Im Rocker Talk 2 geht es u.a. um die Förderung der Stigmatisierung der Rocker-Szene bedingt durch falsche und /oder unsachliche Berichterstattung. Und siehe da, als wenn wir es bestellt hätten, spielt uns die Berliner Morgenpost neue Aspekte in die Hände.
Hintergrund!
In seinem Artikel mit der Headline „Rund 20 kriminelle Rockerclubs sind in Berlin aktiv“ vom 11.09.2015, bezieht sich die Redaktion auf Berliner Behördenangaben, die im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage durch den SPD-Abgeordneten Tom Schreiber gemacht wurden.
Es heißt im Artikel: „Die Rockergangs in der Hauptstadt tragen Namen wie Hells Angels MC East District, Gremium MC Berlin Black North, Born to be Wild MC Wild City, Rolling Wheels MC Nomads und Turkos MC Berlin. Die Untergruppen nennen sich Spartaner MC Eastside, True Mates oder S.O.N.S. Brotherhood. Insgesamt gebe es in der Stadt etwa 1000 Rocker, die im kriminellen Milieu agierten, so der Senat.“
Im Artikel werden auch die Streetfighter benannt. Unter dem Strich rechnet der Senat ca. 1000 Rocker dem kriminellen Milieu zu.
Fakten-Check!
1. Gibt es keinerlei Beweise, die diese Behauptung stützen!
2. Der Rolling Wheels MC Nomads ist in Eisenhüttenstadt ansässig!
3. Der Born to be Wild MC Wild City ist ein Probe-Chapter!
4. Streetfighter ist ein allgemeiner Begriff und ist eine Bezeichnung für einen ganz bestimmten Typus von Motorrad, auch Naked Bike genannt. ( Keine Verkleidung, hoch motorisiert )
Seit jeher bin ich davon überzeugt, dass die Presse der verlängerte Arm der Politik ist, sozusagen deren Steigbügelhalter, um die gemeinsamen Interessen hinsichtlich der Thematik „Rocker“ zu kommunizieren. Die Politik hat nämlich ohne die Presse gar nicht die Möglichkeit, den Wählern diesen ganzen ungeprüften Mist zu verkaufen.
Warum Mist?
Nun, der Leser geht natürlich davon aus, dass ein Redakteur gewissenhaft arbeitet und sich in dem behandelten Bereich gut auskennt, weil er das Thema nach allen Seiten recherchiert hat. Schauen wir uns die Punkte 1 bis 4 also genauer an.
Zu Punkt 1:
Der Berliner Senat stützt sich auf polizeiliche Erkenntnisse. Dabei handelt es sich allerdings um reine Vermutungen. Denn zum Beispiel jede Personalienfeststellung im Rocker-Bereich, wird in den Erkenntnistopf geschmissen. Völlig egal, ob substantiell etwas dran ist oder nicht. Das erzeugt natürlich einen hohen Erkenntnisstand, den man wiederum der Politik verkaufen kann. Man möchte ja auch weitere Beamten-Stellen generieren.
Kriminell kann ein Rocker nur dann sein, wenn er im Rahmen eines ordentlichen Prozesses abgeurteilt wird. Tja, da wird die Luft dann dünn und wir erreichen nicht einmal 10% der vorgegeben 1000 Rocker im kriminellen Mileu. Es sei denn, die Unschuldsvermutung ist für Rocker aufgehoben. Frage: Warum wurde dieser Aspekt nicht recherchiert und angesprochen?
Zu Punkt 2:
Es gibt den Rolling Wheels MC Berlin. Das ist das Mother Chapter. Die Nomads sind aber laut der Club-Homepage nun einmal in Eisenhüttenstadt ansässig. Wenn ich mich als Redakteur auf die Situation in Berlin beziehe, dann sollten wenigstens die geografischen Aspekte korrekt sein.
Zu Punkt 3:
Es gibt den Born to be Wild MC Wild City. Dabei handelt es sich um ein Probe-Chapter. Bedeutet, dieses Chapter hat noch nicht einmal den Voll-Status erreicht. Laut Artikel gehört es aber zu den Hauptorganisationen in Berlin. Na, da wird sich das Mother-Chapter aber freuen, dass die Prospects nun das Sagen haben.
Zu Punkt 4:
Es gibt in Berlin den Club“The Street Fighters“. Nur wird in dem Artikel eine geschlossene Schreibweise benutzt und stellt somit für den nicht szenekundigen Leser auf die gesamte Gemeinschaft der Streetfighter-Clubs ab, deren Verbundenheit sich durch den Typus von Motorrad darstellt. Na, die werden sich ja jetzt freuen, wenn der kleine Beamte sie zukünftig alle vom Bike holt.
Fazit!
Wie ihr seht, steckt der Artikel voller inhaltlicher und ideologischer Fehler. Es lässt zweifelsfrei nur den Schluss zu, dass der Redakteur sich nicht einmal die Mühe gemacht hat,wenigstens den Internet-Auftritt der genannten Clubs zu checken. Szene-Kenntnisse kann er nicht besitzen. So geht kein Redakteur vor, der sich mit der Thematik näher beschäftigt hat. Es wurde hier nichts hinterfragt.
Hätte er das getan, müsste er den Senat anrufen und um Aufklärung bitten. Da Rocker keine Lobby haben und auch keine potentiellen Leser sind, kann man ja getrost darauf verzichten. Er hat ja kein Risiko. Würde er auch so im politischen Bereich verfahren und 1000 SPD-Abgeordnete als potentielle Pädophile bezeichnen, weil es den Fall „Edathy“ gab. Nee, würde er nicht, weil die ihm ja den ganzen Zahlen-Bullshit für seinen nächsten Artikel über Rocker bieten. Angekommen?
Link zum Artikel: http://m.morgenpost.de/berlin/article205673747/Rund-20-kriminelle-Rockerclubs-sind-in-Berlin-aktiv.html