Leute: Rocker & Business

Die Premiere im Thema Rocker & Business über Chrischan, Präsident des Rolling Wheels MC North, kam super an. Sehr hohe Teilungsrate und reichlich positive Kommentare ließen vermuten, dass sich nun der ein oder andere von sich aus meldet und damit ggf. eine planbare Serie entsteht. Mitnichten!

Das war schon etwas enttäuschend. Auf der einen Seite beschweren sich die Rocker ständig über den immer selbigen Pressebrei, doch versucht man dem etwas positives entgegen zu setzen, kommen sie nicht aus dem Quark. Tja, Bad News ziehen halt mehr, auch bei uns in der Szene!

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Und nun?

Mehr aus der Not heraus setze ich spontan einen Post im Fratzenbuch und siehe da, es tat sich etwas. Gleich mehrere Rocker und Biker zeigten Interesse. So auch Rudolf aus Bayern, der sich m. E. ziemlich ausführlich auf meine Fragen einließ.

In Rocker & Business geht es ausschließlich darum zu dokumentieren, dass der Großteil der Szene eben nicht dem entspricht, was immer wieder vom Mainstream kolportiert wird. Steigen wir zunächst in das Interview mit ihm ein.

Rudolf ist member im Imerator MC. Er meldete sich auf einen Post von mir.

Rudolf ist Gründungsmember des Imperator MC.

Hey Rudolf, bist Du Rocker?

Hm, ich fühle mich dem Begriff „Biker“ mehr zugehörig. Außenstehende würden mich jedoch wohl als Rocker bezeichnen. Ich mag diesen Rockerbegriff nicht so gerne, da sich mittlerweile zu viele Gruppierungen unter diesen Begriff versammeln.

Für mich war die Harley und der damit verbundenen Lifestyle die Keimzelle, die mich in diese Szene brachte und die mich in der Szene hält. Von daher bin ich eher Biker als Rocker. Vom Musikgeschmack her bin ich jedoch Vollblutrocker. Aber diese Definitionen sind eh Haarspalterei..

Der Mythis Harley packte auch Rudolf.

Fährst Du unter Color?

Ja! Ich bin stolzes Mitglied und Secretary eines ebenso stolzen MC’s, des Imperators MC aus Bayern 

Seit wann bist Du in der Szene aktiv?

Seit 1983. Ich war Gründungsmitglied in dem MC, in dem ich auch heute noch aktiv bin.

Ein Bild aus alten Tagen. Rudolf ist schon länger in der Szene aktiv!

Ein Bild aus alten Tagen. Rudolf ( links außen ) ist schon länger in der Szene aktiv!

Was waren Deine geilsten Momente?

Oh, nach so langer Zeit „on the Road“ gibt es da viele Momente, die sich eingeprägt haben. An einen denke ich jedoch immer wieder ganz besonders gerne zurück. Ich war damals 20 Jahre alt und konnte mir endlich meine erste Harley kaufen; eine Sportster Hugger 883. Für mich damals wirklich viel Geld.

Dazu muss man wissen, dass Harleys zu der Zeit so selten waren wie Sterne am Tag. Für mich die Offenbarung. Schon mit 12 Jahren hatte ich eine Harley-Flagge im Kinderzimmer und hab mir sehnlichst gewünscht,  dass sich irgendwann mal der Traum von einer eigenen Harley erfüllen mag.

Mit den Brüdern on Tour. Der Imperator MC sitz in Bayern.

Mit den Brüdern on Tour. Der Imperator MC sitz in Bayern.

Ich hab also das Bike bestellt und bezahlt. Dann musste ich ca. 3 Monate warten bis das Bike ausgeliefert wurde. Eines Tages bekam ich den Anruf vom Händler, das Bike ist da und er würde es am nächsten Tag liefern. So stand ich wie ein Kind vor der Garage und wartete ungeduldig wie auf das Christkind. Endlich kam der Pickup mit Anhänger und das Bike wurde entladen. Das war magisch.

Zu mehr als einer kurzen Probefahrt kam es jedoch nicht. Wir haben uns nämlich sofort daran gemacht die nagelneue Harley zu zerlegen. Da musste eine lange Gabel, Sissybar, Ape, vorverlegte Fußrastenanlage,  usw…ran  J Die erste Fahrt damit, das war wie eine Offenbarung. Ich war „Easy-Rider“ und die niederbayerischen Dorfstraßen waren kalifornische Highways!

Sein Credo: "I"ll Never get Out of this World Alive2!

Sein Credo: „I’ll Never get Out of this World Alive!

Was fällt Dir zu Red Light, Drogen, Waffen, Konflikte, Presse alles ein?

Wie lange hast du Zeit? Ist das jetzt ein Interview oder soll ich dazu ein Buch schreiben? Da gäbe es ja unendlich viel dazu zu sagen. Ok, der Reihe nach:

Red-Light: Man sieht mich des öfteren in der Table-Dance Bar! Also nicht an der Stange, das wär kein so schöner Anblick, mehr so an der Theke!

Drogen: Hier muss jeder selber wissen was er tut. Ich hab viele Freunde daran kaputt gehen sehen oder diese sind dadurch krank geworden bzw. haben die sich psychisch zum Nachteil verändert.  Aber es ist wie mit allem, die Menge macht das Gift. Und jeder geht nicht gleichermaßen verantwortungsvoll damit um bzw. ist wohl nicht in der Lage damit umzugehen. Sein Geld verdienen mit Drogen verticken, das würde ich von keinem im Club sehen wollen. Das bringt zwangsweise Probleme mit sich!

Waffen: Ich bin da Old-School mäßig eingestellt. Was ich nicht mit Gesprächen oder Fäusten regeln kann, das lass ich bleiben. Ich lehne Waffen grundsätzlich ab. Sobald ich etwas einstecken habe, besteht die Gefahr, dass ich die Teile im Jähzorn auch nutze. Mit etwas Abstand kann man viele Dinge am nächsten Tag, und ruhigen Blutes, auch noch zu meinen Gunsten regeln.

Konflikte: Bleiben nicht aus, kann man aber auch so regeln, dass diese nicht eskalieren. Das hat auch sehr viel mit der Führungsqualität der Vorstandschaft zu tun. Viele Konflikte wurden unsererseits so vermieden, dass sich die verantwortlichen Presis getroffen haben und miteinander geredet haben. Ganz klar war aber auch, es gibt bei uns Grenzen, und diese zu überschreiten hat bisher noch niemanden besonderen Spaß eingebracht Uns war immer wichtig, wir machen unser eigenes Ding und wir sind uns selbst genug! Wir handeln nach dem Motto „Give Respect, get Respect“

Presse: Die werden für das bezahlt was ihre Arbeit ist! Schlagzeilen produzieren um damit Leser zu gewinnen! Also legitim!

Rudolf hält als Couch Vorträge und gibt Workshops!

Rudolf hält als Couch Vorträge und gibt Workshops! So gesehen auch eine Rampensau!

Was machst Du eigentlich Job-mäßig?

Tja, ich hab ja eher für einen Biker einen ganz und gar untypischen Beruf. Ich bin eine „Person des öffentlichen Lebens“ und als  freiberuflicher Trainer und Coach in der Erwachsenenbildung tätig. Ich gebe ich Seminare, halte Vorträge und trainiere Vertriebsmitarbeiter sowie Führungskräfte in der Verhaltenspsychologie und Kommunikation. Das mache ich mittlerweile recht erfolgreich seit 12 Jahren und kann davon ganz passabel leben.

Wie kommt man dazu?

Gute Frage. In der 4. Klasse hat mir meine Lehrerin prophezeit: „Rudi, du wirst dir dein Geld später mal mit Reden verdienen“. Das war wohl während der Schulzeit einer der häufigeren Situationen, wo ich rhetorisch geschickt versucht habe zu erklären, warum ich keine Hausaufgaben gemacht habe. Und so ist es dann ja auch gekommen. Gut reden ist so ziemlich das einzige was ich wirklich gut kann!

Müsste ich mein Geld mit etwas Handwerklichem verdienen, ich könnte sicherlich keine Familie ernähren. Ich habe also aus der Not eine Tugend gemacht! Und, es macht mir einfach wirklich Spaß! Ich bin wohl so etwas wie eine Rampensau. Zudem kommt, dass ich geregelte Arbeit mit immer denselben Abläufen als etwas zutiefst lästiges empfinde!

Zwei Motive, ein Mann!

Hast Du Familie?

Jaein, ich lebe seit einigen Jahren getrennt. Ich habe einen 18 jährigen, schwerstbehinderten Sohn, für den ich mich verantwortlich zeige und bei dem ich auch regelmäßig die häusliche Pflege übernehme.

Klappt das alles mit Deinem Lifestyle?

Ja, muss es ja nach so vielen Jahren. Aber es ist nicht einfach. Wichtig ist hier eine sorgfältige Zeitplanung, damit ich die 3 Pfeiler in meinem Leben (Beruf, Sohn, MC) unter einen Hut bringen kann. Interessant sind auch die Reaktionen auf meinen Beruf. Meine Kunden können sich nicht vorstellen, dass ich privat Kutte trage und viele „Rocker“ können sich nicht vorstellen, dass ich unter der Woche mit Anzug vor zig Teilnehmern, Seminare über Psychologie und Kommunikation gebe. Das mag für viele verwirrend sein, manche halten mich daher für ein „Gscheidhaferl“, wie man in Bayern sagt.

Without Comment!

Without Comment!

Aber, wenn ich sehe mit welchem Geschick meine Freunde kniffelige handwerkliche Arbeiten erledigen, dann halte ich deren Fähigkeiten für weitaus bewundernswerter! Weniger angenehm ist auch, dass ich den ganzen Sommer über, egal wie heiß es ist, aufgrund meiner Tattoos während all meiner Seminare langärmlige Hemden trage. Das sorgt für weniger Ablenkung in den Seminaren und  auch für weniger Gesprächsstoff in den Pausen. Mich gibt’s dem Anschein also irgendwie zweimal, beruflich und privat.

Einmal die Person des öffentlichen Lebens, anderseits der Rocker mit Kutte, Club und Harley. Und wenn du dir jetzt die Frage stellst, wer von den beiden Personen ich wirklich bin, dann kann ich dir sagen, ich bin beides! Das eine schließt das andere nicht unbedingt aus, es ist selten, aber es ist auch kein Widerspruch an sich . Man muss nicht unbedingt blöd in der Birne sein um Rocker sein zu können. Zudem ermöglich mir mein Beruf mehr Freizeit, als es mir als Angestellter möglich wäre. Und dann tue ich das, was ich am liebsten tue. Mit meinem Bike unterwegs sein und den Lifestyle pflegen!

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Was wünschst Du dir für die Zukunft?

Da ich dieses Jahr 50 Jahre alt werde, und sich bereits die ersten gesundheitlichen Beschwerden einstellen, wünsche ich mir noch ein paar Jahre Gesundheit. Für mich, meinen Sohn und meinem Club. Es gibt noch so vieles was ich gerne  noch erleben oder verwirklichen möchte. Ich würde zum Beispiel auch nochmal gerne mit der Harley durch Arizona und Kalifornien fahren und ein paar Wochen in San Francisco verbringen. Die Keimzelle der Rockerkultur besuchen. Zum leidigen Thema „Szene in der Zukunft“ habe ich keinen Wunsch. Die kann sich entwickeln wie sie will. Wir machen sowieso immer unser eigenes Ding!

Wieso hast Du dich eigentlich auf Rocker & Business gemeldet?

Weil ich das Thema spannend finde! Vielleicht gibt’s ja noch mehr Biker mit so exotischen Berufen wie mich! Die würde ich gerne kennen lernen! Manchmal fühlt man sich dann ja doch etwas einsam.

Fazit!

Rudolf wirkt reichlich aufgeräumt und reflektiert. Blöd ist er ganz gewiss nicht. Ok, seine Antwort auf das Thema Presse kann ich so nicht stehen lassen. Faktisch hat er recht, aber im Pressegesetz steht nicht drin, dass der Zweck jedes Mittel heiligt, um Auflage zu machen.Der Journalist hat die Aufgabe den aktuellen Sachverhalt sachlich darzustellen.

Es gehört sicherlich zum Job dazu Mutmaßungen anzustellen, nur leider hat man beim Thema Rocker eher das Gefühl, dass die Reports bereits fertig in der Schulade liegen, lediglich mit Datum und Ort aktualisiert werden. Ich nenne das Baukasten-Prinzip! Jede Schublade passt. ( ….oder wird passend gemacht )

Rocker & Business gibt Leuten aus der Szene die Möglichkeit, ihren persönlichen Lifestyle zu beschreiben. Das mag auf den ersten Blick recht dröge sein, es fehlen halt die Bad News, aber wie Rudolf bereits erwähnt hat, besitzt das Thema auch Spannungselemente. Auf das Business gehe ich bewusst nicht intensiver ein, denn dann verkommt die Nummer zu einer reinen PR. Nee, Persönlichkeit & Ansichten stehen im Fokus. Es bleibt ein kleiner Beitrag, aber je mehr davon stattfinden, desto repräsentativer stellt es die Szene dar.

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.