R.I.P: Gespräch mit Peter Mienert!

Irgendwie habe ich subjektiv das Gefühl, dass es in 2015 zu mehr tödlichen Motorradunfällen gekommen ist. Klar, wenn gute Bekannte oder gar Club-Brüder davon betroffen sind, sensibilisiert das immens. Und in diesem Jahr war ich zu oft an einem Grab. Das hat mich nachdenklich gemacht. Wer möchte schon über den Tod sprechen.

Sind wir nicht alle froh, wenn der Betroffene schon im Vorfeld seine Angelegenheiten geregelt hat. Ich habe das getan, mein Testament steht. Und für mich war klar, das nur meine Brüder diesen letzten Gang für mich regeln. Allerdings habe ich Wünsche formuliert, wo ich mir keineswegs sicher bin, ob diese überhaupt so anwendbar sind.

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Ich erinnerte mich an Peter Mienert, Trauer-Redner und freier Theologe. Er hat bei Bikes, Music & More Vol. 3 den mittelalterlichen Markt gerockt. Ich habe ihn einmal mit meinen Fragen konfrontiert und dabei überraschende Aspekte festgestellt:

Peter Mienert ist selbständiger Feier-Redner.

Peter Mienert ist selbständiger Feier-Redner.

Peter, seit wann bist Du Feier-Redner?
Selbstständig bin ich seit dem 1. Juni 2007.

Was hast Du vorher gemacht?
Nach der Realschule habe ich eine Lehre zum Rechtsanwalt- und Notargehilfen gemacht, danach habe ich über den zweiten Bildungsweg Theologie studiert und war 15 Jahre Pfarrer in der evangelischen Kirche.

Hast Du schon Biker-Beerdigungen durchgeführt?
Ja, das habe ich.

Was muss man beachten?

.Es ist ja ganz wichtig, dass die Persönlichkeit des Verstorbenen in einer Trauerfeier erkennbar ist, damit die Angehörigen entsprechend Abschied nehmen können und das Leben des Verstorbenen würdigen können. Wenn das Leben sich nicht um Fußball oder Musik gedreht hat, sondern jemand mit Leib und Seele dem Motorradfahren verschrieben war, ist das natürlich auch ein wichtiges Thema.

Dieses Symbol habe ich leider in 2015 zu oft gesehen. Leute, passt auf euch auf!

Dieses Symbol habe ich leider in 2015 zu oft gesehen. Leute, passt auf euch auf!

Mit den Angehörigen muss man dann besprechen, welchen Umfang das haben darf. Zum Beispiel die Musik: AC/DC (Hells Bells) oder Steppenwolf (Born to be wild), in den begleitenden Texten und auch am Grab sollte dann Bezug genommen werden. Manchmal ist das freilich besonders schwierig, wenn der Biker bei einem Verkehrsunfall stirbt. Angehörige und Freunde stellen sich dann auch die Frage nach Schuld und Sinn. Und doch bleibt immer: hat die Freiheit auf dem Motorrad das Leben wesentlich bestimmt, muss das auch am letzten Tag auf dieser Erde dazugehören.

Welche Möglichkeiten gibt es eigentlich für ein Biker-Begräbnis? Kann man so etwas überhaupt frei gestalten?

Man kann so frei gestalten, wie es der eigenen Trauer entspricht. Kameraden können eine Ehrenwache halten, die Dekoration in der Räumlichkeit oder am Grab kann entsprechend gestaltet werden, die Musik und die Texte, auch den Raum kann man sich aussuchen. Natürlich kann man einen Sarg überall aufbahren, auch in einem Vereinsheim, und anschließend im Konvoi dann zur Ruhestätte auf dem Friedhof bringen.

Oft ist es meine Aufgabe, die Wünsche der verschiedenen Trauernden (Familie, Vereinskameraden und zum Beispiel Arbeitskollegen) aufeinander abzustimmen, so das alle mit ihrer Trauer und mit ihrer Art, sich zu verabschieden, einen Platz haben. Einschränkend muss man nur sagen, dass möglicherweise eine Satzung zur Nutzung einer Räumlichkeit bestimmten Dingen entgegensteht. So ist es zum Beispiel grundsätzlich auf dem Friedhof in Leeste verboten, in der Kapelle mehr als sieben Kerzen anzuzünden. Dann muss ich mir als Auftraggeber überlegen, ob ich diese Räumlichkeit für die Trauerfeier mieten oder ausweichen will.

Natürlich beschränkt sich die Tätigkeit von Peter nicht nur auf Begräbnisse.

Natürlich beschränkt sich die Tätigkeit von Peter nicht nur auf Begräbnisse.

Kann man einen Feier-Redner auch einsetzen, wenn der Verstorbene an eine Konfession gebunden ist?

Selbstverständlich! Es ist immer Sache des Auftraggebers, wen man beauftragt. Eine Trauerfeier jeder Art ist keine Rechtsangelegenheit. Man muss dazu weder Beamter noch irgendetwas anderes sein, es könnte auch jemand aus dem Verein eine Rede halten. Es ist nur meistens so, dass es sehr schwierig ist, andere zu trösten, wenn man selber ganz eng betroffen ist.

Was nicht funktionieren wird: einen Vertreter der Kirche zu bitten, jemanden zu beerdigen, der der Kirche nicht angehört. Insofern sind den Kirchentheologen oft die Hände gebunden. Außerdem gibt es in kirchlichen Räumlichkeiten enge Vorschriften für Texte, Dekoration und Musikauswahl (die erwähnten „Hells Bells“ werden dort wahrscheinlich nicht läuten).
Inwiefern eine Trauerfeier von mir dann christlich gestaltet wird oder nicht, hängt vom Gespräch mit den Angehörigen ab.

Wie man sieht, ist Peter Mienert auch auf anderen Pfaden unterwegs.

Wie man sieht, ist Peter Mienert auch auf anderen Pfaden unterwegs. Er spielt Theater!

Gibt es da Probleme mit den Kirchen?
Rechtliche Probleme nicht, oft sind PastorInnen auch nicht traurig, wenn andere die Arbeit machen. Es könnte natürlich sein, dass ein Kirchenbeamter mal beleidigt reagiert, aber das ist dann eher uninteressant, wenn eine entsprechende Entscheidung getroffen ist.

Konkret, die Karre am Grab. Geht das?
Selbstverständlich. Ich würde aber immer darauf achten, dass man nicht nur die eigene Trauer sieht, sondern auch die anderer, und unter Umständen würde ich zumindest darauf hinweisen, dass bei dieser Trauerfeier die Gefühle anderer verletzt werden könnten. Aber sicher nicht, wenn eine schöne Maschine ihren Fahrer begleitet. Trotzdem: Pietät heißt, an diesem wichtigen Ort auch die Gefühle anderer zu achten.
Was möglicherweise schwierig werden könnte, ist die Gestaltung des Grabsteins. Jeder Friedhof hat eine Satzung, und es gibt Vorschriften für Bepflanzung und Gestaltung von Grabsteinen (Höhe und Breite, Art des Steins und eventuell auch inhaltliche Bedenken). Man sollte – bevor man einen Grabstein in Auftrag gibt – die Genehmigung des Friedhofs zum anschließenden aufstellen einholen. Sonst könnte das am Ende teuer werden, einen Stein zu bezahlen, der nicht aufgestellt werden darf.

So habe ich Peter bei Bikes, Music & More Vol. 3 erlebt. Das Mittelalter hat es ihm angetan.

So habe ich Peter bei Bikes, Music & More Vol. 3 erlebt. Das Mittelalter hat es ihm angetan.

Abschließend halte ich persönlich es für ganz wichtig, das Thema im Freundes- oder Familienkreis einmal anzusprechen. Was sind meine Wünsche, was ist mein Wille, was möchte ich, dass an diesem Tag geschieht. Hilfreich können dazu auch schriftliche Äußerungen sein (auch als Testament), aber dann sollte man in jedem Fall dieses Schriftstück bei Menschen aufbewahren, die dann auch davon wissen. Und wenn einem rechtliche Aspekte wichtig sind (Zuständigkeit für Beerdigung soll nicht bei den Angehörigen ersten Grades liegen), dann muss man auch die entsprechenden Formulierungen und Vorgehensweisen für ein Testament einhalten.

Bei diesen Dingen kann einem aber zum Beispiel jeder Bestatter helfen, und man könnte sicher auch schon im Vorfeld einen Eindruck machen, ob ein Bestatter (oder ein Redner wie ich) für meinen Abschied der richtige ist. So selten kommen diese vorbereitenden Gespräche nicht vor. Bei all dem nicht vergessen: keine Angst haben, sondern jeden Tag leben, mit entsprechender Gelassenheit bei guter Vorbereitung. In dem Sinne: allzeit gute Fahrt und gute Heimkehr!

Fazit!

Die Sache mit dem Testament erachte auch ich als enorm wichtig. Insbesondere bei Club-Membern, deren Familie keine so enge Bindung an den Club hat. Und wenn der Mann dem Club den Vorzug gibt, ist es ja auch kein Affront gegen die Familie, sondern reinweg der Ausdruck seiner starken Verbundenheit zum Club.

Da ich der Kirche den Rücken zugewandt habe, wäre für mich persönlich ein Feier-Redner durchaus eine Option.

Kontakt: www.facebook.com/peter.mienert?fref=ts

 

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.