Kontroverses: Berlin ist Europas Hotspot für Tötungsdelikte!

Ist das wirklich so?

In seinem heutigen Artikel weist die Berliner Zeitung auf die Kritik von Journalist Tobias Wilke an einer Studie des DIW-Istituts hin, wonach mit Bezug auf die Polizeistatistik 2016 in unserer Hauptstadt in Europa die mit Abstand meisten Tötungsdelikte verübt werden. Mit einem Wert von 4,4 liegt Berlin damit klar auf dem letzten Platz. Allerdings, und das ist der Knackpunkt, wurden von dem Institut sämtliche Zahlen übernommen, die von der Polizei in der eigenen Statistik für das Jahr 2016 benannt wurden, also auch diejenigen, die nichts mit Mord und Todschlag zu tun haben, wie zum Beispiel die Tötung auf Verlangen oder die fahrlässige Körperverletzung mit Todesfolge. Kaum ist das Teil veröffentlicht, haut die AfD voll in die Kerbe und verbreitet ein düsteres Bild für Berlin.

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Merkwürdige Zahlenspiele?

In der Tat, denn das Institut, welches von der Regierung stets mit hohen Fördermitteln finanziell unterstützt wird, bezieht sich damit auf Zahlen, die reinweg aus polizeilicher Sicht relevant sind, wissenschaftlich betrachtet m. E. völlig ungenügend sind. Aus dem Artikel geht hervor, dass in Punkto Mord und Toschlag der Wert in Berlin mit verübten und vollendeten Taten lediglich bei dem Faktor 1,0 liegt, das Institut aber durch die pauschale und undifferenzierte Übernahme von 167 völlig unterschiedlichen Deliktarten den Faktor 4.4 erreicht.

Eine Unterscheidung ist allerdings unerlässlich. Denn Taten wie Mord oder Todschlag setzen einen Vorsatz voraus, eine fahrlässige Körperverletzung nicht. Nur den reinen Zahlenwert zu übernehmen ist daher wissenschaftlich betrachtet hochgradig zweifelhaft und es stellt sich die Frage nach der Motivation. Immerhin bedeutet dieser Wert, dass die Lebensqualität in Berlin in Europa polizeilich betrachtet am schlechtesten ist. Das führt unweigerlich zu Schlussfolgerungen, die das polizeiliche Handeln beeinflussen.

Damit wir uns nicht falsch verstehen, ich will den Hotspot Berlin nicht schön reden. Ja, es gibt dort zum Beispiel durch einzelne Mitglieder von Familienclans und einzelne Mitglieder von Rockerclubs verübte Straftaten, auch gravierende, allerdings wird mit einem deratigen Wert ein Bild gezeichnet, wonach in Berlin ein hoher polizeilicher, damit also auch staatlicher Handlungsbedarf besteht. Und da sind wir doch beim entscheidenden Punkt.  Warum wird ein so düsteres Bild gezeichnet, obwohl bei differenzierter Bewertung von Delikten sich ein weitaus niedriger Wert ergibt, der Berlin in der Außenwirkung deutlich positiver bewerten würde, als zum Beispiel Paris, London oder Madrid. Immerhin weist die Kriminalstatisitk aus, dass mit 92 Fallen bei Mord und Todschlag in 2016 der niedrigste Wert im 10-Jahresvergeich erreicht wurde.

Screenshot Seite Tobias Wilke: Meines Erachtens reichlich voreilig, was hier dargestellt wird.

Straftaten gegen das Leben!

Ob jemand bei einem Verkehsunfall, durch eine fahrlässige Tötung mit Todesfolge oder durch Mord getötet wird, spielt für den polizeilichen Begriff „Tötung gegen das Leben“ keinerlei Rolle. Zahlentechnisch soweit ok. Wenn man allerdings eine solche Studie zum Anlass nimmt festzustellen, dass für eine Stadt ein erhöhter Handlungsbedarf besteht und man mit allen Kräften gegen bestimmte Personengruppen vorgehen müsse, dazu zählen definitiv MC’s, dann sieht die Nummer ganz anders aus. Was macht die Politik? Reflexartig wird das Thema genutzt, um eigene Positionen zu untermauern, siehe den Post der AfD.

Screenshot Polizeistatisitk: Mit 92 Fällen wurde bei Mord und Todschlag in 2016 der niedrigste Wert im 10-Jahres-Vergleich erreicht.

Clans und Rocker werden immer wieder benannt, auch in dem Artikel der Berliner Zeitung. In der Öffentlichkeit wird so der Eindruck erweckt, dass diese Gruppen maßgeblich für das Dilemma verantwortlich sind. Entsprechend rüstet der Staat auf und versucht immer wieder die Instrumente zu verschärfen. Der Kernbereich ist dann die sogenannte Organisierte Kriminalität (OK). In der Außenwirkung, an dieser Stelle spielt die Presse eine entscheidende Rolle, entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck dass insbesondere u. a. Rocker in diesem Kriminalitätsfeld absolut dominant sind.

Falsch, denn in keiner einzigen Gesamtstatistik des BKA fällt der Anteil an Verfahren gegen Mitglieder von MC’s im Zusammenhang mit der OK in den letzten zum Bespiel 10 Jahren höher als 4% aus, nachzulesen auf der Homepage des BkA. Allerdings nicht auf Bais von Verurteilungen, sondern auf Basis von Ermittlungen. Ob vor Gericht die Anklage so denn auch bewiesen werden konnte, steht auf einem völlig anderen Blatt. Und das gilt selbstverständlich dann auch für die Studie des DIW-Instituts, da diese ja in keinster Weise differenziert und einfach alles in einen Topf geworfen hat.

Screenshot Kriminalstatistik 2016 Berlin:

Fazit!

Von einer Studie erwarte ich, dass sie sehr sensibel, faktisch klar und differenziert vergleicht. Stattdessen hat das DIW-Institut vermeintlich alles in einen Topf gworfen. Und an dieser Stelle darf dann mal der Berliner Bürger für sich selbst beurteilen, ob es für ihn ok ist, wenn seine Stadt so beschissen dargestellt wird, wie es das Gutachten vermuten läst und ob es für ihn ok ist, wenn eine fahrlässige Tötung mit einem mit Vorsatz verübten Mord in Einklang gebracht wird. Das sollte dann auch die AfD so sehen und sich vor Veröffentlichung von Untergangspost mal selber das Zahlenwerk anschauen, bevor man derartig Stimmung macht.

Ich bin kein Jornalist, daher ersetzen meine Ausführungen und Bewertungen nicht die eigene Recherche. Verschafft euch bitte selber ein Bild. Ich möchte nur erreichen, dass ihr sensibler werdet und die Aspekte kritischer hinterfragt. Den markanten Rückgang bei Mord und Todschlag laut Berliner Kriminalstatisitk 2016 werte ich jedenfalls so, dass es in Berlin so scheiße ja nicht sein kann, wie das Bild, welches vom DIW-Institut mit der Studie gezeichnet wird. Frage? Wem nützt das jetzt?

Hier der Link zum Artikel der Berliner Zeitung zwecks Abgleich: https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/kritik-an-diw-studie-zu-hoher-mordrate-in-berlin-li.4337

Polizeiliche Kriminalitätsstatiskik Berlin: https://www.berlin.de/polizei/verschiedenes/polizeiliche-kriminalstatistik/

Hier der Link zum Journalisten Tobias Wilke mit weitergehend Information (nicht verifiziert): https://twitter.com/wilke_tobias

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.