Hells Angels und Bandidos reichen Verfassungsbeschwerde ein!

Nachdem das Chapter des Gremium MC Konstanz bereits im September 2017 seine Beschwerde gegen das verschärfte Vereingesetz eingereicht hatte, war lange Zeit Ruhe im Karton. Doch nun haben auch die beiden ebenfalls von dem Insignienverbot betroffenen Ortsgruppen, der Hells Angels MC Suttgart sowie der Bandidos MC Gelsenkirchen, die juristischen Vorbereitungen für eine Verfassungsbeschwerde abgeschlossen und werden diese in einem symbolischen Akt gemeinsam vor das BGH in Karlsruhe tragen.

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Zur Begründung heißt es in der Pressemitteilung:

„Seit dem 16.03.2017 gilt das neue Vereinsgesetz, das ein auf Rockervereine abzielendes erweitertes Kennzeichenverbot enthält. Diesen Vereinen und ihren Mitgliedern wird es auf der Grundlage der Neuregelung untersagt, ihre Kennzeichen (bspw. „Fat Mexican“ und „Death Head“) in der Öffentlichkeit zu zeigen. Die neue Rechtslage wird seitens der Polizeibehörden exzessiv angewandt, was dazu führt, dass auch seitens der Rockervereine verwendete Schriftarten (in Berlin) und Farbkombinationen (in Bayern) als verboten gelten. Unter dem Vorwand, einen Beitrag zur Stärkung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung leisten zu wollen, werden mithin ganz überwiegend rechtstreue Mitglieder verfassungsrechtlich geschützter Vereine kriminalisiert und stigmatisiert.

Regionale Vereine, die den Bewegungen der Hells Angels und Bandidos angehören, werden Verfassungsbeschwerden einbringen. Dazu Lutz Schelhorn vom Hells Angels MC Stuttgart: „Gemeinsam mit dem Bandidos MC wenden wir uns gegen eine Verfolgungsstrategie, die mit dem gegenwärtigen Kennzeichenverbot ihren Höhepunkt findet. Für Sippenhaft, Diskriminierung und Willkür darf im Rechtsstaat kein Platz sein.“

Die Verfassungsbeschwerden, die von Frau Prof. Dr. Kathrin Groh (für den Bandidos MC Gelsenkirchen) und Herrn Prof. Dr. Sönke Gerhold (für den Hells Angels MC Stuttgart) verfasst wurden, berufen sich unter anderem auf einen verfassungsrechtlich nicht vorgesehenen und überdies völlig unverhältnismäßigen Eingriff in die Vereinigungsfreiheit der betroffenen Vereine und Mitglieder (Art. 9 Abs. 1 GG), denen identitätsstiftende Symbole (sozusagen die „Markenzeichen“) ohne rechtsstaatliche Legitimation genommen werden. Sie stützen sich hierbei auch auf die jüngere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der festgestellt hat, dass es unter Berücksichtigung der Meinungs- und Handlungsfreiheit unzulässig ist, wenn Vereinen, die mit kriminellen Aktivitäten in keinem Zusammenhang stehen, ihre Symbole genommen werden (BGH, Urt. v. 09.07.2015 – 3 StR 33/15).

Wie wird das BGH nach Zulassung der Klagen entscheiden?

Falls sich jemand die Frage stellt, warum es die Ortsverbände sind, die Klage einreichen, und nicht der gesamte MC, so ist die Antwort recht simpel. Die Clubs werden nicht zentral gelenkt, jeder Ortsverband (Chapter/Charter) handelt eigenverantwortlich. Von daher ist die Vorgehensweise logisch. Und sie markiert bereits einen klaren Kritikpunkt an der Verschärfung des Vereinsrechtes, denn der Staat manifestiert u. a. seine Begründung auf Basis der Behauptung, dass der gesamte MC als kriminell einzustufen ist, was für die beiden Kläger ganz sicher nicht zutrifft.

Insofern ist die massive Kritik der beiden in der Presseinformation benannten Staatsrechtler nur allzu gut nachvollziehbar. Auch weitere Rechtsexperten haben das Insignienverbot klar verurteilt und es als verfassungswidrig eingestuft. Die einzigen die das verschärfte Gesetz nachhaltig begrüßen, sind die Politik und die Polizei. Und hier darf ganz klar eine Symobpolitik unterstellt werden, die allerdings auch nach meiner heutigen Einschätzung auf extrem wackeligen Beinen steht.

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Und nun?

Zunächst einmal wird der BGH zu prüfen haben, ob die Klage überhaupt zugelassen wird. Eine Abweisung der Klage ist nicht zu erwarten, es ei denn, von vorneherein steht fest, dass die Klage keine Aussicht auf Erfolg hat und/oder es wurden formaljuristische Fehler gemacht. Beide Aspkete dürften hier an sich ausgeschlossen werden.

Mit einem schnellen Verfahren ist allerdings nicht zu rechnen. Das BGH handelt nicht im Eilverfahren. Nachvollziehbar, es ist die höchste Instanz, die Urteile des BGH haben Gesetzescharakter. Ein Erfolg vor dem Kadi in Karlsuhe würde unmittelbar dazu führen, das die Gesetzesverschärfung aus dem März 2017 als nichtig anzusehen ist. Sie wäre damit verfassungswidrig. Ich gehe davon aus, dass dieses auch so vor dem BGH festgestellt wird. Jedenfalls finde ich in der Abwägung aller Argumente keine schlüssige Begründung, warum das Gesetz Bestand haben könnte.

Ich wünsche den Clubs ein erfolgreiches Verfahren. Hier das Statement der Staatsrechtler in der Anhörung im Innenausschuss des Deutschen Bundestages!

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.