Meinung: DLzG!

Beitrag aus 2016!

„Die Linke zum Gruß“ ( Kurzform: DLzG ) kennen wir sicherlich alle als althergebrachte Solidaritätsbekundung unter Bikern. Praktiziere ich diesen Gruß? Selten, und wenn auch nur spontan. Mir ist es auch grundsätzlich egal, welche Marke mir entgegen kommt. Früher war das anders. Als junger Biker ohne jede Lebenserfahrung gehörte für mich der Gruß zum guten Ton. Reflexartig zuckte die Linke raus.

DLzG ist für mich heutzutage an sich nur noch ein geflügeltes Wort.

DLzG ist für mich heutzutage an sich nur noch ein geflügeltes Wort.

Mittlerweile habe ich so viele Erfahrungen in der Biker-Szene gesammelt, dass ich mir die Nummer klemme, weil diese Form der Solidaritätsbekundung heutzutage kaum noch echte Substanz hat. Unabhängig davon, dass Club-Biker stark auf die eigene Truppe fixiert sind, gibt es etliche Gründe. Besonders einprägend waren für mich die Erfahrungen auf meinen Veranstaltungen Bikes, Music & More Vol. 1 bis Vol. 5, wo wir grundsätzlich eine Ausfahrt angeboten haben, deren Teilnahme nicht von dem Besuch des Events abhängig war.

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Da kamen schon mal bis zu 11 Km Konvoi zusammen, alle hatten ihren Fun, es gab günstiges Futter in der Pause, und Vol. 1 und 2 waren auch noch nicht mit Eintritt belegt. Kaum vorbei, tauchten die ersten Selfies im Netz auf und es wurde das große „Wir“ ausgerufen. Als sich das Prozedre zu Vol. 3 änderte, es ging dem der Wechsel vom Jute- zum Tüv-Gelände voraus und wir stemmten die Nummer komplett auf eigenes Risiko, änderte sich die nach der Ausfahrt festgestellte Frequenz auf das Event schlagartig. Plötzlich gafften die Mehrzahl der Teilnehmer zunächst durch den Zaun, checkten erst einmal die Lage. An der Kasse wurde über 7 Euro Eintritt gemosert, für die wir nur am Samstag fünf Bands plus eine ordentliche Biker-Meile am Start hatten.

Bin ich dabei. Unterschied zum Biker-Gruß? Man schaut sich in die Augen!

Bin ich dabei. Unterschied zum Biker-Gruß? Man schaut sich in die Augen!

Das alleine für die Genehmigung der Ausfahrt eine Versicherung abgeschlossen werden musste, Prämie über 400 Euro, interessierte keine Sau. Ebenso wenig machte man sich einen Kopf über die unzähligen Arbeitsstunden der Orga. Ok, sowas muss man in Kauf nehmen, es geht ja nicht darum einen Pokal zu bekommen, doch zu Volume 5 platze mir dann der Kragen und ich ging offensiv auf die Biker zu und fragte sie direkt, ob sie sich eigentlich darüber im klaren wären, wie hoch der finanzielle Aufwand und das damit verbundene Risiko für einen Einzel-Veranstalter sei. Beschämt guckten die mich nur an. Einige entschuldigten sich dann sogar dafür, dass sie sich keinen Kopf gemacht hätten.

Ergebnis? Plötzlich lösten 80 Prozent der Teilnehmer ein Ticket. Nur kamen die am Abend gar nicht wieder. In dem Moment war mir klar, dass es letzlich auch den Bikern in der Mehrzahl nur darum geht, sich möglichst für umme berieseln zu lassen. Solidarität gegenüber den immensen Anstrengungen völlig fehl am Platze. Ja, es gibt Ausnahmen, aber eben nur Ausnahmen. Im Fratzenbuch sind alle ganz groß und beschwören den Bikers-Code, machen auf Solidarität. In den meisten Fällen sind das verbale Phrasen, die am besten noch abgeduckt unter einem Pseydonym stattfinden oder wenn man sich sicher ist, dass die Mehrheit die eigene Meinung trägt.

Ausfahrt Bikes, Music & More Vol. 2!

Nee, wenn die Linke zum Gruß das einzige ist, was Biker miteinander real verbindet, dann gelte ich lieber als arrogantes Arschloch. Natürlich entscheidet jeder selber, was er wann und wo macht, aber mir soll keiner mit Solidarität kommen, wenn er nicht einmal im Ansatz bereit ist einen realen Beitrag zu leisten. Wenn ein Biker für sich in Anspruch nimmt etwas Besonderes zu sein, der Umstand das wir auf der Straße in der Minderheit sind gilt für mich nicht, dann muss er bereit sein, die Szene aktiv zu unterstützen und sich auch dort dafür einzusetzen, wo es ggf. für ihn selbst schwierig werden könnte. Und da die meisten dem Mainstream erlegen sind, wüsste ich auch nicht, warum ich die Linke zum Gruß praktizieren sollte.

Und kommt mir jetzt nicht mit der Respekt-Nummer. Ich respektiere Menschen für das was sie sagen im Verhältnis zu dem was sie tun. Sorry, da reicht mir eben DLzG nicht mehr. Gib mir die Hand und gucke mir in die Augen. So fängt es an. Das gilt für Free- und Club-Biker gleichermaßen. Feuer frei!

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.