Berlin: Neue Taktik gegen den HAMC?

In großen Lettern prangte es uns am Freitag in der größten deutschen Boulevard-Zeitung entgegen: „Logo-Verbot für die Hells Angels!“. Im ersten Moment dachte ich, es muss sich um einen Fehler handeln und der Redakteur hat es mit einem Charter-Verbot verwechselt. Doch die Nachricht stellte sich als richtig heraus. Oha, nun scheint der Staat eine neue Offensive zu starten. Bisher wurde das Tragen der Kutte oder anderer Insignien immer nur in Verbindung mit dem direkten Charter-Verbot ausgesprochen. Dieses erfolgte generell auf Basis des Vereinsgesetzes.

Hier jedoch wurde erstmalig das reine Tragen des Death-Head und aller Club-relevanten Insignien untersagt, undzwar ohne direktes Charter-Verbot. Auch MC-Schilder an den Fassaden der Club-Buden sind davon betroffen. Im Vereinsrecht setzt dies jedoch das Vereinsverbot voraus, was hier nicht ausgesprochen wurde. Grübel!

Nach über 15 Jahren habe ich mir mal wieder ein Bild gekauft.

Nach über 15 Jahren habe ich mir mal wieder eine Bild gekauft.

Großes Fragezeichen!

Ich habe in aller Eile vergeblich versucht heraus zu bekommen, auf welcher Rechtsgrundlage die Verbots-Verfügung erfolgt ist. Angeblich beruft man sich auf ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts, doch dieses sitz in Hamburg und dort ist das Charter wirksam verboten. Kann man es daher einfach pauschal auf Berlin übertragen oder will man hier nur einen derben Nadelstich setzen, um den internen Prozessen Nachdruck zu verleihen? Wir dürfen uns sicher sein, dass derzeit die Telefone in den Rechtsvertretungen der Hells Angels heiß laufen. Troztdem stehe ich immer noch auf dem Schlauch und tappe im Dunkeln darüber, welches Gesetz hier Anwendung fand. Sollte jemand von euch die Antwort kennen, erbitte ich eine Kontaktaufnahme.

Eine juristische Niederlage im Falle des Widerspruchs, dieser kommt garantiert, kann sich die Verwaltungs-Behörde definitiv nicht leisten. Sollte diese Verbotsverfügung allerdings rechtlich Bestand haben, dann kommen äußerst schwere Zeiten auf die Höllenengel zu, da mit Sicherheit davon auszugehen ist, dass sämtliche Bundesländer sich ranhängen werden. Und was kommt dann?

Wenn das passiert, könnte sich eine behördliche Eigen-Dynamik entwickeln und tatsächlich auf die gesamte MC-Szene überschwappen. Die 1%-Clubs und deren Member sind dann zwar noch immer da, aber eine gesamte Subkultur würde in seinen Grundmauern erschüttert. Diese Maßnahme erweckt in mir die Vermutung, dass es schon jetzt keine Rolle mehr spielt, welcher Name im Top-Rocker steht, denn für den Staat heißt es dann nur noch: „Schuldig!“

Das steht im völligen Gegensatz zur rechtsstaatlichen Unschuldsvermutung. Ich bleibe an dem Thema dran. Dieses Vorgehen ist extrem gefährlich. Im Vereinsrecht musste der Staat bisher nachweisen, dass der gesamte Verein nur deshalb besteht, um durch Straftaten Kapital zu bilden. Die Anzahl der Verbote von Chaptern/Chartern stieg zwar merklich an, aber die hohen Hürden des Vereinsgesetzes ließen eben doch nur diese wenigen konkreten Verbotsverfahren zu. Das jetzige Verbot alleine des Tragens der Kutte trifft aber alle Member und stellt somit für mich einen Generalverdacht dar, dem nun selbst der nicht vorbestrafte und unbescholltene Member unterworfen wird.

Sprechen wir hier etwa über eine neue Form von Sippenhaft?

Daher sollte man keinesfalls nach dem Motto „Selber schuld“ in Häme verfallen. Wir reden hier nämlich über den vehementen Eingriff in die verfassungsmäßigen Rechte des Einzelnen. Natürlich muss sich der HAMC die Frage stellen, was er tat oder zuließ, um überhaupt diese Maßnahme staatlicher Raison hervor zu rufen, doch ändert es nichts daran, dass Maßnahmen dieser Art undifferenziert und rechtsstaatlich höchst bedenklich sind. Da es aber ohnehin Überlegungen gibt, die in der Republik als hohes Gut festgelegte Unschuldsvermutung zu kippen und umzukehren, passt das alles irgendwie ins Bild.

Warten wir die demnächst zu erwartenden Erklärungen der Staatsdiener ab und steigen dann tiefer ein!

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.