Öffentliche Bikerevents: An was muss man alles denken?

Ich werde immer mal wieder darauf angehauen, ob ich nicht mal etwas zu den potentiellen Kosten und notwendigen Standards eines öffentlichen Bikerevents (keine Clubpartys) sagen könne. Klar doch, immerhin habe ich schon mehr als ein Dutzend Treffen bzw. Aktionen organisiert. Ich arbeite das Thema in einer Liste ab. Diese erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, dient somit nur als Anhalt. Ich gehe von öffentlichem Grund aus. Los geht es!

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1. Die Behörde/Auflagen:

Als erstes solltet ihr mit den zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen. Wendet euch am besten an das Bauamt, denn i. d. R muss bei öffentlichen Plätzen ein baurechtlicher Antrag gestellt werden. Bittet den Behördenleiter darum, das ihr euch im Vorfeld mit allen relevanten Abteilungen in einem Meeting austauschen könnt. Natürlich sollte man dazu ein Grobkonzept in der Tasche haben.

Hier bekommt ihr bereits die ersten Hinweise in Bezug auf u. a. verkehrsrechtliche Aspekte, Sanitätsdienste und den Lärmschutz. Das Gespräch dient dazu, um die von der Behörde zu erwartenden Auflagen einschätzen zu können. Fragt ganz gezielt nach diesen Auflagen, damit ihr nach dem Talk bereits Kosten ermitteln könnt und um überhaupt die Rechtmäßigkeit der potentiellen Auflagen prüfen könnt.

2. Das Gelände:

Ein ganz wichtiger Faktor. Das Gelände bietet im günstigsten Fall bereits eine gute Logistik. Worauf müsst ihr achten? Starkstrom (Aspekt Bühne/Bands), Gullis (Aspekt Händler Schmutzwasser), Wasserzuleitung (Aspekt Händler Frischwasser), Lager (Aspekt Getränke/Equipment) , Campground (Aspekt Übernachtung), Parkplätze Bikes, fester Grund für Händler und Bühne, Absicherung (Aspekt Verkehr), u.s.w..

Bei Bikes, Music & More Vol. 4 auf dem TÜV-Gelände war eine optimale Logistik vorhanden. Ein Jahr später musste ich auf der städtischen Wiese alleine 180 Meter Zaun und knapp 150 Meter Stromkabel stellen. Kosten nur dafür? Vierstellig!

Wer eine Ausfahrt integrieren möchte, braucht oftmals eine Versicherung.

3.Bühne/FOH:

Ab einer bestimmten Größe muss für die Bühne eine Statik vorgelegt werden. Das kostet. Bei 6 x 4 Meter Bühnenumfang normal nicht notwendig. Holt euch Referenzen ein, vergleicht die Angebote. Achtet dabei aber nicht nur auf den Preis, sondern insbesondere auf das, was der Dienstleister an Technik für die Beschallung und das Licht anbietet. Er soll euch einen Techical Rider erstellen. Den gibt man an die angefragten Bands weiter. Nicht, dass die nach dem Booking mit Specials kommen, die durch das Angebot des Veranstaltungstechiker nicht erfasst sind und das Booking nachträglich verteuern. Bei mehrtägigen Events denkt an eine Bühnenwache!

4. Zelte:

Auch hier gilt, dass ab einer bestimmten Größe ein Statikbuch vorgelegt werden muss. Statt einem großen Zelt kann man daher besser zwei oder drei kleinere aufbauen lassen. Prüft das genau, die Anbieter kennen sich aus. Überdachte Plätze sind wichtig. Ohne habt ihr bei einem einsetzenden Regen das Problem, dass die Besucher abhauen. Das kostet Umsatz!

Händler sind im Beiprogramm unerlässlich. Stellt euch aber auf Gemecker ein!

5. Die Germa:

Ganz wichtig. Klärt das unbedingt im Vorfeld. Hier kann man eine böse Überraschung erleben. Die Gema rechnet nach Eintritt und Fläche pro Veranstaltungstag ab. Ermittelt also zuerst den für euch zuständigen Tarif. Wenn ein Campground vorhanden ist, kann es problematisch werden, wenn die Gema dieses nachträglich als beschallte Fläche mit einkalkuliert. Plötzlich werden aus 1.000 m2 Beschallungsfläche 10.000. Dann knallt das richtig im Karton. Ergo unbedingt auf den Standort der Bühne achten.

Coverbands sind generell Gema-Pflichtig. Bei Bands mit Eigenkompositionen kommt es darauf an, ob die Titel von der Band oder dem Künstler der Gema gemeldet sind. Wenn nicht, fällt keine Gebühr an. Es ist definitiv möglich, bei einer dreitägigen Veranstaltung nur für einen Tag Gema-Gebühren entrichten zu müssen, wenn der Time Table gut organisiert wird. Die Gema wird gerne gemieden. Leute, das kann sowas in die Hose gehen. Denn ohne vorherige Meldung, kann die Gema doppelt zuschlagen. Also vorher abklären.

5. Küstlersozialkasse:

Gagen sind bei dieser Kasse meldepflichtig. Der Satz liegt m. E. bei 5,70 % der gezahlten Gagen. Ruft bei der Kasse an und lasst euch beraten!

Nur Gage und Technik? Nö, auch Gema und KSK melden Ansprüche an!

6. Sanitätsdienste:

DRK, Johanniter & Co stehen im Wettbewerb. Allerdings kommt ihre Postion einem Monopol gleich. Denn die wissen ja genau um den Umstand, dass ihr von der Behörde eine Auflage bekommen habt. Verhandeln kann man im Normalfall dennoch.

Hier ist es aber wichtig zu wissen, was gestellt werden muss. Ein Rettungshelfer oder ein Rettungssanitäter, ein KTW oder eine Behandlungszelt. Hat alles Einfluss auf den Tarif. Auch hier kann ordentlich Geld gespart werden. Mittlerweile gibt es auch Firmen, die sowas anbieten. Ergo unbedingt prüfen, ob das Angebot die Auflagen übererfüllt. Und wenn gleich nebenan eine Klinik ist, dann verhandelt die Auflage KTW weg.

7. Die Künstler:

Tja, das ist ein Thema für sich. Manche Coverband spielt sich auf wie ein Headliner, mancher echte Headliner kommt unerwartet easy rüber. Natürlich müsst ihr Bands anbieten, die einen gewissen Bekanntheitsgrad haben, wenigstens regional. Achtet jedoch unbedingt darauf, wie oft die Bands vor eurem Event in der Region aktiv sind.

Hat die Truppe schon zwei Gigs unmittelbar vor meiner Aktion bespielt, dann weiche ich auf eine andere gleichwertige Band aus. Denn hat der Besucher die Band X gerade erst zweimal live erlebt, muss er sich diese ja nicht erneut geben. Lasst euch das also durchaus vorher zusichern, insbesondere von den Headlinern.

Flyer sind unerlässlich, kosten wenig. Aber man muss diese auch konsequent verteilen! Sie alleine über das Fratzenbuch zu lancieren, stellt kein komplettes Marketing dar.

Für die Gage gibt es an sich keine Faustformel. Bands, die einen vollen Time Table haben, verlangen meistens mehr Gage, als Bands, die eher selten live auftreten. Ist die Forderung ungewöhnlich hoch, so fragt die Booker der Band doch mal, ob sie gemessen an dem Eintrittspreis eine bestimmte Menge an zusätzliche Besuchen garantieren können. He he…meistens herrscht dann das Schweigen im Wald.

Achtet darauf, ob die Bands ein gutes Marketing zur Unterstützung der Veranstaltung anbieten können. Habt ihr selber den Eindruck, dass die Truppe diesbezüglich gut engagiert ist, dann ist es durchaus ratsam eine solche Band zu buchen, auch wenn diese ggf. 200 Euro mehr kostet als eine andere Truppe, die aber insbesondere in den Social Medias nicht stattfindet. Schaut euch daher durchaus mal den effektiven Content an. Wer auf ein cooles Bandvideo verweist, aber nur 200 Aufrufe hat, der muss mir nicht mit Divengehabe kommen.

Stellt euch auf sowas ein! An sich ganz easy, wenn alle Infos der Händler pünktlich kommen.

8. Das Marketing:

Ganz wichtig und wird meistens völlig liegen gelassen. Man erstellt bestenfalls eine Facebookseite und das war es dann. Triebfeder ist an sich nur der Umstand, dass diese Page im Fratzenbuch kein Geld kostet. Da laufen dann oftmals viele Kommentare von Leuten, die man ohnehin bereits kennt. Das gefällt dem Ego, hat aber reinweg nichts mit professionellem Marketing zu tun. Ihr braucht die Fremdkontakte!

Schaut euch im Markt um, baut Kontakte zu den Redaktionen der führenden Medien in eurer Region auf. Redakteure stehen unter Produktionsruck. Nutz das! Liefert ihnen eine komplette Presseinfo mit Pressetext, hoch auflösenden Fotos der Künstler und Bands (bei Print mind 200 dpi), Links, usw.. Je weniger Arbeit der Redakteur hast, desto höher ist die Chance, dass er euch mit einem Beitrag vorstellt.

Redaktionelle Berichte sind abnorm wichtig. Fragt bei den Medien nach!

Dieser Bereich wird fast nie von privaten Veranstaltern wirklich angegangen. Aber der Marktwert ist immens. Redaktionelle Beiträge erzeugen eine höhere Wahrnehmung als die meisten Anzeigen. Für meine Events habe ich das mal ausgerechnet, man nennt das Äquivalenz. Ich lag immer im 5stelligen Bereich pro Event und eine prall gefüllte Pressemappe war stets ein gutes Argument für potentielle Händler. Setzt unbedingt ein Bugdget dafür an!

9. Händler:

In diesem Bereich liegt u.a. das Kapital, mit dem ihr Kostenrisiken auffangen müsst. Gewerbliche Händler zahlen ein Standgeld. Wer da wie das Kaninchen vor der Schlange agiert, hat schon verloren. Leute, ihr bietet denen eine Plattform, auf der sie ihr Business betreiben. Die müssen nichts anderes tun, als zu kommen. Klar wollen die kein Geld bezahlen, im Einkauf liegt ja auch der Gewinn, aber ich sehe das Standgeld als Solidaritätsumlage für eure Bemühungen, etwas auf die Beine zu stellen, für das ihr euch den Arsch aufreißt.

Lasst euch von den Händlern ein Belegfoto des Standes zumailen. Keiner will eine Krücke dabei haben! Sowas wie oben verkauft auch besser!

Eines habe ich festgestellt: Die am härtesten verhandeln, sind letztlich diejenigen, die am meisten meckern, wenn nicht genügend Besucher gekommen sind. Womit wollt ihr das Marketing finanzieren? Holen die euch aus der Scheiße, wenn ihr auf den Arsch bekommt? Nö! Kalkuliert das Standgeld solide oder nehmt wenigstens eine Umsatzbeteiligung, überlicherweise 15%. Ich nehme imme rein festes Standgeld!

Sponsoren!

Wenn da schon eine Bühne steht, kann man diese doch auch als Plattform für Sponosren anbieten. Links und rechts neben der Bühne ist Platz, hinter dem Drumkit ist Platz. Auch die Werbung bietet sich für Sponsoring an. Wenn ihr Flyer erstellt oder Banner/Inserate bucht, kann man hier eine Medienpartnerschaft anbieten, Logos einbauen. Die Nummer wirkt dadurch natürlich kommerzieller, aber mit den ewig Mäkelnden solltet ihr leben können, wenn euer Risko erheblich minimiert wird.

10. Ausfahrt:

Das ist stets das i-Tüpfelchen. Bei Bikes, Music & More Vol. 1 bis Vol. 5 gab es immer eine Ausfahrt. 2011 waren wir mit 600 Bikes unterwegs. Grandios, aber ich musste im Antragsverfahren eine Versicherung nachweisen, die das auch abdeckt. Die kostet locker mehrere Hundert Euro. Hinzu gesellt sich der Umstand, dass die Rennleitung immer seltener dazu bereit ist, dass Pack zu begleiten und in einigen Regionen bereits Kohle dafür verlangt wird. Roadblocker sind natürlich Pflicht. Und die sollten wissen, was sie tun.

Eine Ausfahrt kann man auch mit einer Message belegen und als Demofahrt anmelden, dann läuft die Nummer über das Versammlungsrecht und die Rennleitung muss mitziehen. Persönlich stehe ich auf dem Standpunkt, dass die Veranstaltung dann aber auch euer Thema erfasst.

11. Ordner:

Daran kommt man an sich nicht vorbei. Bei mir waren es stets befreundete Biker, die das sogar für umme gemacht haben. Davon kann man aber nicht ausgehen. Hier ist es ultra wichtig zu wissen, was die Behörde verlangt. Ein Tipp, stellt da keine Leute in Kutte hin. Nach vier Jahren ohne, habe ich den Jungs die Kutte gestattet, weil ich dachte, man kennt sie ja. Volles Eigentor! Freebiker hat das echt abgeschreckt. Möglich, dass dieses nur bei mir so war, aber die Kommentare belegten das im Nachhinein klar.

12. Lärmschutz:

Da müsst ihr ran. Grundsätzlich gilt, dass bei dem zum Event am nächsten gelegenen Punkt, wo ein Anlieger gestört werden könnte, nicht mehr als 75 db bis 22.00 Uhr ankommen dürfen. Danach sogar nur 55 db. (mein Letzter Stand in Niedersachsen) Das ist an sich nicht zu erfüllen, wenn Bikes ankommen und Live-Musik läuft. Dieser Punkt dürfte insofern bei der Wahl der Fläche eine Rolle spielen. Stimmt euch mit dem Veranstaltungstechniker deswegen ab. Ich habe immer ein Protokoll über das Mischpult fertigen lassen.

Es gibt noch weitere Aspekte, auf die man achten sollte. Ihr seht aber alleine an den oben genannten Punkten, es steckt unendlich viel Arbeit drin. Von daher ist es mehr als angebracht, in seiner Kritik an den Veranstaltern stets sachlich zu sein. Sie haben es nicht verdient für ein missglücktes Event auch noch mit Pech und Schwefel von Leuten übergossen zu werden, die nur konsumieren und selber nichts geschissen bekommen.

Ich ziehe den Hut vor jedem Biker, der sich sowas ohne gewerblichen Backround antut. Deswegen bin ich auch gerne bereit mit Rat zu Seite zu stehen. Allerdings nicht zu jeder Zeit und nicht in jedem Fall!

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.