Buchkritik: „Auf heißen Stuhl im Rockerkrieg“!

Dr. Michael Ahlsdorf – mehr Insider geht nicht?

Er war der Chefredakteur der Bikers News, dem ehemaligen Checkpoint der Rocker in der deutschen Medienlandschaft. Wie wir alle wissen, wurde auch die Bikers News in das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Huber Verlags hineingezogen und musste letztlich eingestellt werden.

Die Bikers News wurde zwar stets von vielen kritisch betrachtet, aber für mich war sie letztlich ein wichtiges Sprachrohr der Szene und tatsächlich der einzige Titel, bei dem man eine reflektierte und neutrale Berichterstattung voraussetzen konnte, wenigstens das Bemühen darum. Allerdings empfand ich die Bikers News auch immer als arrogant und reichlich selbstverliebt.

Wie dem auch sei, 20 Jahre lang saß Dr. Michael Ahlsdorf (im weiteren ohne Titel) dort auf dem Stuhl des Chefredakteurs und hat nunmehr seine Erlebnisse und Erfahrungen in dem Buch „Auf heißem Stuhl im Rockerkrieg“ niedergeschrieben. Schreiben kann er, für mich war daher letztlich viel interessanter, ob das Buch wirklich schonungslos, ehrlich, offen und provokant daherkommt, so wie es Ahlsdorf auf der Umschlagseite 4 seines Buches verspricht.

Mein Eindruck!

An sich war mir bereits vor dem Lesen des Buches klar, dass ich nicht die Erkenntnisse gewinnen werde, die der Buchtitel selbst suggeriert. Ahlsdorf war nie Member in einem MC, insofern verfügt er über keinerlei persönliche Erfahrungen und Erlebnisse innerhalb der Struktur eines Clubs, völlig latte, wie oft er mit Leuten aus den Clubs Kontakt hatte. Echte Insiderinfos aus den Clubs waren daher nicht zu erwarten, denn dieses hätte vorausgesetzt, dass aktive Member aus den Clubs aber mal so richtig aus dem Nähkästchen geplaudert hätten. Das war absolut nicht zu erwarten.

Unabhängig davon hat Ahlsdorf über die Jahre hinweg viele Gespräche mit hochrangigen Membern der großen Clubs geführt und dadurch sicherlich Wechselwirkungen erfasst, die für die meisten Szenegänger ein Leben lang im Verborgenen bleiben werden, weil sie eben gar nicht auf dieser Ebene mit Patchholdern in Kontakt geraten, schon mal gar nicht hinsichtlich brisanter Inhalte. Für diese Leute hat das Buch insofern einen durchaus informativen und aufklärenden Charakter und dürfte für einige Aha-Effekte sorgen. Die Sensibilität der Gespräche und der seriöse Umgang mit Infos kommt jedenfalls durchaus erkennbar zum Ausdruck

Langjährige Szenegänger werden durch das Buch zwar an die Chronologie von Vorkommnissen erinnert, erhalten hier und da auch eine nützliche Zusatzinfo, aber wirklich spektakuläres oder fundamental Neues konnte ich nicht vernehmen. Ich stellte allerdings fest, dass sich Ahlsdorf selber als den wohl einzig wirklich fähigen Mitarbeiter in der Redaktion Biker News hielt, denn den schreibenden Kollegen zu attestieren, dass ihre Arbeit in der Regel kaum das Know How einer Schülerzeitung überstieg, mag ggf. der Realtität entsprechen, kam bei mir jedoch wie Selbstbeweihrauchung an, zumal derartige Anspielungen öfters im Buch vorkommen.

Klar, Ahlsdorf ist intelligent und als Journalist erfahren, ob er nun allerdings der ultimative Insider ist, nun, die Antwort darauf hat mir das Buch nicht gegeben. Bemerkenswert ist allerdings schon, dass er hier und da aufgrund seiner Berichterstattung richtig Probleme mit den Clubs hatte und er dennoch stets am Ball blieb und sich immer wieder um die Kontakte neu bemühte. Zwischen und auf gelegentlich heißen Stühlen saß er ganz sicher immer mal wieder und wer sich dennoch 20 Jahre diesen Ritt antut, dem sollte man Respekt zollen.

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Fazit!

Das Buch hat mich weder mitgerissen, noch war ich ultra enttäuscht. Es gibt einen guten Einblick in die Verlagssarbeit von Ahlsdorf, wobei sich manche Bezüge einem nur dann erschließen, wenn man die jeweilige Berichterstattung aus der Bikers News kennt oder nah am Thema war.

Alles in allem hatte ich das Taschenbuch in vier Tagen durch, bei mir ein Zeichen dafür, dass Ahlsdorfs Schreibstil lässig daherkommt. Kann man kaufen, muss man aber nicht und irgendwie hatte ich beim Lesen die ganze Zeit das Gefühl, dass er uns etliches nicht erzählt hat.

Kontakt: https://m-ahlsdorf.de/

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.