Stigmatisierung: No Bundeswehr, da der Vater in einem MC Mitglied ist!?

Wie war das noch mit dem Individualitätsgrundsatz?

Ich habe Schwung 1%er, Vice-President des Freeway Riders MC Essen, vor einigen Jahren auf dem Motorcycle Jamboree kennen gelernt. Der Veranstalter hatte ihn als Co-Moderator gebucht und mir gefiel auf Anhieb sein lockeres Mundwerk. Typisch Pott, frech und geradaus. Wir lernten uns jedenfalls direkt näher kennen.

Schwung 1%er ist an sich immer gut drauf. Nun, als singender Partybiker sollte das auch so sein.

Da ich zu ihm sofort eine Antenne hatte, lud ich ihn ein, mit mir gemeinsam die Fun-Highland-Games zu moderieren, die jedes Jahr am Samstag nach den Biker Games stattfinden. Man, das war eine Gaudi und Schwung stellte fest, hey, der Fischkopf ist irgendwie genauso bedeppert wie ich. Nur anders! Seitdem freuen wir uns jedes Mal, wenn wir uns über den Weg laufen. Jo, ich mag den Macker!

Nun stellte ich durch einen Videobeitrag von Schwung sogar fest, dass wir neben der großen Klappe noch etwas anderes gemeinsam haben, nur unter eher negativen Aspekten. Bevor mein Sohn Leon mit 12 Jahren zu mir kam, musste ich mich mit dem Jugendamt u. a. wegen meiner MC-Migliedschaft auseinander setzen. Es ging um die Frage, ob ich geeignet bin die Bürde der Verantwortung als alleinerziehender Vater zu übernehmen. Ich habe es durchgeboxt und mein Bengel ist ein super Typ geworden.

Was nun jedoch Schwungs Sohn wiederfährt, sorry, aber da sehe ich keine Aussicht auf Erfolg. Denn gegen das Jugendamt mit guten Argumenten zu kämpfen ist das eine, gegen die Bundeswehr wird es vermutlich eher der Kampf David gegen Goliath. Lassen wir Schwungs Sohn Justin Marlon mal kurz vorab darlegen, worum überhaupt es geht.

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„Nabend Herr Petersen,

ich bin zur Zeit in einem Instandsetzungs Zug des 1. Jäger Bataillons tätig und wir sind für die Instandsetzung unserer Bundeswehr-Fahrzeuge zuständig. Bei der Bundeswehr durchläuft jeder Soldat eine allgemeinen Sicherheitsüberprüfung (kurz gefasst SÜ1), wo der Familien- und enger Freundeskreis genauer durchgecheckt wird. Diese Sicherheitsüberprüfung habe ich nicht bestanden und als Begründung hat mir die Bundeswehr geschrieben „aus dem Grund, dass der Vater Vize-Präsident in einem namenhaften Motorrad-Club ist.“

Ich hatte meine komplette Zukunft auf die Bundeswehr ausgelegt, doch die Bundeswehr lässt mich jetzt aus diesem Grund nicht mehr dabei bleiben bzw. meine Dienstzeit verlängern. Was ich sehr schade finde, denn schon zum Zeitpunkt meiner Geburt war mein Vater mit seinem MC beständig aktiv und ich bin damit aufgewachsen. Deshalb weiß ich auch was Kameradschaft und Loyalität bedeutet und das hatte ich mir beim Bund auch erhofft.

Ich hatte vor ein einigen Monaten ein Gespräch mit dem MAD (Militärischer Abschirm Dienst) Die sind für die Sicherheitsüberprüfung der Bundeswehr zuständig. Dieses Gespräch dauerte zirka zwei Stunden und über die Hälfte der Zeit haben die mich nur über den MC von meinem Vater ausgefragt, auch über die 1%er Geschichte. Als mein Vater mich einmal an der Kaserne besuchen trug er seine Kutte. Daraufhin sprach mich mein Vorgesetzer an, meinte, dass dieses unakzeptabel sei, wenn mein Vater mit seiner Kutte zu meiner Kaserne kommt, was ich als völlig absurd empfinde.

Selbstverständlich gehen wir dagegen vor, denn ich bin nicht verantwortlich für Dinge die mein Vater in seiner Jugend und in seinem Leben getan hat. Ich bin ein eigenständiger Mensch und möchte auch so wahrgenommen werden. Ich kann es einfach nicht verstehen, dass ich für das Leben meines Vaters in Sippenhaft genommen werde und ich bin maßlos enttäuscht, dass die Bundeswehr so agiert. HInzu kommt noch, dass ich in keinster Weise vorbestraft bin oder jemals etwas mit der Polizei zu tun hatte, denn mein Vater hat stets versucht mich von der Straße fernzuhalten.

Sie kennen mein Vater, in seinem Schatten als Sohn zu leben ist sehr schwierig, aber wir haben immer alles zusammen als Familie gemeistert bekommen. Im Großen und Ganzen hoffe ich einfach, dass ich mit diesem Vorgehen Erfolg habe und dass die Bundeswehr für solche Aussagen zur Rechenschaft gezogen wird. Dies betrifft ja auch ggf. die Söhne anderer Eltern, die wegen sowas diskriminiert werden.

Mit freundlichen Grüßen

Justin Marlon Schwung

PS: Ich bleibe meines Vaters Sohn, egal wie das jetzt endet.“ 

Das Schreiben des Kompaniechefs geht gezielt und gleich am Anfang auf die MC-Mitgliedschaft ein! Der Rest ist m. E. Füllmenge!

Und was sagt Schwung 1%er dazu?

„Hey Lars,
ich bin geschockt auf die Aussage hin, dass man meinen Sohn für mein Leben verantwortlich macht. Rocker gleich eine Gefahr für das gesellschaftliche Leben? Ich habe auch gedient, und das mit Herz! Kameradschaft und Loyalität prägten schon im frühen Kindesalter mein Leben. Seit mehr als 30 Jahren gehöre der Clubszene an und erlebe nun direkt wie jetzt hier Sippenhaft bei meinem Sohn angewandt wird. Es geht auch um alle diejenigen, die selbst Söhne oder Töchter haben. Wo kommen wir hin, wenn unsere Kinder nicht mehr ihre Träume verwirklichen können, weil ihre Väter im MC sind. Ich werde dagegen angehen und versuchen das öffentlich zu machen. Ich bin auf jeden Fall auf der Seite meines Jungen!. LG Schwungi“ (Ende Statement Schwung 1%er)

Meine Meinung dazu!

Das man aktive MC-Member staatlicherseits ausschließt, ist nicht neu. Das gab es im Vorfeld zum Beispiel schon bei der Feuer- und auch bei der Bundeswehr. Aber das man jetzt die Kinder von MC-Membern in die Sippenhaftung nimmt, das ist eine neue Qualität. Insbesondere unter dem Aspekt, das man dieses auch noch schriftlich niedergelegt hat. Bisher konnte man die Motivation eher nur erahnen, nun wird es quasi offen dargelegt und als faktische Begründung mit der Post als Anlage zugesandt.

Wir sind somit an dem Punkt angekommen, wo der Staat sich gar nicht mehr die Mühe macht, dieses zu verschleiern, sondern Angehörige offen deshalb ausgrenzt werden, weil die Väter Patchholder sind. Selbst durch die Brille der sicherheitsrelevaten Erfordernisse einer Bundeswehr betrachtet, kriege ich bei sowas regelmäßig das Kotzen. Denn nach wie vor darf nur ein individuelles strafbares Handeln neben der allgemeinen Ungeeignetheit ein Versagungsgrund sein, um einem Bewerber die Eignung und Befähigung zu untersagen. Ein bloßes Zuspätkommen wird kaum der Versagungsgrund sein.

Auch wenn wir schon lange wissen, dass man in den verschiedenen Behörden und staatlichen Institutionen Dienstanweisungen hinsichtlich des Kontaktes zu MC-Mitgliedern herausgegeben hat, die einen Kontakt gleich welcher Art verbieten, so ist es etwas völlig anderes, ob sich dieses gegen die MC-Mitglieder oder gegen deren Angehörige richtet. Mir geht es am Arsch vorbei, ob die mit mir keinen Kontakt haben möchten, aber was bitte hat das mit unseren Kindern zu tun? Überrascht bin ich keinesfalls, ich habe längst damit gerechnet, dass der Staat sein Denkmuster in diese Richtung weiter entwicklet. Die große Frage ist, ob es Automatismen gibt und ob die Mitgliedschaft des Vaters entscheidend für den Ausschluss war bzw. ist. War er entscheidend, so interessiert mich brennend das Warum.

Was kommt als nächstes?

Werden unsere Ehefrauen in Zukunft entlassen? Gibt es demnächst Verhaltensgebote für Betriebe, wonach Mitglieder von MC’s möglichst nicht beschäftigt werden sollen, in den Firmen anrufen tun sie ja längst, dürfen die Kids noch in Vereinen Sport treiben? Leute, denkt jetzt mal nicht, es geht ja nur um einen Job, nee, es geht um weitaus mehr. Jede Form der Stigmatisierung ist ein Prozess, der fortwährend Veränderungen unterworfen ist, Veränderungen, die mit der Zeit immer drastischer werden.

Während ich hier sitze und den Bericht schreibe, merke ich, wie mir die Halsschlagader anschwillt. Was Schwung da wiederfährt, und ich kann mich sehr gut in die Gefühle eines Vaters hinein versetzen, der erleben muss, dass sein Kind vor die Wand fährt, weil man eben der ist, der man ist, genau das ist ein Grund mehr, dass man sich ernsthaft darüber Gedanken macht, ob es nicht wirklich wichtige Aspekte gibt, für die wir als Szene gemeinsam eintreten sollten, egal was wir auf dem Rücken tragen. Wenn schon nicht für uns, dann für die eigene Familie. Botschaft angekommen?

Hinweis: Bis dato war mir ein Fall, wo die Kinder von Membern in vergleichbarer Situation betroffen sind, nicht bekannt. Die bishrige Recherche ergab jedoch, dass Justin Marlon offensichtlich kein Eizelfall ist! Anscheinend aber gilt das nur für Onepercenter. Das mir aber jetzt ja keiner mit der Nummer kommt, das man damit rechnen muss, wenn man sich einem 1%er-Club anschließt!!!!! Nee, das muss man eben nicht!

Hier das Video von Schwung 1%er zur Sache selbst!

Publiée par Frank Schwung sur Dimanche 3 mai 2020

„Wir tragen nicht die Schuld früherer Generationen.

Jeder, der verwerfliches tut, der soll büßen, aber der Sohn soll die Schuld seines Vaters nicht mittragen müssen, doch auch der Vater nicht die Schuld seines Sohnes!“ (abgewandelt aus Hesekiel 18/20)

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.