in Zukunft per Verordnung auf das Auge gedrückt. Entweder fährst du ein E-Bike oder gar nicht. Utopisch? Wohl kaum. Immerhin klammert die Drucksache 125/20 E-Bikes von der Forderung aus.

Doch ist es ratsam, sich immer nur auf das Thema zu stürzen, welches einem gerade unter den Nägeln brennt? Nun, in einem sind wir uns doch wohl alle einig. Der Staat reguliert massiv, greift immer stärker in unsere Rechte ein. Er setzt auf Verschärfungen und Verbote. Und irgendwie habe ich das Gefühl wir Motorradfahrer werden reichlich Federn lassen. An sich geht es doch schon längst nicht mehr nur um Streckenverbote, es geht um das große Ganze, darum, dass man zum Beispiel den Individualverkehr völlig ausgrenzen will, die Parkplatzbewirtschaftung in den Ballungszentren völlig neu ordnen wird, uns die E-Mobilität als Ultima Ratio vekauft und wenn der Markt nicht reagiert, wird halt reguliert. Am Ende machen wir alle dicken Backen und stehen auch noch als Klimaschutz-Verweigerer da und werden angefeindet.

Freedom is our Religion 2020 hat m. E. jedoch erneut offen gelegt, dass auch die Motorradszene heftigst gespalten ist. Die Fahrverbote werden von nahezu allen Bikern abgelehnt, das Kuttenverbot anscheinend doch von etlichen insgeheim begrüßt. Warum haben anscheinend viele ein Problem damit, mit den vom Insignienverbot betroffenen Clubs gemeinsam gegen die Einschränkung der Freiheitsrechte zu protestieren? Denn an sich hätte Berlin am 12.09 aus allen Nähten platzen müssen. Es war eine Steigerung gegenüber 2019, aber beileibe nicht das, was viele erwartet hatten. Warum?

Bei unseren Magazinausfahrten kommen die Teilnehmer aus allen Bereichen. Sie verbindet das Motorradfahren an sich!

Potentielle Antworten!

Das ist zum einen die Folge einer konsequent negativen Presseberichterstattung. Ok, die Anlässe denken sich die Herren Journalisten nicht aus, aber was daraus gemacht wird, spottet teilweise jeglicher Beschreibung. Eine differenzierte und faire Berichterstattung sieht i.d.R anders aus, doch in kaum einem Themenfeld kann man sich am Leitmotiv „Bad News are good News“ so wunderbar abarbeiten, wie beim Thema Rocker. Selbst geringfügige Anlässe werden oftmals zu einer medialen Blase hoch gepusht. Und es wirkt!

Und so liest auch der Motorradfahrer regelmäßig genau diese Presse und möchte persé mit den vermeintlichen Bad Boys nichts zu tun haben. Er grenzt sich ab. Nur sind es keine validen Zahlen oder harte Fakten, die ihn dazu bewegen. Es ist reinweg die potentielle Möglichkeit, dass die Presse und Politik grundsätzlich recht hat und ein Großteil der Member der Clubs kriminell ist. Glaube statt Wissen scheint zu dominieren. Jeder hätte zwar die Möglichkeit sich über den Bereich zu informieren, aber das unreflektierte Konsumieren von Online- und Printmedien ist ja so schön einfach. Zudem gibt es ja noch etliche, die genau so agieren. Man schwimmt ja gerne mit der Masse mit. Ähnlich findet das nun auch in Bezug auf die Fahrverbote statt.

Mir geht es in keinster Weise darum, den Clubs einen Persilschein auszustellen. Mord ist Mord, KV ist KV. Straftaten finden statt und werden von den Behörden verfolgt. So sieht es unser Rechtssystem vor. Doch in Summe muss man unweigerlich zu dem Ergebnis kommen, dass der Staat sehr weit über das Ziel hinaus schießt und er bisher an sich noch nichts Greifbares auf den Tisch gelegt hat, was die Verunglimpfung aller Mitglieder der betroffenen Clubs rechtfertigt. Medial gesehen bekommt der Leser dennoch das Gefühl, dass Rocker einen erheblichen Anteil im Feld der Organisierten Kriminalität spielen.

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Doch schon ein Blick in die Kriminalitätsstatisitk des BKA müssten einen zweifeln lassen, ob diese geballte mediale Kampagne auch nur ansatzweise verhältnismäßig ist. In 2018 lag zum Beispiel der Rocker-Anteil (MC’s) der Verfahren im Zusammenhang mit der OK bei unter 4 Prozent! Würde man das verifizieren und die tatsächlichen Urteile bemessen, wäre der Wert noch geringer. Nur tut das kaum einer, was übrigens auch für viele Szenegänger gilt. Läuft das über Jahre so, braucht der Staat auch gar nichts mehr auf den Tisch legen, um seine Behauptungen schlüssig zu belegen. Man glaubt es einfach schon deshalb, weil man so oft davon gehört und gelesen hat. So tappen viele in die Suggestions-Falle!

Und genau deshalb hörte man schon im Vorfeld Stimmen, die sich fragten, ob Freedom is our Religion die richtige Plattform sei, um sich gegen die Drucksache zu stellen. Etliche haben das für sich verneint. Und nach der Demo fühlten sich manche Demoteilnehmer sogar geprellt, weil die Ziele der Demo ihrer Meinung nach nicht ausreichend kommuniziert wurden. Das mag auf den ersten Blick sogar stimmen, aber letztlich hat der Anmelder niemanden hinters Licht geführt, sondern seine Strategie der letzten Jahre konsequent verfolgt. Wer sich für diese Demo interessierte, hatte ohne Ende Möglichkeiten sich auch konkret darüber zu informieren. Wie andere Gruppen und Foren das darstellen ist eine völlig andere Frage.

Freedom is our Religion erfuhr den größten Zuspruch aus der Clubszene, aber eben nicht nur.

Wo will ich hin?

Spielen diese Aspekte denn substantiell überhaupt eine Rolle, um seinen Protest gegen die Einschränkung unserer Rechte mit den Clubs zusammen auszudrücken zu wollen? Für mich nicht. Ich bin auch schon vor dem Kadi gestanden und wurde wegen KV und gefährlicher KV verurteilt. Habe ich deshalb meine Rechte verloren? Mitnichten! Wer sich deshalb von mir distanziert, sieht die Sache halt durch die moralische Perspektive, weiß aber null darüber, wie ich mich seitdem entwickelt habe. Das nennt man wohl dann einen Stigmatisierungseffekt.

Ich war in den ersten Jahren meiner Tätigkeit auch skeptisch und habe Freedom is our Religion 1 und 2 reinweg auf der Job-Ebene gedacht und auch so behandelt. Im Laufe der Zeit aber wurde ich hellhörig, was u. a. auch an der gesamtem gesellschaftlichen und politischen Entwicklung lag. So begann ich mich mit den polizeilichen Erkenntnissen zu beschäftigten, las das Strategiepapier Rocker und entwickelte das Gefühl, dass ich der Sache selbst nicht gerecht werde, wenn ich sie pauschal kritisch sehe, nur weil ein bestimmter Club mobil macht. Dann kam die Gesetzesvorlage zur Verschärfung des Vereinsrechtes. Sofort hegte sich in mir heftiger Widerstand. Nun, am 12. September stand ich auf dem Podest.

Manche denken jetzt vielleicht, er hat sich vor den Karren spannen lassen. Damit kann ich leben, denn ich habe mir das Engagment reiflich überlegt und sowohl die Außen- und Innenwirkung überdacht. Jedenfalls kann ich für mich in Anspruch nehmen, dass ich mich umfassend mit der Thematik beschäftigt habe, um ein klares persönliches Standing abgeben zu können. Habt ihr das auch? Begründet sich eure Ablehnung auf einer Vermutung oder seid ihr davon überzeugt, dass Politik und Medien das Thema fair und ausgewogen darstellen. Trifft letzteres nicht zu, dann frage ich mich, was hindert euch, zum Beispiel die Demo Freedom is our Religion als eine Plattform anzuerkennen, die sich ganz allgemein gegen die Einschränkung der Freiheitsrechte positioniert und vor allem gegen die Abschaffung der Vereinsfreiheit.

Allerdings, auch die vom Insignienverbot betroffenen Clubs müssen sich fragen, ob sie ihre Ziele schlüssig dargelegt haben. Ich sehe da persönlich noch echten Spielraum nach oben und empfehle ihnen sich öfters mal zu Wort zu melden. Im Kontext zu den Fahrverboten sind ja nun einmal alle Motorradfahrer betroffen und die Mehrzahl von ihnen hat kaum bis keine Clubkenntnissse. Das Fahrverbot reicht da als verbindenes Element anscheinend kaum aus. Wenn ich diese also für mich gewinnen will, braucht es mehr als nur Parolen. Da könnte hier und da mal eine Erklärung zur eigenen Intention mehr Leute mitnehmen.

Fazit!

Jeder muss sich genau überlegen, wofür er einsteht und mit wem er seinen Protest gegen Fahrverbote zum Ausdruck bringt. Das unreflektierte Ausgrenzen von Bereichen der Motorradszene ist jedenfalls genau das, was der Staat nur allzu gerne in Kauf nimmt, um seine Ziele durchdrücken zu können. „Spalte und herrsche“ funktioniert. Statt euch zu fragen, was euch trennt, fragt euch doch mal, was euch verbindet. Zu diesem Gesamtkomplex überdenke ich in 2021 einen Biker Talk anzubieten, der sich an den Rocker Talk anlehnt. Doch warum heißt es dann nicht wieder Rocker Talk? Nun, wenn ihr mein Geschreibsel verstanden habt, kennt ihr die Antwort!

Kontakt: https://www.facebook.com/freedomisourreligion

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.