Das Verbot des HAMC Berlin Central!

Persönliche Gedanken dazu!

Der Berliner Senat hat nunmehr auch den HAMC Berlin Central sowie die Gruppe MP 81 Berlin Central nach Vereinsrecht aufgelöst und ihnen jegliche Aktivitäten untersagt. Diese Maßnahme kam keineswegs überraschend, im Gegenteil, ich hatte sie schon vor Jahren erwartet. Schlagwörter wie „Soda Club“, „Wettbüro-Mord“ sowie „Kadir Padir“ sind allen geläufig, die das Charter über die vergangene Jahre beobachtet haben. Die Angeklagten im „Wettbüro-Prozess“ sitzen mehrheitlich seit Jahren im Knast. Die Nummer scheint eindeutig zu sein.

Mich ereilte die Nachricht kurz bevor ich mit dem Presi des HAMC Altmark telefonierte, der mich zur Norddeutschen Präsidentenversammlung einlud und mich fragte, ob ich mich zum Aspekt Insignienverbot auf der Versammlung würde äußern können. Das war bevor die Nachrichtenticker heiß liefen. Die Info aus Berlin wirkte darauf natürlich wie ein Booster.

Dünne Faktenlage!

Etliche fühlen sich nun sicherlich in ihrem Glauben bestätigt, dass das Verbot für den HAMC Berlin Central letztlich nur eine weitere Bestätigung dafür ist, dass die sogenannten OMCG’s ein Tummelplatz für kriminelle Protagonisten in Kutte sind und ich gebe zu, das es wahrlich nicht immer einfach ist, einem solchen Gedanken zu widerstehen. Doch das müssen wir. Denn letztlich wirkt das Verbot zwar schwer, darf aber keineswegs darüber hinwegtäuschen, dass die Erkenntnislage in Punkto Rockerkriminalität äußerst dünn und m. E. eine Verallgmeinerung keineswegs rechtfertigt ist.

Diese These wird durch eine Studie des Kriminologischens Instituts Hannovers (KfN) recht deutlich untersützt. Das Institut stellte nämlich fest, dass es in Deutschland so gut wie keine empirischen Daten gibt, die das mediale Bild über das Deliktfeld Ok im Kontext zu Mitgliedern von OMCG’s bekräftigt. Im Wesentlichen ist es daher das medial erzeugte Bedrohungszenario in Kombination mit Aussagen aus Politik und Behörden, welches tief in die bürgerliche Mitte greift. Von einer sachlich fundierten Berichterstattung kann dabei jedoch nur in seltenen Fällen die Rede sei.

Auch die BKA-Lagebilder sind nicht dazu geeignet die fortwährende Rhetorik zu unterstützen. In 2021 entfallen im Deliktfeld Organisierte Kriminalität (OK) gerade einmal 3,2 % der Verfahren auf Mitglieder von OMCG’s. In 2018 waren es zum Vergleich 3,9%. Sind das wirklich die fundierten Erkentnisse, die es rechtfertigen, sämtliche Mitglieder unter Generalverdacht zu stellen? Nun, eine unverrückbare und dominante Faktenlage sieht für mich anders aus.

Vorfälle vs. Berichterstattung!

Ich will überhaupt nicht leugnen, das es in der Rockerszene zu gravierenden Vorfällen kommmt, der HAMC Berlin Central hat den Behörden ja nun wahrlich einige Steilvorlagen gegeben, wir dürfen aber niemals vergessen, dass etliche mediale Vorverurteilungen im Rahmen der Rockerberichterstattung im Nachhinein absolut revidiert werden müssten, auch wenn die Verlage dieses niemals öffentlich einräumen würden, da sie damit ihre Glaubwürdigkeit der Berichterstattung in Frage stellen. Der Pressekodex hin zu einer ausgewogenen Recherche spielt hier ohnehin kaum eine Rolle mehr. Es zählt nur die Headline!

Daher werden die Storys bildgewaltig aneinandergereiht und erzeugen über eine Art Flatrate unweigerlich ein Bild, welches alle Mitglieder von OMCG’s unter Generalverdacht stellt. Dieses wäre in anderen Bereichen, zum Beispiel der Wirtschaft, absolut undenkbar und leider muss man an dieser Stelle feststellen, dass die Rockerszene ein gern genommenes Opfer einer oftmals wenig verifizierten Berichterstattung ist, die den Aspekt der Unschuldsvermutung ausklammert. Daran ändern die bisherigen Clubverbote nichts, denn eine wie vor den Gerichten notwendige Beweisführung muss die Verordnungsbehörde nicht leisten.

Diese Umstände werden mein Thema auf der Norddeutschen Präsidentenversammlung sein. Natürlich mache ich mir keine Illusionen, denn egal wie fundiert ich dabei antrete, ich kann am Ende froh darüber sein, wenn ich einige Szenegänger dazu ermutige, sich nicht nur mit den Bad Boy Storys der Publikumsmedien zu beschäftigen, um am Lagerfeuer auf Basis dieser Storys den Rockerexperten zu mimen. Der Konsum von Formaten wie „Im Verhör“ von Spiegel TV Online und ähnlich gelagerten Plattformen kommt bei Popcorn und Kola ja auch viel fluffiger rüber, als eine aufwendige Eigenrecherche.

All das kann allerdings auch nicht darüber hinwegtäuschen, das es den betroffnenen Clubs bisher offensichtlich noch nicht gelungen ist, um durch interne Prozesse dafür zu sorgen, dass man nur die Mitglieder aufnimmt, die nachhaltig unter Beweis stellen, dass es ihnen um das gemeinsame Erleben einer Bruderschaft mit all seinen positiven Facetten und nicht um die Durchsetzung persönlicher Interessen geht. Das Image des taffen und stabilen Bruders sollte nicht auf Crime aufgebaut sein.

Gedankenspiel!

Ich habe vor Jahren mal den Vorschlag unterbeitet, dass die Szene eine Art Council bildet, um sich fundiert mit der Medienberichterstattung auseinander zu setzen und diese nachhaltig hinterfragt. Leider fand ich kein Gehör. Und so bleibe ich halt auf Solopfaden unterwegs und versuche wenigstens hier und dort einen anderen Blickwinklel aufzuzeigen. So eben auch am 29.10.2022 auf der Norddeutschen Präsidentenversammlung. Ob es klappt, wird man sehen.

Berichte:

https://www.bz-berlin.de/berlin/berlin-verbietet-hells-angels-gruppe-berlin-central

https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/hells-angels-verbot-sek-razzia-berlin-sachsen-anhalt-100.html

Studie KfN: https://kfn.de/wp-content/uploads/Forschungsberichte/FB_166.pdf

BKA-Lagebild 2021: https://bit.ly/3E2CWez

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.