Obdachlosigkeit: Über Richard Brox!

Kein Dach über dem Leben!

Das wir uns um die Belange von Obdachlosen einen Kopf machen, sollte mittlerweile bekannt sein und durch meine Arbeit für Bodensatz – Biker & Friends helfen Obdachlosen – bin ich dem Thema heute sehr viel aufgeschlossener gegenübergestellt. Was mich vor fünf Jahren nicht den Furz interessierte, weckt heute durchaus meine Aufmerksamkeit. Insofern ist es kein Zufall, dass ich der ersten Spur von Richard Brox aus Mannheim gefolgt bin. Zudem erhielt ich Hinweise aus der Rockerszene auf dessen Biografie, die er in seinem Buch „Kein Dach über dem Leben“ niedergeschrieben hat.

Ich wollte mehr über diesen Mann erfahren, der 30 Jahre auf der Straße lebte, nunmehr einen eigenen Blog betreibt und regelmäßig in den Medien Gehör findet und dort über sein Leben und die Obdachlosigkeit berichtet. Zudem gibt es durchaus Bezüge zur Rockerszene. Hier mein Interview:

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1. Richard, Du hast 30 Jahre auf der Straße gelebt. Wie kam es dazu?

Im April 1986 wurde in Mannheim die Wohnung meiner verstorbenen Eltern zwangsgeräumt. Angeblich war die Wohnung für mich als Einzelperson zu groß? Weder im Vorfeld der Zwangsräumung noch im Nachhinein gab es seitens der Stadt Mannheim und den jeweiligen Ämtern und Behörden ein Angebot der Hilfe. Ich wurde damals mit meinen Problemen Alleinegelassen und in die Obdachlosigkeit geworfen. Auch familiär oder im damaligen Bekanntenkreis gab es keinen Halt. Ich selbst war damals zum Zeitpunkt der Zwangsräumung körperlich schwer krank.  

2. Was vermisst Du im Umgang mit Obdachlosen?

In erste Linie vermisse ich im Umgang mit Obdachlosen seitens der Angestellten von Ämtern und Behörden Fingerspitzengefühl und Mitgefühl. Obdachlose werden zu oft als Menschen vierter Klasse würde- und respektlos behandelt. Selbst in Notunterkünften werden Obdachlose von Angestellten oftmals entwürdigend und respektlos behandelt. Auch die sogenannte Normalbevölkerung verhält sich Obdachlosen gegenüber oftmals abweisend und Schuld zuweisend, statt couragiert sich für die Belange von Gestrandeten und Hilfesuchenden einzusetzen.   

3. Wie bewertest Du das Angebot des Staates, damit Menschen aus der Obdachlosigkeit kommen?

Die Hilfen des Staates sind mangelhaft. Hartz IV hat den Rahmen geschaffen, die Armut und Obdachlosigkeit zu erhöhen. Ein gutes Beispiel die Obdachlosigkeit zu beenden, wäre die Einführung des Bedingunglosen Grundeinkommen (BGE). Obdachlose hätten dadurch die Möglichkeit eine preiswerte Pension zu finanzieren und müssten nicht länger mehr auf der Straße leben oder in Notunterkünften hausen. Auch Armut wäre mit dem BGE überwindbar, denn jeder hätte nun die Ruhe sich selbst um die berufliche Gestaltung seiner Existenz zu kümmern. Niemand müsste mehr von Ämtern und Behörden drangsaliert werden, nur weil einmal etwas im Leben von Betroffenen schieflief.  

4. Was hat Dich bewegt, ein Buch über Dein Leben zu schreiben?

Richard Brox hat seine Biografie in einem Buch niedergeschrieben!

Ich wollte in meinem Leben gründlich aufräumen und mit meinem Buch die Masse aufrütteln ernsthaft und gründlich nachzudenken in Richtung von Solidargemeinschaft und ausgleichende, soziale Gerechtigkeit. Mein Hauptaugenmerk geht aber in die Richtung nicht alle über einen Kamm zu scheren, denn jeder Mensch ist einzigartig und verdient ohne Ausnahme Menschenwürde im Leben und Respekt im Alltag, Familie, Beruf und Schule.  

5. Was machst du aktuell?

Derzeit wohne ich in Unkel am Rhein und kümmere mich ehrenamtlich und hauptsächlich auf eigene Kosten seit längerer Zeit um schwer kranke, allein lebende und vereinsamte Obdachlose mit Erkrankungen im Endstadium. Ich besuche meine Brüder der Straße in Krankenhäuser und Kliniken, versoge sie mit frischer Unterwäsche, Socken, Schlafanzüge, Bademantel, Badelatschen, Hygieneartikel und Rasierzeug. Also alles Dinge die üblicherweise von Angehörigen oder Freunden getan werden. Mein Buch ist Ralph gewidmet, mit dem ich 15 Jahre das Leben auf der Straße mehr oder weniger geteilt habe. Er verstarb an Leber-Krebs.   

6. Hast du Erfahrungen im Umgang mit Rockern und wenn ja, berichte doch mal darüber?

Ja, die habe ich und Ralph unabhängig von mir auch. Frühjahr 2007 war ich in Hannover und wurde von vier südeuropäischen Männern im Alter von 20 bis 25 Jahren verfolgt und mit Messern bedroht. Ein Rocker der Hells Angels, durch das Tragen vom Patch und Colour erkennbar, half mir die Situation zu bereinigen. Wäre dieser Rocker damals nicht gewesen, hätte ich massiven Schaden erlitten. Noch heute bin ich ihm sehr dankbar.

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2015 war Ralph in Helmstedt und bekam dort am hellichten Tag am Bahnhof einen epileptischen Anfall. Niemand half, außer ein Rocker der Hells Angels. Als ich Ralph am nächsten Tag im Krankenhaus besuchte, wurde mir aufgrund einer Patientenverfügung vom Pflegedienst folgendes bestätigt: Der Krankenwagen und der Notarzt bestätigten, als diese eintrafen, war ein Rocker der Hells Angels die einzige Person vor Ort die Ralph mit erster Hilfe versorgte. Auch in diesem Fall kann ich nur sagen, im Namen vom verstorbenen Ralph, der anschließend dadurch ein Verehrer des HAMC wurde, meinen aufrichtigen Dank.  (Ende Interview)

Richard Brox und Ralph 2014 auf der Straße in Essen. Beide haben gute Erfahrungen mit Rockern gemacht! Warum verwundert uns das wohl nicht?

Bevor ich Richard kontaktet habe, war mir weder bekannt, wer ihm ans Leder wollte bzw. in schwierige Situationen brachte, noch wer ihm diesbezüglich aus der Patsche half. Das in seinem Fall in mehreren Fällen Rocker aktiv wurden, ist reiner Zufall, belegt aber durchaus, dass diese über das normale Maß hinaus bereit sind, sich für Schwächere einzusetzen.

Vieles von dem, was Richard beschreibt, ist mir mittlerweile bekannt. Auf der Straße gibt es durchaus Leute von den etablierten Organisationen, die sich reinhängen und mit vollem Einsatz bei der Sache sind, in den Amtsstuben aber wird der Obdachlose an sich nur verwaltet. Das dieses Klientel schwierig ist, liegt auf der Hand. Umso mehr ist es notwendig den Obdachlosen ein Gefühl von Solidarität zu vermitteln. Und aus diesem Grund sind wir in der Akuthilfe aktiv und bringen das Thema mit der Solidaritätsausfahrt am 07. April auf die Straße.

Wer sich für Richard Brox oder sein Buch interessiert, steigt bitte hier ein:  https://youtu.be/q-kC5UU6h1w

Verlagslink: https://www.rowohlt.de/autor/richard-brox.html

Rechtlicher Hinweis: Abdruck des Artikels nur mit Quellenangabe!

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.