Pushen die Medien Mc’s?

Immer dann, wenn sich die Medien mal wieder über die ach so gefährliche Rocker-Szene auf breiter Ebene auslassen, habe ich das Gefühl, dass sich das Karussell schneller dreht und immer mehr Leute aufspringen. Die Anzahl der neu gegründeten Chapter werte ich als Indiz dafür. Auch wenn es nur bestimmte MC’s sind, die sich gerade in jüngster Vergangenheit nicht nur in unserer Republik breiter aufstellen und anscheinend einen klaren Expansionsgedanken verfolgen, stellt sich doch die Frage, warum es häufig dann zu anscheinend hohen Zuläufen in diesen Clubs kommt. Machtstreben und Business allein, wie immer wieder angeführt, können nicht der alleinige Grund sein.

In einem Interview hatte es schon der Pressesprecher des Hells Angels MC Germany, „Django“, relativ klar zum Ausdruck gebracht, in dem er konstatierte, dass die mediale Ausschlachtung von Ereignissen und der Verfolgungsdruck von Behörden, den MC nur stärker machen.

Das muss das Ziel sein!

Das muss das Ziel sein!

Push-Up-Effekte?

An sich müsste man ja vom Gegenteil ausgehen. Wenn dir permanent die Bude eingerannt und deine Member auf Schritt und Tritt observiert werden, so würde der Nicht-Szene-Kenner doch eher vermuten, dass medialer Druck massive Austritte zur Folge hätte. Keineswegs!

Damit dürfen wir zu mindestens vage die Vermutung in den Raum stellen, dass die Medien auf gewisse Art sogar die betroffenen MC’s pushen. Bei genauer Betrachtung sicherlich gar nicht so weit hergeholt. Diese Annahme erklärt sich durch den Bruderschaftsgedanken selbst. Wenn du immer wieder auf die Mütze bekommst, rücken die Member noch enger zusammen und das Gruppengefühl wird gestärkt. Das individuelle Erleben von negativen Erlebnissen, lässt sich in einer starken Gemeinschaft definitiv besser aushalten. Man gibt sich gegenseitig Halt und schwört die Leute aufeinander ein. Reine Psychologie, die in der Szene durch den Individualismus der Rocker und ihre Bereitschaft zur gesellschaftlichen Abgrenzung einen nahrhaften Boden findet. Im Ergebnis zieht dieses genau die Menschen an, die besonderen Wert auf tatsächlich gelebte Loyalität und ein klares Standing ohne Vorbehalte gegenüber der eigenen Person legen.

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Schlussforderungen

Im Umkehrschluss könnte es bedeuten, dass bei sinkender Aufmerksamkeit durch Behörden und Medien, die Clubs eher Leute verlieren, bzw. sich das Karussell langsamer dreht. Dafür gibt es keine Auswertungen, doch rein subjektiv betrachtet, scheint es in der Tat der Fall zu sein. In ruhigen Zeiten konzentriert man sich mehr auf sich selbst und setzt sich mit der eigenen Philosophie stärker auseinander. Da sind es dann wieder die Beziehungen untereinander, die deutlicher in den Vordergrund geraten und eher zu einem kritischen Hinterfragen des Verhaltens in den eigenen Reihen führen können. Zudem hast du einfach mehr Zeit, dich selbst und deine individuellen Bedürfnisse zu hinterfragen. So liegt die Vermutung nahe, dass wenn die Berichterstattung gemäßigter und weniger spektakulär erfolgt, es auch eher zu einer Beruhigung in der Szene kommt, die wiederum Potential für positive Veränderungen mit sich bringt. Das allerdings würde ja Schlagzeilen kosten und somit wohl kaum im Interesse der Verleger liegen.

Investigativ?

Investigativ?

Wen dem auch sei: Die Behörden werden deswegen garantiert nicht ihre Bemühungen zur massiven Eingrenzung der Subkultur Rocker einschränken. Sie haben einen klaren gesetzlichen Auftrag und verfolgen diesen konsequent, auch unter Inkaufnahme von eigenen gesetzeswidrigen Handlungen, die es ja nun in den letzten Jahren ebenfalls gab. Sie verstehen sich als Wächter und Rocker als Feindbild, weil sie sich eigene Gesetze auferlegen und nicht dem Mainstream folgen, der das gesellschaftliche Miteinander wesentlich einfacher kontrollieren und manipulieren lässt. 

Die Massen-Medien sind ausschließlich daran interessiert, hohe Auflagen zu erzielen. Sie beschwören immer wieder den investigativen Journalismus und vergewaltigen diesen nicht selten ohne fundierte Beweislagen zu einem Pauschalargument für wahre Bedrohungs-Szenarien. Journalisten sind Meinungsmacher und wissen sehr wohl um ihre Machtposition und um den Umstand, dass die Bevölkerung trotz des immer gleichen Schemas den immer gleichen Worten folgen wird. Es wäre zu wünschen, dass die Berichterstattung weitaus kritischer gegenüber den eigenen Quellen erfolgt, aber das bleibt wohl leider nur ein Wunschtraum.

Das Dilemma

Ich denke, dass diese Art der Berichterstattung letzlich nicht dazu geeignet ist, wirkliche Veränderungen herbei zu führen. Die Szene selber steht im Ganzen dieser Problematik sehr machtlos gegenüber. Rocker haben nicht unbedingt das Interesse sich öffentlich zu präsentieren und sehen es auch nicht als ihre Aufgabe an, die Gesellschaft von ihren Idealen und Zielen zu überzeugen. Doch wenn ich mich unter Druck gesetzt fühle, wenn ich mit Auflagen bombardiert werde, bleibt doch an sich nur der Weg in die Offensive, da ohne eigene Lobby das Meinungsbild in der Öffentlichkeit keineswegs positiv verändert werden kann.

Bad-Boy-Image hin oder her. Wer hat schon Bock darauf, ständig von der Karre geholt zu werden?

Solange dieses Meinungsbild einseitig beeinflusst wird, müssen wir mit den Konsequenzen leben und diese ertragen. Oder aber man besinnt sich, diszipliniert die eigenen Reihen und sorgt dafür, dass es eben nicht mehr zu fragwürdigen Aktionen Einzelner kommt, die an sich nur dazu geeignet sind, den Medien neues Futter zu geben, um weiterhin der „Ich-bin-auf-dem-einen-Auge-Blind-Strategie“ zu folgen.

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.