Brisantes: Fahrverbote nur eine Nebelkerze?

Nach der Demo des MF Sauerland e.V. stellte dieser in einer Nachbetrachtung im Fratzenbuch wie folgt fest: „Ein Ergebnis aller Demos steht fest, und wurde uns im Vorlauf der Fahrt von der Politik am Freitag mitgeteilt, der Antrag an den Bundesrat (Beschluss 125/20) wird keine Umsetzung finden. Die Fahrverbote sind also vom Tisch.“ (Auszug Post Facebook Moto e.V. IG vom 23.08.2020). Nun, es ist im Interesse nahezu aller Motorradfahrer, wenn dieses tatsächlich endgültig so entschieden wurde. Aber, ich habe Zweifel!

Warum?

Erstens ist in dem Post nicht benannt, von wem das Statement kommt. Der Leser kann es somit nicht verifizieren. Zweitens habe ich bereits vor über acht Wochen die Vermutung geäußert, dass sich der Aspekt Fahrverbote als Nebelkerze heraus stellen kann. Schon am 26. Mai äußerste sich nämlich das BMVI auf eine meiner Anfragen wie folgt:

„Lieber Herr Petersen, vielen Dank für Ihre Anfrage und das Telefonat. Wie telefonisch besprochen, sende ich Ihnen gerne das Zitat sowie folgende Sachinformationen: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat sich zu diesem Thema wie folgt geäußert: „Das ist ein Beschluss des Bundesrates. Ich habe eine andere fachliche Sichtweise. Ich will keine weiteren Verbote und Verschärfungen für Motorradfahrer.“ (Passauer Neue Presse)

  • Die zuständigen Straßenverkehrsbehörden können die konkrete Lage vor Ort am besten einschätzen und aus Lärmschutzgründen im Einzelfall entsprechende Maßnahmen anordnen. Sie haben zum Beispiel bereits jetzt die Möglichkeit, die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken zu  beschränken oder den Verkehr umzuleiten (§ 45 StVO). Diese Vor-Ort-Regelung hat sich in der Praxis bewährt.
  • Für das Tunen von Motorrädern gelten bereits wirksame Bußgelder: Hat ein Fahrzeug eine nicht genehmigte oder unzulässig veränderte, laute Schalldämpferanlage, erlischt die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs. Diese Ordnungswidrigkeit ist mit 180 Euro (Fahrer) bzw. 270 Euro (Kraftfahrzeughalter) zu ahnden.“ ( Mail des BMVI vom 26.Mai 2020)

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Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt reagierte also das BMVI und teilte mit, wie die Position des Fachminsters ist. Nun, hat das dazu geführt, dass insbesondere die kommunalen Politker ihre Positionen aufgegeben haben? Mitnichten! Hat es dazu geführt, dass die Presse die Berichterstattung darüber eingestellt bzw. verstärkt auf das Begehren des Fachministers ausgerichtet hat? Mitnichten? Im Gegenteil, die Rhetorik wird teilweise immer rauher und diskriminierender und die Aussage Scheuers ist den Redakteuren höchsens einen Nebensatz wert. Insofern ist bei derartigen Aussagen höchste Vorsicht geboten.

Screenshot Info Saarland e.V. auf der Page des Moto e.V. IG:

Wir müssen echt aufpassen, was wir wie deuten, denn die Sprache der Politiker ist darauf ausgerichtet vieles zu verklären. Das Wort „Fahrverbote“ wird von denen völlig anders gedeutet, als von den meisten Motorradfahrern. Während Fahrverbote und Streckensperrungen für viele Biker ein und dasselbe sind, wird auf der politischen Ebene ein substantieller Unterschied gemacht. Persönlich gehe ich ohnehin davon aus, dass es den Kommunen und Gemeinden viel wichtiger ist, den rechtlichen Rahmen des § 45 STVO ausweiten zu lassen, um zukünftig im Klagefall mehr Rechtssicherheit zu erhalten. Derzeit verlieren die nämlich oftmals das Klageverfahren gegen Streckensperrungen.

Faktisch spielt es ohnehin keine Rolle. Ob es nun Fahrverbot oder Streckensperrung heißt, wo nicht gefahren werden darf findet kein Verkehr durch Motorradfahrer statt. Jeder sollte daher anfangen, hier selber die verschiedenen Aspekte mehr zu differenzieren, sonst jubeln am Ende alle über den Erfolg der Proteste, während im ganzen Land 100 neue Verkehrsschilder aufgestellt wurden. Und für diese Maßnahme braucht es weder die bundesregierung noch Brüssel. Das entscheiden die Kommunen und Gemeinden eigenständig und deren Lobby scheint zu wachsen. Also mal nicht zu früh freuen und keinesfalls locker lassen.

Übrigens, im aktuellen Steel Horses Magazin ist ein Interview mit dem MdB Herrmann, dem Verkehrsminister aus Baden-Würtemberg, abgedruckt, der darin u.a. feststellt, dass neben spezifischen Motorradlärm auch teilweise die bloße Dichte an Motorradfahrern einfach zu hoch sei. Da fällt mir glatt der Spruch „Heute wir, morgen ihr“ ein. My 5 cents!

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.