Kriminalität: Mehr Schein als Sein?

Über den emotionalen Umgang mit Kriminalität!

Ein absoluter Dauerbrenner für die Politik ist das Thema Sicherheit. Und ja, kaum ein Bedürfnis wird von den Bürgern so hoch eingestuft, wie die persönliche Sicherheit. In diesem Bereich entand über die Jahre allerdings ein seltsames Phänomen. Während die Kriminalitätsstatistiken in Summe immer weniger Delikte aufzeigen, der Rückgang zwischen 2005 und 2019 betrug 5% und auch die Verurteilungen nahmen ab, fühlen sich weit mehr als 50% der Bürger weniger sicher, teilweise massiv.

Top-Anzeige

Betrachtung im Kontext zum Insignienverbot!

Die Verschärfung des VereinG ist m. E. durchaus dazu geeignet um aufzuzeigen, welche Aspekte dazu führen können, dass Bürger die Sicherheitslage anders empfinden, als es die nackten Zahlen ausweisen.

Während der gesamten Debatte wurde ausschließlich über Rocker in MC’s gesprochen. Man bekam unweigerlich den Eindruck, dass sie im Deliktfeld Organisierte Kriminalität den Ton angeben. Schon ein Blick in die BKA-Lagebilder hätte einen zum Nachdenken bringen müssen. In 2018 wurden zum Beispiel nur 3,9% der Verfahren im Zusammenhang mit der OK gegen Mitglieder von MC’s geführt, in anderen Jahren lagen die Zahlen ähnlich. Verfahren, keine Verurteilungen! Wir können also davon ausgehen, dass die Anzahl der rechtskräftigen Verurteilungen 2018 unter 3% liegt.

Ist das nun ein Wert, der es rechtfertigt, nur über Rocker zu reden? Ok, Mafia & Co tragen keine Abzeichen, aber das Gesetz selber wird ja nicht auf Rocker speziell zugeschnitten, sondern in allgemeiner Form verfasst, so dass es zukünftig in allen Bereichen Anwendung finden kann. Politisch betrachtet ist es jedenfalls eine Allzweckwaffe. Sobald eine Organisation vereinsähnliche Strukturen aufweist, kann das VereinG Anwendung finden, völlig egal, ob es eine Eintragung im Vereinregister gibt oder nicht. Und das ist seitdem auch passiert, keinesfalls nur bei MC’s.

Ungeprüfte Zustimmung!

Begleitet von einer dauerhaft negativen Presse entsteht in der zivilen Mitte unweigerlich der Eindruck, dass eine solche Verschärfung zwingend geboten ist, um den Machenschaften der Rocker Einhalt zu gebieten. Welcher Bürger außerhalb der Rockerszene hinterfragt das denn, nimmt gar eine Verifikation vor. Keiner! Und da man uns nicht zum leben braucht, wird die Maßnahme reflexartig mit Zustimmung quittiert. Wir wissen das, was ich da umschreibe ist nicht neu, aber auch viele Biker folgen der Rhetorik der Politik. Sätze wie „Sie sind selber schuld“ oder „Das sind die Geister, die man rief“ habe ich jedenfalls schon zuhauf gelesen und gehört.

Ok, gehen wir mal davon aus, diese Aussagen sind wengistens teilweise zutreffend, dann ist die rechtliche Bewertung dennoch eine substanziell völlig andere Sache, denn der Staat muss nachweisen, dass ein Mittel nicht nur geeignet, sondern zudem auch das mildeste Mittel ist. Ist es daher richtig, wenn nur eine Minderheit überhaupt durch ein individuelles Verhalten der Argumentation des Staates entspricht, die Politik aber sämtliche Mitglieder mit dem Verbot belegt, ohne ansatzweise seine Argumentationsgrundlage mit eindeutigen Fakten zu belegen? Ich sage Nein! Wo sind die Fakten?

Top-Anzeige

Fazit!

Ich hätte mich jetzt auch über die Pandemie oder die Streckenverbote auslassen können, auch hier gelten für Verbote dieselben rechtsstaatlichen Prinzipien, aber das würde zu einer extremen Kontroverse führen, die mein Anliegen völlig verblassen lässt. Mir reicht es schon, dass ich vielleicht den einen oder anderen Szenegänger erreiche, der einfach mal darüber nachdenkt, dass die Politik in vielen Fällen eine Argumentation führt, die zwar auf das Grundbedürfnis nach Sicherheit ausgerichtet ist, aber definitiv infrage gestellt werden muss, weil es einfach an eindeutig belegbaren Fakten fehlt oder die vorhandenen Daten wie im Bereich der Kriminalität die Frage aufkommen lässt, warum man bei einem klar rückläufigen Trend überhaupt mehr Verbote braucht.

Am Ende wissen wir doch alle, dass vieles reinweg subjektiv beurteilt wird. Und weil dem so ist, hat die Politik auch oftmals ein so leichtes Spiel. Sich in die Materie hineinzuarbeiten ist aufwendig, der Politik und der Presse zu glauben ist mehrheitsfähig. Das reicht uns, um eine gutes Gefühl zu haben. Ich nehme mich da gelegentlich nicht aus. Dennoch erwarte ich von allen, die sich als Biker oder Rocker bezeichnen weitaus mehr, als wegen einer Ohrfeige in der Geisterstunde am Tresen oder einem Beef vor langer Zeit auf irgendeinem Treffen etwas grundsätzlich abzunicken, was in Summe keinesfalls einfach so geschluckt werden darf, weil es am Ende um ein Verbot für uns alle geht.

Links zum Thema:

Sicherheitsbericht!

https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/kurzmeldungen/DE/2021/11/3-periodischer-sicherheitsbericht.html

Vollkommen losgelöst von der Realität

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.