Barber Angels Brotherhood e.V.: Nachgefasst!

Neu auf die Startseite aus 2018!

Vor einiger Zeit hatte ich euch den Barber Angels Brotherhood e.V. etwas konkreter vorgestellt. Der Verein setzt sehr erfolgreich auf die Medienpräsenz und hat dafür bisher sehr viel Anerkennung erhalten, aber nicht nur, was u. a. ein Statement in dem Blog auf der Vereinshomepage belegt. Fakt ist, mit seiner professionell geführten PR-Arbeit scheint er den Nerv der Publikumsmedien voll zu treffen. Regelmäßig rücken die TV-Teams aus und stellen den Verein in den Fokus.

Was bewegt die Mitglieder, etwas für Obdachlose auf die Beine zu stellen. Wie lautet das Credo? Ich habe mich einmal mit Pako, Friseur aus Hamburg und Barber Angel, über seine persönliche Sicht der Dinge näher unterhalten. Zunächst das Interview, danach mein Statement dazu.

Pako Kolbow im Einatz als Barber Angel. (Foto:Chris Weber Pics)

1. Hey Paco. Warum bist Du bei den Barber Angels?

Ich arbeite bereits seit zwei Jahren für die Organisation Zwischenstopp in Hamburg, welche sich alle vier bis fünf Wochen um die Verteilung von Lebensmitteln, Kleidung und Dingen, die für das Leben auf der Straße benötigt werden, kümmert. Ich für meinen Teil habe den Part des Haare- und Bartschneidens der Gäste übernommen. Die Idee der BAB entzündete in mir den Willen, mehr als nur in Hamburg zu bewegen und mit Gleichgesinnten zusammen unsere Gäste der Straße überall in der Republik in ein anderes Licht zu rücken. Mich treibt der Wunsch an zu helfen und den Gästen auf Augenhöhe den Moment ihres Dasein für einen kleinen Moment zu verändern.

Pako macht die Arbeit Freude. (Foto:Moodpix)

2. Warum hat man sich im Verein gezielt für die Rockerkluft entschieden?

Es ist für uns eine Uniform, welche von uns mit Stolz und Respekt getragen wird da sie uns repräsentiert und man uns klar an ihnen erkennt. Des Weiteren haben wir die eindeutige Erfahrung gemacht das die Kutte den Kontakt und die Nähe zu unseren Gästen vereinfacht. Wir wollen nicht wie im Alltag gekleidet den Gästen entgegen treten, da ein zu seriöses Auftreten eher abreckend wirkt. Da auch Kuttenträger ein kleinen Prozentsatz der Bevölkerung darstellen, genau wie unser Gäste, ist es umso leichter Kontakt und Nähe aufzubauen.

3. Gab es keine Erfahrungen, dass dieses Outfit nicht eher Ablehnung erzeugt?

Nein, Im Gegenteil! Sie schafft Nähe, da sich die Gäste eher mit einer Kutte identifizieren können als mit Schlips und Kragen.

4. Wie werden Eure Aktionen finanziert?

Jeder Angel trägt sämtliche Kosten selbst. Ob es sich um die Anreise, Unterbringung oder Verpflegung handelt, diese Kosten zahlt jeder Angel aus eigener Tasche und dieses aus Überzeugung.

5. Gibt es Spenden und wie werden diese eingesetzt?

Mitgliedsbeiträge werden gemeinnützig und satzungskonform verwendet. Sie sind zum Erhalt der Vereinssicherung zu verwenden. Mitgliederbedarf wie Patches, Handwerkszeug, Hygieneartikel oder Werbung sind ein großer Teil, genau wie die in den jährlichen Versammlungen der First Angel abgestimmten Spenden an die jeweiligen Hilfsorganisationen.

Gruppenfoto bei einer Aktion in Hamburg im November 2017. (Foto Uwe Hoffmann/Kreative Megapixel)

Ihr habt einen Shop für Friseurbedarf. Ist dieser nur für die Mitglieder verfügbar?

Nein! Durch die Supporter-Ware, welches Lizenzware ist, geht ein Teil an den Club zur satzungsgemäßen Verwendung.

7. Ihr nennt den Obdachlosen Gast. Warum?

Weil es unsere Gäste sind. Wir sind Dienstleister. Wir dienen und leisten mit unserem Handwerk unserem Kunden und/oder unseren Gästen. Wir machen dieses aus freien Stücken und respektieren den Menschen vor uns. Unsere Gäste bezahlen uns mit ihrer Dankbarkeit und das ist mehr wert als jedes Geld, welches im Job verdient wird. Ein Kunde bezahlt, ein Gast dankt es uns von Herzen, da es freiwillig und auf Augenhöhe passiert.

8. Welche Erfahrungen hast Du bisher im Umgang mit den Obdachlosen gemacht?

Ich habe so ziemlich jede Geschichte in den letzten zwei Jahren darüber gehört was einem Menschen passieren kann. Ob es Drogen, Verlust eines Menschen, Alkohol, Sucht, Freiheitsdrang, Abenteuer oder das Verlangen ist aus dem Hamsterrad der Konsumgesellschaft auszusteigen ist. Jeder hat seinen Grund auf der Platte zu sein. Aber eines ist bei fast jedem gleich, und das ist der Kontakt zu Menschen, die unsere Gesellschaft vergessen hat oder die man nicht in seinem Umfeld haben möchte.

Pako ist als selbständiger Friseur in Hamburg tätig.

Aber genau das treibt mich dazu an, diese Menschen in den Arm zu nehmen und ihnen das Gefühl der Wertigkeit zu geben. Das ist für beide Seiten ein Gefühl, was nach und nach Verbindet. Er ist kein Bodensatz der Gesellschaft, sondern ein Mensch, der im Leben verrutscht ist, jedoch die gleiche Würde hat wie ich. Jedem kann es passieren in diese Situation zu kommen und ich hoffe das jeder sich dann daran erinnert, dass man andere so behandeln sollte, wie man selber gerne behandelt werden möchte. Karma lässt grüssen.

9. Obdachlosigkeit ist ein politisches Thema. Habt Ihr Forderungen an die Politk?

Wir möchten durch unsere Arbeit aufwecken und aufmerksam machen und auf bestehende Missstände in unserer Gesellschaft hinweisen. Aber wir sind politisch und religiös immer neutral in unserer Mission.

10. Arbeitet Ihr mit den paritätischen Verbänden zusammen?

Ja, da sind zum großen Teil die Caritas und die Diakonie im jeweiligen Einssatzort mit eingebunden. Ebenso helfen uns die Heilsarmee und weitere private Sozialvereine bei der Umsetzung unserer Aktionen.

Einsatz in Berlin.(Foto:Chrisweberpics)

Was möchtest du bewirken?

Ich möchte wach rütteln, dass die Menschen nicht über Grenzen schauen müssen um Elend und Not zu sehen, sondern ein Blick über den Gartenzaun reicht. Wen jeder seinem Nächsten in unserer konsumorientierter Ellenbogengesellschaft etwas gönnt, können auch kleine Geesten etwas bewegen. Mir geht es um die Menschen die in unserem Land leben und nichts haben, zum Teil ihr Leben lang gearbeitet haben, aber zum Lebensabend es hinten und vorne nicht reicht, um in Würde zu altern, keine Wohnung, keine soziale Absicherung und einfach durch unser soziales System fallen, weil sie nicht ins Bild passen.

Niemand muss sich dafür schämen, seinen gewählten Lebenstandard zu leben, aber wenn jeder etwas Zeit opfert um denen zu helfen die weniger Gück im Leben hatten, können wir diese kalte Welt ein kleines Stück erträglicher machen. Es ist eine Aufgabe, die niemals enden wird und die immer gebraucht wird. Packen wir es an. (Ende Interview)

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„Er ist kein Bodensatz der Gesellschaft, sondern ein Mensch, der verrutscht ist im Leben und die gleiche Würde hat wie ich“, so Pako im Interview. Sorry, darauf muss ich reagieren, nicht nur wegen dem Begriff Bodensatz. Denn das der Obdachlose die gleiche Würde hat bzw. sein Leben als würdevoll empfindet; bezweifle ich ganz stark. Verdient hat er sie in jedem Fall.

Eine Bartrasur oder ein neuer Haarschnitt werden jedenfalls nach meinen Erfahrungen auf der Straße kaum ausreichen, damit viele der Obdachlosen ihre Würde zurück erhalten. Dazu bedarf es einer radikalen Änderung der gesellschaftlichen Sichtweise auf den Aspekt Obdachlosigkeit und einer erheblichen Ausweitung der politischen Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung der Probleme, die immer größer werden.

Trotzdem befürworte ich das, was die Barber Angels tun. Denn sie sind in ihrem Handeln konsequent und erzeugen damit eine Verlässlichkeit, die der Obdachlose in seinem Leben viel zu selten erfährt. Das sie dabei auf das Marketinginstrument Public Relations setzen, kann ich absolut nachvollziehen. So erzielt man eine hohe Reichweite, mehr Beachtung und erzeugt Neugierde, was letztlich zu mehr Mitgliedern und mehr Aktionen führt und damit das Thema Obdachlosigkeit nachhaltig in die Öffentlichtkeit trägt. Wichtig, bei den nachliegenden regionalen Einsätzen spielen Medien an sich keine Rolle mehr.

Es ist aber gleichzeitig ein Armutszeugnis für die Medien, da sie nur dann mit einem größeren Aufwand agieren, wenn die Paritätischen Verbände involviert sind oder eine professionelle PR-Arbeit wie im Falle der Barber Angels geleistet wird. Da werden sie hellhörig, insbesondere jetzt im Winter, wo die Not am schlimmsten ist. Die vielen privat organisierten und seit Jahren bestehenden Aktuhilfen fallen jedoch meistens durch das Raster, obwohl gerade diese mehr Aufmerksamkeit verdient hätten und zudem dringend bräuchten, um nicht jede Woche pro aktiv um Lebensmittel und Spenden zu betteln, damit sie den Obdachlosen Woche für Woche auf der Straße helfen können. Die Obdachlosen kennen sie alle.

Die Resonanz bei den Obdachosen ist sehr gut!(Foto:Chrisweberpics)

Ich würde mir ganz klar wünschen, dass der Barber Angel Brotherhood e.V. sich auch dieser Akuthilfen annimmt und die Kooperation sucht, egal, ob da eine Kamera mitläuft oder nicht. Der Verein hat sich zwar ausschließlich der Darbietung einer kostenlosen Dienstleistung des Friseurhandwerkes für Wohnungs- und Obdachlose ohne jede politische Zielsetzung verschrieben, aber so bekäme die private Aktuhilfe etwas mehr Aufmerksamkeit und für die Idealisten auf der Straße, die meistens ja nur in sehr kleinen Gruppen agieren, wäre es auch eine Art Solidaritätsbeitrag und Bestätigung. Denn eines ist klar, so schön ein neuer Haarschnitt auch ist und dem Gast ein gutes Gefühl gibt, satt wird man nicht davon.

Ich bleibe mit Pako in Kontakt und werde ihn rechtzeitig über eine Aktion von Bodensatz informieren. Durch die Arbeit für Zwischenstopp kennt er auch die Basics ohne Kamera. Er hat seine Bereitschaft zur Einbindung in eine unserer Hilfsaktionen bereits signalisiert. Und ihre Kutten dürfen sie denn auch anbehalten, denn der freiwillige Versicht auf die Kutte bei Bodensatz gilt nur für die Mitlgieder von Mc’s und Mf’s. Nicht, dass die Journalisten plötzlich den Schalter umlegen und aus den Friseuren eine rockerähnliche Streetgang machen. Grins…….

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.