Trends: Fratzenbuch vs. Real Life!

Früher war alles anders?

Mit dem Einzug des Internets und insbesondere der sozialen Medien hat sich vieles verändert. Das gilt auch für die Bikerszene. Während wir in der Jugend mit dem Mofa um die Häuser ballerten, auf Baustellen mit Steinen die Fenster eingeworfen haben, im Tante Emma laden die Bonbons klauten, und mit den Mädels in dunklen Kellerlöchern das Fingerspiel übten, läuft heute nichts mehr ohne das Netz.

Als Herausgeber eines Onlinemagazins will ich mich nicht darüber beschweren, wenn heutzutage vieles anscheinend nur noch über das Netz kommuniziert wird. Es gibt jedoch Bereiche, die würde ich never ever dem Internet überlassen, weil es ausschließlich die aktive Szene angeht und bestimmte Aspekte ohnehin schon alleine durch ihren Status zu Spekulationen anheizen.

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Was denn bitte?

Nehmen wir zum Beispiel das Bad Standing, ergo den Rauswurf eines Members im Unguten aus einem MC, oder ein Patchover, also den Übertritt eines Clubs zu einem anderen Club. Beide Bereiche gehen nur die aktive Szene etwas an, denn nur für diese ist eine derartige Information wichtig. Was soll der Sons of Anarchy Fan im Fratzenbuch mit der News anfangen, wenn ein Member gehen musste. Wieso muss es der szeneneutrale 62er wissen, wenn Club A zu Club B wechselt?

Wer unterwegs ist, wird es ohnehin beim nächsten Open House oder auf auf einer Jahresparty erfahren. So etwas spricht sich schnell herum. Im Netz allerdings heizt es nur zu völlig unnötigen Spekulationen an. Das Argument, dass man es hier schneller verbreiten kann, ist für mich Schwachsinn, denn so verbreitet man ja auch die Fehlinterpretationen und blöden Kommentare.

Real Life!

Die Clubs im eigenen Kiez sind bekannt. Die Presis kennen sich und haben in der Regel die Kontaktmnummern der anderen Fürhungsmember. Wenn etwas brennt, dann ruft man sich an und trifft sich. Wer aber ausschließlich das Netz bedient, der beabsichtigt etwas oder er ist ganz einfach nur unerfahren. Ob man die Bikers News mag oder nicht, sie wird ja gerne als Biker Bravo betitelt, Neugründungen, Rauswürde oder andere für die Szene relevante Aspekte sollten als erstes, wenn überhaupt, dort drinstehen.

Der neue Checkpoint der Rocker scheint aber das Fratzenbuch zu sein. Die Bad News werden hoch und runter gejagd. Es zählt letztlich nur noch, wer die Nachricht, egal ob stimmend oder nicht, als erstes verbreitet. Habt ihr euch eigentlich schon eimnmal die Frage gestellt, ob das alles unbeobachtet bleibt? Nö? Dannn würde ich das mal tun. Big Brother is watching you! Und der definiert und wertet das alles ganz anders. Gelle?

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Gepose!

Der permanente Drang nach visueller Aufmerksamkeit bescherrte manchem MC denn auch mal schnell den Status eines reinen Internetclubs. Und tatsächlich findet man bei einigen Fraktionen nur Fotos der eigenen Leute, meistens aufgereiht wie Pappkameraden im Spalier vor einem Denkmal oder vor irgendeiner anderen Kulisse. Da wundert man sich schon beinahe, wenn die auch noch Motorräder und ein Clubhaus besitzen.

Fragt man in der jeweiligen Region nach, ob die Kollegen denn auch mal auf den Partys der anderen Clubs regelmäßig zu sehen sind, so ist die Antwort in der Regel abschlägig. Im Internet sind sie aber ganz rege und lassen keine Gelegenheit aus, sich bestmöglich zu positionieren. Kürzlich entdeckte ich doch tatsächlich bei einem MC in den Bildern kleine Button mit dem Zusatz „Premium Qualität – Made in Germany“. Alter, was haben die bloß für Pilze gefressen.

Ob ein MC in der Szene einen guten Ruf genießt oder nicht, entscheidet man doch nicht selber. So verhalten sich nur Wannebees. Diese sind es dann auch, die im Netz die verbalen Handgrananten verteilen, anstatt die Sachen so zu klären, wie es schon immer geklärt wurde, nämlich Auge in Auge, vor allem diskret.

Das Netz ist Fluch und Segen zugleich. Als Kommunikationsplattform bei richtiger Handhabung gut für die Partywerbung und allgemein zugänglichen Belange. Ansonsten geht es da draußen niemanden etwas an, mit wem ich gerade Stress oder ob ich einem anderen MC beigetreten bin.

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.