Nachgedacht: Die Kutten-Affen!

Nicht die Regel, aber zu oft Realität!

Als ich vor über 15 Jahren meine ganz persönliche Entscheidung traf, mich einem MC anzuschließen, da konnte ich mir in meiner Naivität nicht im entferntesten vorstellen, wie leicht ein Patch-Over oder Club-Wechsel in der Szene gelegentlich möglich ist. Heute bin ich schlauer! Die Regel ist gottlob nicht!

Finde ich das gut? Ganz im Gegenteil, ich finde es zum Kotzen! Irgendwann hatte ich mal gehört, dass man nach einem Austritt mindestens ein Jahr wartet, bevor man sich einem anderen MC anschließt. Ein Gebot des Respekts und zudem eine notwendige Zeit der Neuorientierung. An sich müßte man einen Rocker erst gar nicht daran erinnern! Doch mittlerweile werden die Strippen für den Einstieg oftmals schon im Vorfeld gezogen. Das ganze nicht selten noch unter dem bestehenden Color, was für mich einem Verrat gleichgestellt ist. In manchen Clubs wird denn auch mal direkt mit dem Full-Colour gewedelt, um den Übertritt attraktiver zu gestalten. Die Motive dazu interessieren mich nicht im geringsten, denn egal aus welchem Grund, es ist klar ein Tritt in den Hintern eines jeden Oldschool-Rockers und zudem diskreditiert sich der MC damit selbst. Was etwas wert ist, verschenke ich nicht!

Der Grünsspan hängt mir zwar nicht mehr aus den Ohren heraus, doch habe ich in mir die Vorstellung bewahrt, dass, wenn ein Mann aus einem MC fliegt, ein Bad-Standing ist da noch nicht einmal erforderlich, es schon seine Gründe haben wird. In Einzelfällen kann es sicherlich dazu kommen, dass ein Club überreagiert oder aus den falschen Motiven einen Bruder vor die Tür setzt. Doch in der Regel hat das Out in Good Standing trifftige Gründe, die jeden anderen MC eher skeptisch werden lassen sollten. Und es gibt da noch die Member, die bereits nach kurzer Zeit die Fahne einholen und wie ein Kletter-Affe von Ast zu Ast wechseln und ihnen sogar noch bereitwillig Tür und Tor geöffnet werden! Hautpsache es hängt dort ein Full-Patch. Früher wurde noch miteinander gesprochen, um erst einmal festzustellen, ob noch irgendwelche Leichen im Keller liegen oder der vorherige MC ggf. noch eine offene Rechnung mit dem Mann hat. Alles nicht mehr selbstverständlich! Das Motto: „Wir sind ja viel geiler als die anderen und wir regeln das schon“

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Kein Wunder also, dass mehr Leute in die Szene drängen, die bei strikter Einhaltung der Rules, vermutlich nur in absoluten Ausnahmefällen überhaupt den Weg in die Club-Szene finden würden, weil sie eben genau um die hohen Hürden zur Erlangung des Member-Status wissen. Da diese bei einigen nicht mehr vorhanden sind, kann man es ja mal ruhig versuchen und wenn es einem dann doch nicht gefällt, haut man eben in den Sack und versucht es woanders erneut. Ich kenne Leute, die sind bereits im vierten Club, undzwar in 5 Jahren. Das sind für mich Kutten-Affen. Nur wenn sowas passiert, bedeutet es ja auch, dass sie viermal irgendwelche Leute besabbelt haben. Und wenn denn keiner mehr zum Volltexten da ist, dann versucht man es eben mit einem neuen Chapter eines ausländischen Clubs und hat dann eben die Ausländer besabbelt. Selbst große MC’s achten nicht immer darauf, ob diese Member denn überhaupt in der Lage sind, den Club würdig zu vertreten. Eine große Schnauze und das militante Auftreten reicht anscheinend. Unfassbar!

Die Motive dafür können vielfältig sein: Business, Macht, Arroganz oder club-politisches Kalkül. Das ist aber nicht die Wurzel allen Übels allein. Denn vor zwanzig Jahren haben Clubmember auch schon ihr Business gemacht. Das Rotlicht zum Beispiel ist eben ein klassisches Betätigungsfeld und nebenbei bemerkt, sind dort längst nicht alle Geschäfte verboten! Doch damals sind die Leute trotzdem nicht mal eben so voll gemacht worden. Der Stellenwert der Hangeround- und Prospektzeit wurde völlig anders bewertet. Es ging um den Macker, dann kam der Rest.

Wenn die Szene so weiter macht, brauchen wir den Staat gar nicht mehr bemühen, um uns den Rocker-Lifestyle zu versauen. Das kriegen wir ja wunderbar selber hin. Gottlob gibt es noch die Clubs, die regide nach den alten Werten leben und handeln. Diese sind für die Wanderhuren auch eher uninteressant, da Leute, die so wenig Ehre und Respekt besitzen, dass sie sich permanent umorientieren, ohnehin nicht den Charakter mitbringen, um der wahren Brotherhood ein Leben lang zur Seite zu stehen. Vermutlich ist es auch gar nicht ihre Absicht, warum sonst drängen sie sich direkt für führende Positionen immer gleich auf, obwohl sie hinlänglich unter Beweis gestellt haben, dass sie es eben nicht draufhaben, eine komplexe Gemeinschaft im Sinne des gesamten Clubs zu führen. Die ticken einfach anders!

Die großen MC’s haben teilweise ihre Vorbild-Funktion eingebüßt. Doch nun kommt mir bitte nicht mit dem Hinweis darauf, dass sie für das ganze Dilemma alleine verantwortlich sind. Klammheimlich haben nämlich auch schon mittlere und kleinere Clubs begonnen, ihre Basis selbst zu untergraben. Verantwortlich sind natürlich immer die Global-Player. Tatsächlich?

„Wenn alles um mich heraum wächst, dann muss auch ich wachsen“, scheint die Devise zu sein. Die Nummer hat nur einen Haken. Da die anderen Clubs auch weiter wachsen, hast du zwar mehr Leute in den eigenen Reihen zu stehen, doch die anderen ja auch! Die Relationen ändern sich daher kaum. Was also hast du gewonnen? Gar nichts!

Fazit!

Der aktuelle Zustand ist eine Gemengelage aus vielen verschiedenen Aspekten. Unehrliche Charaktere, club-politisches Kalkül, Streben nach Macht, was weiß ich. Doch unter dem Strich würde es diesen Run auf das Color gar nicht geben, wenn die MC’s selbst straight und konsequent die neuen Leute auf Herz und Nieren prüfen. Und damit meine ich nicht das nächste Match!

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.