Krach für Kilian: Ist jedes Mittel recht?

Im Kontext zu den unsäglichen Kommentaren!

Ich habe durchaus etwas länger darüber nachgedacht, ob ich mir die uns allen bekannten Kommentatoren mal zur Brust nehme, die eine m. E. von hoher Menschlichkeit geprägte Aktion mit teilweise echt üblen Statements völlig verunglimpft haben. Nein, ich gehe auf die Kommentare selbst nicht weiter ein. Sie sind bekannnt und das Echo aus der Bikerszene war entsprechend heftig. Teilweise zu heftig!

Dennoch möchte ich diese verbalen Ergüsse zum Anlass nehmen, um mir das Ganze mal aus einer anderen Sicht anzuschauen. Denn was dort ausgesagt wurde, lässt durchaus Rückschlüsse darauf zu, worauf man sich in Zukunft in den öffentlichen Debatten noch einzustellen hat, zum Beispiel im Kontext zu den geforderten Fahrverboten an Sonn- und Feiertagen.

Die Aktion Krach um Kilian war ein hoch emotionales Ereignis.

Wie ich das sehe?

Zu einem geschlossenen Konvoi mit mehr als 10.000 Bikern kann man durchaus eine kritische Meinung haben, nur ist es etwas völlig anderes, ob sich der Anlass darin begründet, dass die Biker an einer Demo gegen Fahrverbote teilnehmen oder einem sterbenden Kind sehr spontan ein großer Wunsch erfüllt wird.

Faktisch spielt es in Bezug auf Emissionen und Verkehrsbehinderungen natürlich keine Rolle, aber soviel Empathie darf man jedem unterstellen, dass man nicht noch während oder kurz nach der Aktion diese mit verbalen Frontangriffen attackiert. Das gehört sich einfach nicht. Hier steht die Gefühlslage der Familie und des Kindes eindeutig im Vordergrund. Vorne Jubel und von hinten Dreck werfen? Nee, man hält sich da zurück.

Die Aktion Krach um Kilian ist jedoch keineswegs eine unrühmliche Ausnahme, nein, mittlerweile haben die Spaltungstendenzen in unserer Gesellschaft dazu geführt, das nahezu jedes Mittel recht ist, um die Position der politischen und ideologischen Gegner zu diskreditieren. Während man früher noch in den eigenen Reihen solche Kollegen zur Raison gerufen hat, werden heutzugtage derartige Kommentare in der eigenen Base schlichtweg toleriert, sogar mit Beifall begleitet. Der gandenlose Rächer sitzt an der Tastatur.

Einige Biker stehen dem allerdings kaum nach. Das sie sich entrüsten ist völlig ok, der oder die sollen wissen, dass man hier gewaltig über die Grenzlinie des Tragbaren gegangen ist, aber wenn wir auf der eine Seite das individuelle Verursacherprinzip dem Stigmatisierungsgedanken der Befürworter von Fahrverboten entgegen stellen, müssen wir uns ernsthaft fragen, wie es dann zu rechtfertigen ist, wenn Firmen öffentlich angegangen werden, obwohl sich diese bereits von dem unhaltbarem Kommentar eines Familienmitgliedes zeitnah öffentlich entschieden distanziert haben. Ist das die legitime Rache des Zorro? Nein, das ist es nicht!

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Es wird immer wieder zu derartigen verbalen Entgleisungen kommen, hüben wie drüben. Biker sind jedoch gut beraten, sich selbst zu reflektieren und nicht immer wieder genau das zu tun, was man regelmäßig der anderen Seite vorwirft, nämlich zu pauschalisieren und einzelne Meinungen auf eine gesamte Gruppe zu übertragen. Tun wir das, wird es in Zukunft schwer sein, die eigene Argumentationskette glaubhaft rüber zu bringen.

Zugegeben, bei dieser Nummer ist mir das auch nicht gelungen, ich habe mich von meiner Emotion übermannen lassen, aber es geht auch nicht darum immer und überall rational zu bleiben, sondern ernsthaft zu versuchen sich auf das zu konzentrieren, was derzeit m. E. wieder deutlich anwächst, nämlich ein Gemeinschaftsgefühl unter Bikern, welches so seit Jahren nicht mehr erkennbar war.

Wenn man also der Motorradcommunity anlastet, dass die Aktion Krach um Kilian ein Marketingseller war, dann sollte uns das am Arsch vorbei gehen, denn sogar jeder Nichtstudierte weiß, was eine Kampagne ist und das diese stets langfristig angelegt ist. Lasst sie einfach reden. Das sind nicht die Leute, die wir überzeugen können, das sind Leute, die uns längst als vollkommen entbehrlich ansehen. Deshalb bringt es auch nichs, sich mit ihnen auseinander zu setzen.

Krach um Kilian war nichts weiter als ein solidarisches Zeichen von Bikern jeglicher Colour, die in Sachfragen keineswegs immer einer Meinung sind, aber dennoch wissen, das es übergordnete Dinge gibt, die wir uns bewahren müssen. Das hat etwas mit Emotionen zu tun, Emotionen, die man gottlob nicht an KW, Dezibel oder der Marke des Motorrades festmachen kann. Schön, das es das noch gibt.

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.