Szenegesichter: Steven vom Moto e.V.!

Viele der Protagonisten, die sich bereits in der Vergangenheit stark in die Proteste gegen das temporäre Fahrverbot sowie neuerliche Streckensperrungen eingebracht haben, sind in der breiten Öffentlichkeit kaum bekannt. Das liegt bei dem einen oder anderen sicherlich daran, dass er oder sie gar nicht so sehr im Fokus stehen möchte, sich lieber vollends auf die Substanzarbeit fokussiert und damit dem Vereinszweck eine konkrete inhaltliche Basis verschafft. Zu diesen Leuten gehört m. E. Steven Hedtheyer vom Motov e.V.. den ich 2021 im Rahmen eines Videochats mit Leuten aus dem Verein näher kennenlernte und dessen Aussagen mich seinerzeit durchaus überzeugten.

Steven engagiert sich neben seiner Arbeit für den Moto e.V. ebenfalls in der Kampagne Hochschalten – Dialog statt Verbot, in der sich etliche Vereine zusammengeschlossen haben, um die Anliegen der meisten Motorradfahrer einfach viel stärker zu bündeln und sichtbar zu machen. Es war Zeit Steven mal näher vorzustellen. Ab in das Interview!

Heute präsentiere ich euch Steven vom Moto e.V..

Das Interview!

1. Steven, seit wann fährst Du Karre und welches Bike hast du aktuell unterm Hintern?

Hallo Lars und vielen Dank für die Möglichkeit, mich vorzustellen und über unsere Kampagne zu berichten. Schon immer war ich fasziniert von Motorrädern und spätestens als ich Rossi auf der Aprilia RS125 zur Weltmeisterschaft fahren sah, gab es für mich nichts Größeres. Also habe ich direkt – als ich durfte – den Führerschein gemacht und mir 2001 den Traum der eigenen RS125 erfüllt. Heute ist es eine Yamaha YZF R6, die ich immer noch wie am ersten Tag liebe.

2. Was waren denn bisher so die coolsten und/oder längsten Touren für dich?

Ich bin ein sehr geselliger Typ und so könnte ich von unzähligen schönen Touren mit Freunden berichten. Am längsten kam es mir vor, quer durch das Sauerland bis in den Harz zu fahren, während der schnittige Sportler mit Zelt und Campinggepäck so sehr beladen war, dass ich nur noch nach vorne gebückt fahren konnte. Dafür hat mich die darauffolgende Woche mit fantastischen Tagestouren und noch cooleren Leuten aber mehr als entschädigt. Aber wenn es um die coolste Tour geht, bleibt Südtirol für mich einfach unschlagbar. Nicht nur die wunderschönen Strecken, sondern einfach auch der atemberaubende Ausblick und die Gastfreundlichkeit haben mich zutiefst beeindruckt.

Steven während einer Rede auf einer Motorrademo. Neben ihm Lars Böhler von Schräglagenfreiheit!

3. Wo trifft man Dich in der Szene an, wenn Du mit dem Hobel unterwegs bist?

Wer im Sauerland unterwegs ist, hat mich bestimmt schon mal an einem der zahlreichen Bikertreffs gesehen. Dank unserer großartigen Motorrad-Community kann man mich aber auch mal in der Eifel, rund um Schotten oder im Harz finden. Eigentlich lasse ich keine Gelegenheit für eine schöne Tour aus und wenn ich dabei auch noch Freunde treffen oder neue Leute kennenlernen kann, umso besser.

4. Welcher Impuls war ausschlaggebend, damit Du Dich in dem Protest gegen Fahrverbote und weitere Streckensperrungen kontinuierlich engagiersen willst?

Ich weiß nicht, ob es für mich einen ausschlaggebenden Impuls gab. Es war eher ein langjähriger Prozess, indem mir mit jedem Verbotsschild und jeder neuen Forderung, uns in unseren Rechten und freier Fahrt einzuschränken, klarer wurde, dass es eine unabdingbare Notwendigkeit ist, sich zu engagieren. Als Admin in der Biker Street Scene (einer offenen Community) macht das Motorradfahren schon lange einen großen Teil meines Lebens aus, den ich um nichts missen möchte und spätestens mit der medialen Hetzjagd und den Verbotsfantasien rund um die Drucksache 125/20 war mir klar, dass ich mich einbringen muss. Im Rahmen der Demonstration am 04.07.20 in Düsseldorf habe ich dann genau die Gleichgesinnten gefunden, mit denen ich mich engagieren möchte. So gründeten wir dann MOTO e.V.

5. Wie bewertest du die aktuelle Situation?

Wir befinden uns mitten in einem Wandel der individuellen Mobilität und das in einer Gesellschaft, in der scheinbar viele kein Verständnis mehr für die Interessen anderer aufbringen. Und genau da setzt unsere Forderung nach Dialog statt Verbot auch an. Ich sehe das als große Herausforderung. Das bedeutet aber, dass auch wir als Biker Verständnis aufbringen müssen. Auf der einen Seite sehen wir uns förmlich einer medialen Hetzjagd gegen Motorräder ausgesetzt, auf der anderen kann ich auch Anwohner verstehen, die von rücksichtslosem Fahrverhalten einiger gestört werden.

Jeder von uns hat es auch in der eigenen rechten Hand, wie er wahrgenommen werden möchte. Die Forderungen nach Fahrverboten sind mir aber zu populistisch und können keine Lösung für einen fairen Interessensausgleich sein. In Bezug auf die Lärmproblematik ist die Wahrnehmung aber auch sehr subjektiv und jeder fühlt sich besonders von dem gestört, was er nicht mag. In genau dieser subjektiven Wahrnehmung sehe ich das größte Problem in der aktuellen Situation. Neben der Wahrung der Bikerinteressen dürfen wir die Probleme der Anwohner nicht falsch einschätzen, müssen uns aber mit Fakten objektiv und entschieden gegen Diffamierung und Verbotsideologien wehren. In der aktuellen Situation müssen wir aber auch feststellen, dass zu wenige Biker, nämlich nur knapp 1%, sich aktiv in Verbänden organisieren und ihre Meinung und ihre Interessen vertreten.

6. Wie läuft es in der Kampagne Hochschalten- Dialog statt Verbot?

Die gemeinsame Kampagne war und ist ein großer Schritt. Die Bereitschaft von allen Beteiligten, an einem Strang zu ziehen und ihre Expertise einzubringen, ist beeindruckend. Dass wir alle von Anfang an auf einen offenen und ehrlichen Austausch auf Augenhöhe gesetzt haben und jeden willkommen geheißen haben, der sich für die Interessen von Motorradfahrenden einsetzt, zahlt sich jetzt aus. Unterschiedliche Ansätze und Ideen sowie Expertise auf unterschiedlichen Gebieten machen uns gemeinsam stärker. Davon profitiert nicht nur jeder für sich, sondern im Endeffekt die gesamte Community. Dieser gute Austausch wird uns wirklich voranbringen.

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7. Mit welchen Argumenten trittst Du den Befürwortern von Fahrverboten entgegen?

Bei jeder Forderung nach Fahrverboten müssen wir differenzieren. Die reine Aufzählung von Argumenten ist für einen fairen Interessensausgleich zu wenig und für die Befürworter nicht überzeugend. Unser Ansatz ist es, stets die jeweilige Situation zu analysieren und faktenbasiert zu handeln. Motorräder sind gleichberechtigte Teilnehmer im Straßenverkehr. Sollte es an bestimmten Strecken oder sogenannten Hotspots zu Problemen kommen, kann eine Sperrung und damit die Sippenhaft aller Motorradfahrenden nie die Lösung sein. Wir stehen für Gebote statt Verbote, für die Ausschöpfung von rechtlichen Mitteln und für den Dialog mit allen Beteiligten.

8. Mit was rechnest du in 2022?

Mit der Neubesetzung des Bundesverkehrsministeriums wird das neue Jahr oder die neue Legislaturperiode sicher sehr spannend für uns. Die Rufe nach Sperrungen werden nicht leiser werden und ich erwarte viel Überzeugungsarbeit und Diskussionen. Für uns als MOTO und auch für die Kampagne Hochschalten – Dialog statt Verbot ist das aber auch eine weitere Chance, uns aktiv einzubringen und mit Expertise Entscheidungen zu begleiten, einen fairen Interessenausgleich zu schaffen und Sperrungen zu verhindern. Den Kontakt zur Politik suchen wir proaktiv und werden als Ansprechpartner auch immer mehr geschätzt. Gemeinsam mit allen Vereinen und Verbänden sehe ich uns gut aufgestellt, würde mir aber mehr Rückhalt durch die gesamte Motorradgemeinde wünschen.

Bei FioR in Berlin war Steven auch am Start!

9. Hast du Beziehungen zur Clubszene?

Meine Beziehungen zur Clubszene beschränken sich auf einzelne Kontakte. Ich bin aber ein sehr aufgeschlossener und offener Mensch ohne Berührungsängste und freue mich über gute Gespräche mit jedem Biker. Dank unseren Mitstreitern in der Kampagne komme ich aber immer häufiger mit dieser Szene in Kontakt.

10. Glaubst du, dass der Protest politisch noch etwas bewegen kann?

Protest ist immer nur ein Widerspruch oder eine Zurückweisung von Forderungen und letztendlich glaube ich, dass Protest allein nie etwas bewegen kann. Nur aktive Beteiligung und Lösungen bringen auch Veränderungen. Mit diesem Ansatz können wir politisch wesentlich mehr erreichen und bewegen. Wir dürfen aber nicht hoffen, dass sich andere für unsere Interessen starkmachen. Es liegt an uns, selbst dafür zu sorgen, dass Motorräder ein fester Bestandteil des Individualverkehrs bleiben.

Mit lösungsorientierten Ansätzen können wir definitiv auf politischer Ebene etwas bewegen. Dabei ist es aber umso wichtiger, dass alle Bikerverbände aufeinander zugehen und unsere starke Bikercommunity uns Rückhalt gibt. Nicht nur im Protest, der unser letztes Mittel darstellt, sondern schon bevor es so weit kommen muss. Ich kann nur jeden ermutigen, sich zu engagieren, einem der Verbände beizutreten und mit eurer Stimme unser politisches Gewicht zu stärken. (Ende Mailinterview)

Ein kluger Kopf, der eine wichtige Arbeit leistet.

Fazit!

Ich finde, das Interview spricht für sich. Man merkt halt, dass Steven sich inhaltlich mit der Materie sehr beschäftigt und dort seinen Fokus gesetzt hat. Gut, dass es diese Leute gibt, denn Rampensäue sind zwar wichtig, um den Input zu verkaufen und um zu mobilisieren, doch ohne Leute wie Steven geht ihnen irgendwann das Futter und auch die Luft aus. Danke für das Interview!

Link zu einer Veranstaltung, an der auch der Moto e.v. teilnimmt:
https://www.facebook.com/events/963294451229128?ref=newsfeed

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.