Immer wieder mal machen die Publikumsmedien ein Fass auf und verfassen Berichte, die den Eindruck vermitteln, als sei die Rockerszene vermehrt von Neonazis oder neudeutsch Rechten unterwandert. Man verweist auf bestimmte Szenegänger, die einen realen Background in der rechtsradikalen Szene hatten und die nun in MC’s Anschluss gefunden haben. Das Motto? Wenn diese aufgenommen werden, dann scheint es ja einen Nährboden bzw. eine Akzeptanz zu geben.
Wie ich das sehe?
Leute, das ist absoluter Bullshit. Ja, es gibt Szenegänger, die sicherlich eine rechtskonservative Denkweise an den Tag legen, nun, diese hat der rechte Flügel der CDU/CSU ebenfalls. Es gibt auch Clubmember, die in ihrer Vergangenheit tatsächlich in der rechtsradikalen Szene unterwegs waren. Deren Anteil in der Rockerszene ist allerdings extrem gering. Selbst die Behörden haben keine Erkenntnisse darüber, dass der Anteil an ehemaligen Neonazis in der Rockerszene höher ist, als in allen anderen Bereichen der Gesellschaft. Dazu gab es sogar eine kleine Anfrage der Partei Der Linken an den Bundestag. (Drucksache 20/8208)
Ich kenne keine einzigen aktiven Neonazi, der Member in einem MC ist. Wenn es ihn gibt, dann verhält er sich absolut passiv und macht seine Gesinnung mit sich selber klar, womit er auch sehr gut beraten ist, da die Clubs absolut sensibel auf das Thema reagieren und keinerlei Kontext dazu dulden. Diejenigen, die nach dem Abschwören ihrer Gesinnung den Weg in einen MC gefunden haben, wurden bereits vor ihrer Aufnahme durchleuchtet. Sobald sie danach nur ansatzweise den Eindruck vermitteln, dass sie immer noch ideologisch aktiv sind, gibt es richtig Stress.
Zwar hat sich die Rockerszene im Laufe der Zeit deutlich stärker politisiert, man kann heute wahrlich nicht mehr sagen, dass sie komplett unpolitisch ist, was sie m. E. auch nie wirklich war, aber Szengänger mit einem aktiven rechtsradikalen Hintergund sind in der Regel keineswegs willkommen und spielen auch als ehemalige Neonazis mit dem Feuer, wenn sie den MC mit entsprechenden Parolen in Verruf bringen. Das schließt zwar lokale Kontakte nicht zwingend aus, aber diese wird es immer geben und sind wie bereits angedeutet als absolut unterrepräsentativ zu werten.
Warum das Thema?
Kürzlich erhielt ich die Offerte, dass ich kostenlos Aufkleber mit dem Aufdruck „Biker gegen Rechts“ beziehen könne. Der Anbieter appelierte in dem Kontext an die Gemeinschaft der Biker, sprich an das „Biker United“. Mal ganz abgesehen davon, dass „Biker gegen Rechts“ viel zu allgemein gehalten ist, auch wenn ich mir denken kann, was oder wer damit gemeint ist, käme ich nicht im entferntesten auf die Idee, mir so einen Aufkleber auf die Karre zu kleben.
Ja, ich kenne Leute, die ein eindimensionales Weltbild haben, aber ich muss mich nicht von ihnen abgrenzen, solange sie als Biker ihr Weltbild für sich behalten und mir damit nicht auf den Senkel gehen. Und das ist in meinen 20 Jahren Szeneleben noch nie passiert. Wer nun die Ablehnung der Offerte als Beleg dafür wertet, dass man offensichtlich einem bestimmten Spektrum zugeordnet werden muss, der muss sich ernsthaft fragen, ob er nicht bereits derart von der Political Correctness des Mainstreams erfasst wurde, dass er den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht..