Ein mediales Zugpferd!
Mit den aktuellen Entwicklungen in NRW hat die Mainstreampresse eine wunderbare Steilvorlage erhalten, um den Begriff Rockerkrieg erneut fast schon inflationär in den aktuellen Headlines zu kolportieren. Nun stellt sich mir jedoch die Frage, ob diese Form der Darstellung von Vorfällen und Entwicklungen in der Rockerzsene überhaupt gerechtfertigt ist. Meine Antwort lautet Nein!
Warum ich das so sehe!
Es ist unbestritten, dass es in der Rockerszene, hier explizit unter Oneperncetern, immer wieder zu starken Konflikten kommt. Die beteiligten Protagonisten sind hinlänglich bekannt. Somit können wir durchaus von einer erhöhten Rivalität unter bestimmten Clubs sprechen. Diese hat in der Vergangenheit zu Straftaten geführt, bei denen Rocker zu Tode gekommen sind. Höchst bedauerlich und in keinster Weise entschuldbar. Das Wort Krieg ist aber dennoch m. E. völlig fehl am Platze.
Unter Krieg verstehen wir ja wohl eher das, was derzeit in der Ukraine oder im Nahen Osten los ist, wo Armeen gegeneinander kämpfen, um strategische und/oder politische Zele zu erreichen, das eigene Staatsgebiet zu schützen bzw. neue Areale hinzuzugewinnen. Die Rivalitäten in der Rockerzsene sind damit nicht im Ansatz zu vergleichen. Insofern muss ich konstatieren, dass die Begriffswahl Rockerkrieg ausschließlich dazu genutzt wird, um das öffentliche Interesse zu wecken, letztlich die Verkaufs- und Zugriffszahlen von Print- und Onlinemedien zu erhöhen, die Leserschaft über die Paywall in die Abos zu treiben. Das funktioniert ganz wunderbar. Wir wissen das.
Politik und Behörden haben natürlich keinerlei Veranlassung die Medien für eine undifferenzierte Berichterstattung zu kritisieren, denn letztlich sind sie die Steigbügelhalter der eigenen Interessen und umgekehrt. In der Regel wird dieses von der Leserschaft auch nicht hinterfragt, sie ist schließlich kein Bestandteil der Rockerszene, ohnehin für viele eher ein Relikt aus alten Zeiten und längst nicht mehr zeitgemäß. Dass die Rockerszene gar nicht zeitgemäß sein will, ist für die allermeisten Bürger unerheblich. Für sie ist es wichtig, dass der Staat die öffentliche Sicherheit und Ordnung sichert und das Gewaltmonopol durchsetzt. Eine Verifizierung findet in der Regel nicht statt.
Wie die Szene sich dazu stellen sollte!
Die Rockerszene ist gut beraten, sich an dieser Maschinerie gar nicht erst zu beteiligen. Das schließt keinesfalls Kritik aus, im Gegenteil, aber die unreflektierte Übernahme des Begriffes Krieg fördert letztlich nur die mediale Wahrnehmung. Insofern habe ich es nie verstanden, warum Rocker öffentlich überhaupt in dieselbe Kerbe hauen und damit die völlig überzogene Wahrnehmung in der Gesellschaft auch noch supporten. Ein Unding!
Hätten wir hier in Deutschland eine auch nur annähernd vergleichbare Situation wie in den 90ern in Skandinavien, so hätte ich mir diesen Beitrag sicherlich geklemmt, aber wir haben sie nicht und hatten sie auch noch nie. Ja, Straftaten müssen verfolgt und geahndet werden. Der Staat hat dazu alle Instrumente zur Hand. Die mediale Berichterstattung darüber ist legitim und für eine öffentliche Beurteilung unerlässlich. Keinesfalls legitim ist es jedoch, dass unbewiesene Behauptungen wie Tatsachen dargestellt werden und es viele Verlage billigend in Kauf nehmen, dass durch die völlig überzogene Darstellung der Vorfälle die Bürger immer in dieselbe Ecke getrieben werden. Das Schlüsselwort ist stets der sogenannte Rockerkrieg!
Ihr fahrt jedes Wochenende auf Bikerpartys und wer von euch hat denn tatsächlich schon mal vor Ort einen vor den Latz bekommen? Sicherlich die wenigstens. Fangen wir also bitte nicht an, die Ausnahmen zur Regel zu erklären, nur weil Rocker offensichtlich gerne dramatisieren und die stille Post am Laufen gehalten werden muss. Alles, was passiert ist, rechtfertigt jedenfalls nicht, dass wir selber unsere Szene zu einem verbalen Kriegsgebiet erklären. Vielleicht mal darüber nachdenken und etwas in der Sprache abrüsten! My 5 Cents!