Kurz-Geschichte zur X-Mas-Time

Irgendwie war mir danach eine Kurz-Geschichte zu verfassen. Also habe ich einfach drauflos geschrieben. Vieles ist autobiografisch, manches nicht. Die jeweiligen Kapitel haben keine Überleitungen. Wie gesagt, einfach so in die Tasten gekloppt. Morgen und übermorgen dann Teil 2 und 3. Enjoy it!

Kapitel 1:

Schon von Weitem hörte man das Dröhnen der Motoren. Als die Truppe hinter mir jedoch in den Tunnel einfuhr, wurde es beinahe unerträglich. Mein Gott, was für eine Lautstärke. Selbst ein Gruppe von Panzern hätte einen solchen Lärmpegel kaum überbieten können.

Die Typen auf ihren schweren Maschinen kamen immer näher. Ich wurde nervös, blieb tunlichst auf der rechten Spur. Immer wieder wanderte jedoch mein Blick in den Rückspiegel. Die ersten Böcke schlossen auf der linken Spur zu mir auf. Einerseits wollte ich jetzt bloß keinen Fehler machen, andererseits war meine Neugierde so groß, dass ich mich kaum auf den Verkehr vor mir konzentrieren konnte.

Dicht an dicht knatterten sie an mir vorbei. So wie diese Typen auf ihren Böcken saßen, waren sie sich durchaus ihrer Wirkung auf andere Verkehrsteilnehmer bewusst. Irgendwie strahlten sie eine totale Gleichgültigkeit aus. Ich bin mir sicher, selbst ein Streifenwagen vor mir, hätte nicht zur Einhaltung der Geschwindigkeit sowie eines angemessenen Sicherheitsabstandes geführt. Das war denen total egal.

Auf ihrem Rücken prangte der Schriftzug „Geschwader der Straße“. Ich hatte noch nie etwas von diesem MC gehört. Jedenfalls gehörten diese Typen zu der Art von Männern, denen man besser nicht doof kommt. Nach 10 Minuten war die Nummer durch und sämtliche Spießer steckten ihre Handys wieder in die Tasche.

Ich traf im Sportstudio ein und zog mein Workout schnellstmöglich durch, denn am Abend hatte ich noch Dienst an der Tür auf der Meile. Schon lange hatte ich auf diese Nummer keinen Bock mehr, aber irgendwie kam ich nicht davon los. In den letzten Monaten knallte es ziemlich oft und die Aktionen wurden immer brutaler und unberechenbarer. Ich fing an mir Gedanken zu machen, ob es nicht besser sei, den Job einfach an den Nagel zu hängen. Ganz ehrlich, die letzte Verurteilung wegen gefährlicher KV an der Tür, hatte mich im Grunde einen ganzen Jahreslohn gekostet und der Inhaber der Diskothek war noch nicht einmal ansatzweise bereit, mich zu unterstützen. Mit Drogen hatten wir nichts am Hut und bisher gab es auch tatsächlich keinerlei Versuche, die Tür zu manipulieren. Somit reden wir hier auch nicht über horrende Beträge, die wir uns nach einer unendlich langen und oftmals nervigen Nacht in die Tasche stecken konnten.

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Kapitel 2:

Die Schicht war mal wieder total ätzend. Immer dieselben Gesichter, dieselben Erklärungen an unerwünschte Gäste. Ich konnte die Kollegen mit Migration-Hintergrund ja irgendwie auch verstehen, dass der Spruch „Nur für Stammgäste“ diskriminierend wirkt. Allerdings hatte ich auch meine ganz eigene negative Erfahrung gemacht, als ich mich von einem recht jungen türkisch stämmigen Burschen belabern ließ und derselbe Typ, kaum das er hinein durfte, die Weiber von Stammgästen belästigte, egal ob der Partner daneben stand oder nicht. Logen flog er ruck zuck raus und bekam für seine große Fresse auch gleich mal zwei Ohrfeigen. Doch als ich dann in den Lauf seiner Knarre blickte und er den Abzug betätigte, bereute ich meine Kulanz umso mehr. Mein Glück bestand darin, dass der Typ nicht durch geladen hatte, sonst würde ich heute die Radieschen von unten anschauen.

So gegen 23 Uhr betraten zwei kernige Männer den Laden. Ihre Klamotten entsprachen nun beileibe nicht der angesagten Kleiderordnung und ich stellte mich auf Stress ein. Eines war mir klar, wenn es gleich ein Tänzchen gibt, dann musst du alles aufbieten und zudem hoffen, dass dein Kollege ebenfalls einen verdammt guten Tag hat. Die rochen förmlich nach Ärger. In jedem Fall sah man sofort, dass sie Rocker waren.

Doch es kam anders. Mein Kollege bekam ein Grinsen ins Gesicht. Anscheinend kannten sie sich. Dementsprechend herzlich fiel die Begrüßung aus. Alles klar, Entwarnung war angesagt. Ich schüttelte freundlich deren Hände und stellte mich zurück an den Counter. Vorsichtig schob ich den Knüppel wieder unter den Tresen. Ich hatte ihn für alle Fälle schon einmal griffbereit an die Seite gestellt.

Mein Kollege unterhielt sich sehr angeregt mit einem Typen, der auf seiner Juppe das Präsidenten-Patch trug. Ich wusste, dass er in einem MC eine Ansage gemacht hatte, doch interessierte mich diese Szene so überhaupt nicht. Klar, Männer auf schweren Kisten fand auch ich geil, aber zu der damaligen Zeit war ich der absolute Lone-Ranger und keinesfalls auf Gruppendynamik eingestellt.

Irgendwie kam ich dann mit dem zweiten Rocker ins Gespräch. Reiner Small-Talk, nichts Besonderes. Was mir jedoch auf Anhieb gefiel, war diese totale Lockerheit und Selbstverständlichkeit, mit der sie uns gegenüber traten. Da war nichts zu spüren von Poserei oder Machtgehabe, im Gegenteil, diese Jungs wirkten abgeklärt und souverain.

Bevor sie gingen, drückte mir der Präsident noch einen Flyer in die Hand. Da stand irgendetwas von Open House drauf. Ich steckte das Teil ein und mein Kollege und ich waren froh über ein wenig Abwechslung in dem tristen Alltag eines Türstehers. Angefixt war ich jedoch zu diesem Zeitpunkt keinesfalls. Ich hatte noch nicht einmal registriert, dass die beiden Kollegen Member im Geschwader der Straße waren.

Kapitel 3:

Freitag Abend, meine Alte hatte Dienst in der Diskothek. Derselbe Laden, in dem auch ich beschäftigt war. Ich gehörte jedoch keineswegs zu den Typen, die ihrer Partnerin vor lauter Eifersucht in der Freizeit den ganzen Abend über die Schulter schauten. Die Ehe war ohnehin im Arsch und ich stellte mich auf einen gemütlichen Abend vor der Glotze ein. In der Küche machte ich mir was zu Futtern und entdeckte an der Pinnwand den Flyer, den mir der Präsident seinerzeit an der Tür in die Hand gedrückt hatte. Aha, heute Abend war also Open House. Ich dachte mir, ok, schwing dich in den Sattel und fahre einfach mal vorbei. Schließlich war deren Klubhaus nur wenige KM von unserer Wohnung entfernt. Die Brote wurden noch schnell vertilgt. Da es relativ warm war, zog ich mir mein gelbes Hemd und eine 3/4-Camouflage-Hose an. So machte ich mich mit meinem Fahrrad auf den Weg. Ihr habt richtig gehört. Ich bin da tatsächlich mit dem Drahtesel hin. Von weitem entdeckte ich bereits die Bude. Vor dem Haus standen etliche Böcke, die Männer hatten einige Bierzelt-Garnituren raus geschafft und saßen relaxt auf den Bänken. Schon von Weitem konnte ich sehen, dass sie mich erblickt hatten. Neugierig hoben sie ihre Köpfe an und checkten die Lage. Es muss wohl recht lustig ausgesehen haben, als knappe 142 Kg auf einem 26er-Fahrrad in deren Richtung radelten und vermutlich hielten sich mich eher für einen Hafenarbeiter, der mal eben in seine Stammkneipe will.

Als ich dann aber in deren Richtung abbog, guckten sie dann doch relativ verdutzt. Ich parkte mein Fahrrad neben eine Karre. Kaum war ich um die Ecke, wurde ich erst einmal angeraunzt. „Alter, stell sofort dein beschissenes Fahrrad woanders hin. Kannst Du nicht lesen?“

Tatsächlich stand auf einem Schild „Only Harley“. Doch was scherte mich das. Ich habe mir echt nichts dabei gedacht und fand die Aktion auch recht witzig. Ich quälte mir ein Hallo heraus und betrat das Klubhaus. Sofort merkte ich, dass sämtliche Blicke auf mich gerichtet waren. Man konnte förmlich spüren, wie die Besucher sich fragten, was ich denn an diesem Ort verloren hätte. Ich stellte mich an den Tresen, doch in der Gruppe der schwarz gekleideten Horde fühlte ich mich tatsächlich irgendwie deplatziert. Der Präsident begrüßte mich freundlich und wir unterhielten uns über Gott und die Welt. Als nächster stand der Vize neben mir. Die Nummer verlief jedoch ganz anders. Zwar konnte er sich noch eine einigermaßen freundliche Begrüßung abringen, aber im weiteren Verlauf kam ich mir eher vor wie in einem Verhör. Zudem fühlte ich mich sowas von gecheckt. Irgendwann wurde mir das zu blöd und ich setze mich draußen auf eine der Bierbänke. Das Wetter war geil, auf dem Tisch standen Salzstangen und überall wurde geplaudert. Das gefiel mir schon deutlich besser.

Ich weiß nicht mehr, wie lange ich an diesem Abend dort war. Eines jedoch war klar. Dies würde nicht mein letzter Besuch gewesen sein. Jetzt war ich angefixt!

Es folgt Teil 2

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.