Szenemedien: Was wird aus der Custombike?

Katharina Weber ist die neue Herausgeberin der Magazine Custombike sowie Dream Machines. Im Zuge der Insolvenz des Huber Verlags musste man an sich davon ausgehen, dass die Magazintitel ebenfalls eingestellt werden. Doch es kam anders. Katharina hat sich um die Lizenzrechte bemüht und ihre Anstrengungen waren von Erfolg gekrönt. Ich habe ihr einige Fragen gestellt und Katharina hat bereitwillig geantwortet.

Das sagt an sich alles. Ja, es ist gut, dass es mit der Custombike sowie der Dream Machines weiter geht!

Das Mailinterview zur neuen Custombike!

1. Du übernimmst das Magazin Custombike, das vorher vom Huber Verlag herausgegeben wurde. Wie kam das zustande?

Tatsächlich war das im ersten Schritt vor allem eine Bauch- und Herzentscheidung. Im zweiten Schritt wurde uns außerdem klar, dass wir nicht wollen, dass unsere Magazintitel nach der Insolvenz des Huber Verlages in die falschen Hände geraten. So haben wir uns direkt um die Lizenzrechte an der CUSTOMBIKE und dem Schwestermagazin DREAM-MACHINES bemüht. Zum Glück konnten wir mit dem Eigner der Titel recht schnell eine Einigung über die Lizenzrechte, die nun langfristig gesichert in unseren Händen liegen, erzielen. Damit begann für uns der Startschuss zum Relaunch der Magazine. Seit drei Monaten arbeiten wir Tag und Nacht daran, alles aus eigener Kraft auf den richtigen Weg zu bringen. Zum Glück erfahren wir dabei sehr viel Unterstützung von unseren Lesern, genauso wie von Customizern, Motorradhändlern, Schraubergemeinschaften und vielen mehr.

Wir, das sind übrigens mein langjähriger Kollege Carsten Heil und ich. Wir sind gute Freunde und kennen uns seit über zwanzig Jahren. Wir waren beide langjährige sowie feste Angestellte des Huber Verlags und teilen nicht nur die Leidenschaft für die Motorräder, sondern auch die für gedrucktes Papier. Am 1. September haben wir unsere Firma, die »Garage21 GmbH« gegründet, die wir gleichberechtigt führen und unter deren Dach unsere Magazine erscheinen werden.

Katharina wirft mit der Übernahme der Magazintitel alles in die Waagschale. Das darf nicht in die Hose gehen!

2. Die Insolvenz des Huber Verlages ist ja hinlänglich bekannt. Wie bewertest Du den bisherigen Ablauf des Insolvenzverfahrens?

Dass eine Insolvenz ein durchaus schwieriges Ding ist, wissen wohl einige. Aber wie das bei uns abgelaufen ist, ist doch ziemlich heftig und macht uns den Neustart alles andere als einfach. Als der Huber Verlag Anfang Februar Insolvenz anmeldete, sah die Sache zunächst gar nicht mal so dramatisch aus. Es sollte ein Investor gefunden werden, der den Verlag als Gesamtes übernimmt und ihn wieder in sichere Fahrwasser bringt. Wir haben normal weiter unsere Magazine produziert, konnten unsere Rechnungen bezahlen, alles war eigentlich wie immer. Als allerdings die Suche nach einem Investor endgültig fehlgeschlagen war, ging es dann auf einmal ganz schnell.

Am 26. Juni erfuhren wir in einer Betriebsversammlung, dass der Verlag zum 1. Juli geschlossen wird, wir allesamt unsere Jobs verlieren und die Arbeit an unseren Magazinen mit sofortiger Wirkung einstellen müssen. Uns blieben letztlich drei Tage Zeit, unsere Büros zu räumen und uns arbeitslos zu melden. In meinem Fall war es zum Beispiel so, dass ich nach 24 Jahren meinen Job verloren habe, und das ohne jegliche Abfindung, sowie mit knapp 200 Überstunden und jeder Menge Resturlaub auf dem Personalkonto. Und ich bin kein Einzelfall, das betraf ja im Prinzip jeden meiner knapp fünfzig Kollegen, von denen viele schon zwanzig Jahre und mehr für den Verlag gearbeitet hatten.

Was neben diesen persönlichen Empfindungen außerdem schmerzt, ist, dass uns keine Chance gelassen wurde, uns von unseren Kunden, Partnern und vor allem Lesern vernünftig zu verabschieden. Es gab die Magazine ja quasi über Nacht nicht mehr, also keine Möglichkeit, sich in den Heften zu erklären. Uns blieben am Ende nur unsere Social-Media-Kanäle, um unsere Leser zu informieren. Erschwerend kommt hinzu, dass wir die Daten unserer Abonnenten aus rechtlichen Gründen weder nutzen, noch überhaupt bekommen können. Die Abos dürfen von uns nicht weitergeführt, sondern müssen neu abgeschlossen werden. Dass außerdem zahlreiche Huber-Abonnenten ihr zuviel bezahltes Geld scheinbar nicht wiederbekommen werden, wiederspricht komplett der immer loyalen und fairen Arbeitsweise unserer Redaktionen. Wer weiß, wie wichtig Abonnenten für Magazine sind, kann sich vorstellen, wie hart es ist, diesbezüglich bei Null zu starten. Da wird noch einiges an Arbeit nötig sein, um den entstandenen Vertrauensverlust wieder gut zu machen.

Aber zurück zu deiner Frage: Der Ablauf des Insolvenzverfahrens ist sicher rechtlich absolut einwandfrei und die Anwälte gehen da mit einer weißen Weste raus. Trotzdem bleibt ein fieser Nachgeschmack. Die Verlierer in der Sache sind am Ende wir als ehemalige Arbeitnehmer, genauso wie die treuen Partner und Kunden des Huber Verlags, der immerhin über vierzig Jahre existiert hat.

Shootings von edlen Bikes werden weiter zu den Must Haves gehören!

3. Wird sich die Custombike konzeptionell verändern?

Ja, das wird sie. Ich war nie ein Fan der monatlichen Erscheinungsweise des Heftes, zumal es für ein kleines Team einen extremen Stress bedeutet, alle drei, vier Wochen ein Heft in die Druckerei zu bringen. Ein handwerkliches Produkt wie ein Printmagazin sollte nicht in Fließbandarbeit ersticken. Das ist wie ein gutes Motorrad zu bauen, es braucht Zeit. So wird die CUSTOMBIKE wieder wie früher zweimonatlich erscheinen, dafür allerdings dicker und hochwertiger in ihrer Ausstattung und einfach mit mehr Raum für umgebaute Motorräder und die Menschen und Geschichten dahinter.

Natürlich wird der redaktionelle Fokus wie bewährt auf exklusiven Motorrädern jedweder Basis und der Schrauber- und Customszene in Deutschland und dem Rest der Welt liegen. Dabei werden wir weiter jedem, egal ob junger Hinterhofbengel oder professioneller Customizer, dieselbe Aufmerksamkeit widmen. Auch bewährte Formate wie »Frau Reuter« oder »Show me your Garage« bleiben erhalten. Mehr Wert werden wir darüber hinaus auf Technikartikel und rechtliche Themen, egal ob es um TÜV, Zulassungsrecht oder wie in diesem Sommer um Fahrverbote geht, legen. Also die Dinge, die für uns individuellen Mopedfahrer wichtiger sind denn je und die in Mainstream-Motorradmagazinen eher wenig Beachtung finden.

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4. Gibt es ein eigenes Onlineangebot?

Ja, selbstverständlich. Auch was das angeht, sind wir momentan noch ein Opfer der Insolvenz, die alten Webseiten wurden kürzlich abgeklemmt. Aber wir wissen natürlich, dass ein gutes, digitales Angebot für für heutige Verlage genauso wichtig ist, wie starke Printtitel. Wir werden mit custombike.de sobald wie möglich wieder im bewährten Format online sein, dream-machines.de wird, komplett neu aufgebaut, folgen. Dazu haben wir natürlich noch einige Ideen für die Zukunft unserer Online-Aktivitäten, aber jetzt steht erstmal die Basisarbeit bezüglich dem Aufbau unserer Firma und dem Restart unserer Printmagazine im Vordergrund. Je schneller wir da in der Spur sind, desto schneller können wir auch digital nachlegen.

5. Wann startet ihr mit Eurer ersten Ausgabe?

Die erste DREAM-MACHINES wird am 27.November erscheinen, die CUSTOMBIKE zieht dann am 18. Dezember nach. Auch in Zukunft erscheinen die Magazine dann im jeweils zweimonatlichen Turnus abwechselnd.

Schon geil, wenn man beruflich das machen kann, was man liebt.

5. Kann man schon Abos klar machen?

Was das angeht sind wir noch ein bisschen im Verzug. Aber Ende Oktober sollten wir auch diesbezüglich alles parat haben. Über unsere Websiten custombike.de ist abonnieren dann ebenso möglich wie per Mail oder Telefon. Und natürlich wird es in den Startausgaben unserer Magazine ganz nostalgisch Abopostkarten geben … da sind wir ein bisschen oldschool.

6. Wie steht es um die Custom Bike Show. Seid ihr involviert?

Die CUSTOMBIKE-SHOW wird ja durch einen neuen Inhaber, die Messe Ostwestfalen GmbH, weitergeführt. Mit der reinen Organisation der Messe haben wir daher nichts mehr zu tun. Aber schon allein, weil zwei unserer ehemaligen Kollegen mit der Messe zum neuen Besitzer gewechselt sind, ist der Kontakt natürlich da. Auch über Kooperationsmöglichkeiten sind wir im Gespräch. Denn fakt ist: Die Messe wurde seinerzeit nicht umsonst nach unserem Magazin benannt und sie war uns immer eine absolute Herzensangelegenheit.

7. Was fährst du denn eigentlich für ein Bike?

Eine Honda CB 400 Four, Baujahr 1977. Die steht allerdings schon länger mehr auf der Hebebühne, als dass sie gefahren wird. Ich hoffe, dass sie zur nächsten Saison fertig umgebaut und startbereit ist.

An Gesprächspartner wird es Katharina nicht mangeln. Doch wie reagieren die potentiellen Anzeigenkunden?

8. Wie siehst du generell die Entwicklung im Printbereich?

Mein Lieblingsthema, darüber könnte ich endlos schreiben. Aber zusammengefasst sehe ich es nicht so kritisch wie viele andere. Und ich hätte sicher nicht Haus und Hof verpfändet und wäre dieses enorme Risiko eingegangen, wenn ich nicht an gedruckte Magazine glauben würde. Tatsache ist, wir haben in Deutschland einen der größten und stärksten Zeitschriftenmärkte weltweit. Gerade im Nischen- und Special-Interest-Bereich, in dem sich unsere Magazine bewegen, sieht es dabei nicht so schlecht aus. Zwar haben auch wir in den letzten Jahren Leser verloren, aber bei weitem nicht in der Menge wie Magazine anderer Sparten. Wir sprechen eine gefestigte Szene an, die sich den Luxus einer handwerklich gut gemachten Informationsquelle gern leistet, die Magazine sammelt und immer wieder auch in alten Ausgaben blättert. Alles Dinge, die Facebook, Instagram und Co. nicht bieten können, weil man dort doch letztlich schon heute vergessen hat, was man gestern noch mit einem Daumen nach oben bejubelt hatte.

Gerade weil sich die Welt der Informationen immer schneller dreht, ist der Griff zum Magazin nicht nur herrlich oldschool, sondern auch eine echte Konstante. Übrigens auch für Anzeigenkunden, die vielen Verlagen in den letzten Jahren schwer zu schaffen gemacht haben, weil Werbung ins Netz verlagert wurde und Verlage seitens mancher Kunden doch ziemlich unter Druck gesetzt wurden, was ihre Preisgestaltung für Printanzeigen angeht. Ich glaube aber tatsächlich, dass Print auch hier wieder an Bedeutung gewinnen wird. Weil Werbung im Netz zwar oftmals weniger kostet, aber eben genauso oft auch kaum wahrgenommen oder von Algorithmen bestimmt wird. Facebook ist da ein gutes Beispiel. Die einzelne Werbeanzeige geht dort letztlich in einer Masse an »sponsored Links« unter. Nur wer da echte Social-Media-Profis ranlässt, wird profitieren. Die muss man sich aber erstmal leisten können. Diesbezüglich ist Print doch weitaus direkter, zielgruppengerechter und damit exklusiver.

Vielleicht werden sich die Vertriebswege für Zeitschriften irgendwann ändern, vielleicht produziert man in ein paar Jahren nur noch für einen exklusiven Kreis an Abonnenten oder macht nur noch zwei Ausgaben im Jahr – das alles vermag ich heute nicht vorauszusehen, aber die große Unterstützung, die wir in den letzten Monaten von unseren Lesern erfahren haben, hat uns gezeigt, dass es sich definitiv lohnt, für Print zu kämpfen. (Ende Interview)

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Eigentlich solte ich als Herausgeber eines Onlinemgazins besser den Mund halten, aber was Katharina auf die letzte Frage dausführt, ist absolut richtig. Printtitel sind nicht tod, sie haben allerdings beachtlich an Bedeutung verloren. Das liegt aber keinesfalls daran, dass die Werbung via Internet ausnahmslos erfolgreicher ist.
Viele Kunden setzen dennoch mittlerweile ausschließlich auf das Netz, weil es günstiger ist und vermeintlich effektiver ist, nur sind die Posts von bereits bestehenden Kunden und Freunden keine Werbeerfolge, sondern zunächst einmal nur Posts. Ja, man kann im Netz sein Marketing sehr erfolgreich gestalten, aber mit 100 Likes und 120 Abonnenten wird das dauerhaft nichts. Und ohne ein marktgerechtes Angebot oder die Erfassung von Views und Klicks sowie deren Nachbearbeitung wird das auch nichts. Ein guter Marketing-MIx ist nach vor die beste Basis. Jedenfalls bei einer Vollexistenz!

Persönlich begrüße ich das Engagement von Katharina und ihrem Partner. So bleiben der Motorradszene zwei Magazintitel erhalten, die einfach dazugehören. Da ohnehin schon viele den Abgesang der Motoradkultur ausrufen, würde es wohl kein sonderlich gutes Zeichen darstellen, wenn neben der Bikers News auch die Custombike und die Dream Machines den Bach runter gehen. Ich wünsche jedenfalls einen guten Start und werde mir mit großer Neugierde die erste Ausgabe unter Katharinas Verantwortung reinziehen.

Kontakt: https://www.facebook.com/katharina.klimpke

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.