Vereinsgesetz: Die Verschärfung ist durch!

Nach der Anhörung im Innenausschuss des Deutschen Bundestages keimte bei vielen die Hoffnung auf, dass die politische Gilde ob der erheblichen Bedenken seitens der Verfassungsrechtler über das in dieser Form vorgelegte Papier eventuell doch einen Rückzieher macht und die geplante Verschärfung wenigstens langfristig ad acta legt.

Doch nur eine Woche danach stand die Gesetzesnovelle auf der Tagesordnung des Bundestages. Dieser entschied gestern mit den Stimmen von CDU/CSU sowie der SPD, dass der §9 (3) VereinG in der beabsichtigten Form verschärft wird. B90/Die Grünen enthielten sch, die Linke votierte dagegen. Die Verschärfung tritt damit in Kraft.

Klartext!

Das bedeutet konkret, dass nunmehr defacto für alle MC’s ein bundesweites Kuttenverbot besteht, in deren Reihen sich verbotene Chapter/Charter befinden. Derzeit sind diese: Der Bandidos MC Germany, der Hells Angels MC Germany, der Gremium MC Germany sowie der Mongols MC Germany. Eine andere Ortsbezeichnung reicht wie bisher laut letztem BGH-Urteil nicht mehr aus, um einen klaren Unterschied zu den Zielen der verbotenen Vereine zu markieren.

Die Debatte selber wurde in der zweiten Lesung wenig substantuiell bei geringer Beteiligung geführt. Stefan Mayer von der Fraktion CDU/CSU wies darauf hin, dass es in der Republik 5500 Mitglieder in den sogenannten OMCG’s gibt. In 2015 habe es 42 Verfahren mit direktem und 29 Verfahren mit mittelbarem Bezug zu Rockerclubs gegeben, bedeutet, lediglich 1,42% aller Verfahren im Bereich der OK hatten einen wie auch immer gearteten Rockerbezug. Und wir sprechen hier noch nicht einmal von Verurteilungen.

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Ob das nun der Anfang für ein noch regideres Einschreiten gegen die Onepercenter ist, muss abgewartet werden. Mit einer solchen Verschärfung im Rücken wird der Staat aber relativ schnell klar aufzeigen, wohin die Reise geht. Das größte Problem besteht darin, dass selbst eine unrechtmäßige Verbotsverfügung ohne aufschiebende Wirkung für ein derartiges Verbot sorgen wird. Und dadurch besteht erheblicher Raum für puren Aktionismus.

Sobald irgendein Minister eine Verbotsverfügung gegen das Chapter/Charter eines derzeit nicht betroffenen Clubs erteilt, müssen alle Member ablegen. Den betroffenen Clubs bleibt somit nur der Gang über die Gerichte. Und der ist lang und kostenintensiv. Persönlich erwarte ich von mindestens einem MC die Anrufung des Europäischen Gerichtshofs.

Da hat mal wieder ein Gericht mit unerbittlicher Härte zugeschlagen!

Nur 1,42% aller Verfahren mit Rockerbezug gab es in 2015 im Berich der OK!

Geringes Votum der Szene!

Selbst eine erfolgreiche Petition hätte vermutlich die meisten Fraktionen im Bundestag nicht umgestimmt. Aber es wäre ein klares Zeichen gewesen, denn 50.000 und mehr Stimmen dagegen erzeugen eine andere Wirkung, als die nicht einmal erzielten 20.000 Stimmen im gescheiterten Quorum. Einigkeit sieht anders aus. Es ist ein erschreckender Beleg dafür, dass geflügelte Worte im Fratzenbuch über den Bikers Code oder Brothers United eben auch ein Mindesthaltbarkeitsdatum haben.

Im Klartext hat der deutsche Staat hier Stigmatisierung in Reinkultur betrieben. Das Motto: „Wenn sich ein Verein nicht von den schwarzen Schafen distanziert, dann trifft ihn auch eine Schuld!“. Dieses als Rocker so zu denken, wäre aber ein eklatanter Tritt in den Arsch für die uns bekannten Prinzipien einer Bruderschaft. Solange der Mann im Club ist, ist er auch dein Bruder. Baut er Scheiße, wird er bestraft. Rückt er die Dinge gerade, ist er wieder voll anerkannt. Und wenn das Band zerrissen ist, muss er gehen.

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Das etliche den nun akut betroffenen Clubs selbst ob der Entwicklung in den letzten 10 Jahren die Verantwortung für das Dilemma zuschreiben, ist hinlänglich bekannt. Nur gilt das eben nicht für all diejenigen Member, die sich nichts haben zu schulden kommen lassen und stets sauber ihr Rockerding lebten und sogar Vorbilder für viele andere waren und sind. Diese sind jetzt genauso betroffen.

Die gesamte Szene sollte die weitere Entwicklung sorgsam beobachten. Wer nämlich glaubt, dass sich plötzlich alles zum positiven hin ändert, könnte ganz schnell eine böse Überraschung erleben. Entweder von der einen oder von der anderen Seite.

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.