Thema Bandbooking: „Ihr seid zu teuer!“

Was ist handgemachte Musik noch wert?

Seit über 15 Jahren bin ich bei den Bremer Borns für das Bandbooking zuständig. In der alten Bude am Industriehafen hatten wir seit 2005 regelmäßig Live-Musik angeboten, bis zu 8 x pro Jahr. Dafür gab es ein Jahresbudget und es war mein Problem, wie ich damit klar komme. Ergo habe ich das Budget durch die Anzahl der geplanten Gigs geteilt. Das war mein Richtwert. Dort wo ich diesen überschreiten musste, brauchte ich danach eine günstigere Alternative. Für lau hat bei uns aber niemand gespielt und wir haben stets darauf geachtet, dass sich die Musiker bei uns wohl fühlten.

Eigener Ruheraum, Handtücher, Snacks. ein warmes Essen und ausreichend Getränke sind bei mir Standard gewesen. Immerhin sind die Musiker auch in Foren aktiv und kommunizieren ihre Erfahrungen aus den Gigs heraus in diesen Plattformen. Ein positiver Spirit kann da die Verhandlungen mit anderen Bands schon mal erleichtern, bedeutet, ein guter Ruf des Chapters kann Budget einsparen.

Wenn die Technik passt, macht es gleich doppelt so viel Spaß!

Wenn Technik und Gage passt, macht es gleich doppelt so viel Spaß!

Geiz ist geil!

Bei manchen Clubs scheint das alles keine Rolle zu spielen. Einerseits möchte man den Gästen zu bestimmten Partys etwas Besonderes bieten, andererseits ist man nicht bereit, eine entsprechende Gage zu zahlen. Ok, das Clubleben ist auf das gesamte Jahr gesehen mit hohen finanziellen Aufwendungen verbunden, aber warum sollte eine Band seine Dienstleistung verschenken. Macht ihr das auch? Gehen wir einmal von einer Gage in Höhe von 400 Euro und einem Anfahrtsweg von 150 KM bei einer fünfköpfigen Kombo aus.  Was bleibt übrig? An sich gar nichts!

Du brauchst mindestens 2 Autos, ggf. mit Anhänger, also 2 x Sprit für jeweils 300 KM plus Anfahrt zum Proberaum. Backline und Instrumente, u.U. auch die Frontline (wenn vorhanden), müssen rechtzeitig abgeholt und zur Lokation verbracht werden. Du baust alles auf, machst den Soundcheck und wartest. Irgendwann nach gefühlten 3 Stunden darfste auf die Bühne und musst mindestens 90 Minuten rocken. Wenn Du Glück hast, stehen auf der Bühne ausreichend Getränke. Kann aber auch sein, der Club drückt dir einfach für 5 Euro Bons in die Hand und kümmert sich gar nicht weiter darum.

Professionelle Veranstaltungstechniker wie Robert Lienemann sorgen für den richigen Sound!

Professionelle Veranstaltungstechniker wie Robert Lienemann sorgen für den richigen Sound!

An sich hat man an dieser Stelle schon gar keinen Bock mehr. Um das zu verhindern, sollte man diesen Part gleich während des Bookings klären. Getränke und Essen sind immer im normalen Rahmen inklusive. Der Gig läuft bestenfalls gut und man kriegt die Biker auch noch dazu dir sowas wie Applaus zu spenden. Danach bauste alles ab und bist in aller Regel völlig alle. Es liegen aber noch 150 KM Rückweg vor Dir. Gesamter Zeitaufwand? Locker 10 Stunden!

Und nun rechnet euch die Nummer mal durch. 400 Euro sind 80 euro pro Kopf. Mit viel Glück bleibt da mal etwas nach Abzug der Kosten für die Bandkasse hängen. Deshalb ist es m. E. legitim, wenn man am Ende des Gigs auch mal den Hut rumgehen lässt. Insbesondere dann, wenn der Verstärker durchballert oder wieder eine Saite in Dutt geht. Die Veranstalter ersetzen das in aller Regel nämlich nicht.

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Thema PA ud FOH!

An dieser Stelle wird es richtig eng. Die meisten Clubs wünschen sich eine All-Inn-Lösung, bedeutet, die Band kümmert sich um alles. Irgendwann haben sie nämlich mitbekommen, dass ein zusätzlicher Veranstaltungstechniker das Budget merklich hochjagen lässt. Wenn man keine PA sein Eigen nennt, kannste den Gig bei 400 Euro an sich schon knicken. Ok, je nach Anspruch und Lokation kann die Proberaumanlage bei einem Gig in einem kleineren Clubhaus genügen, aber einen wirklich prallen Sound darfste dann nicht zwingend erwarten.

Deshalb klärt das alles vorher. Lasst ihr euch darauf ein, ist es euer Problem, wenn die Gäste nach dem Gig über den unsauberen Sound meckern. Der CD-Verkauf wird dadurch auch nicht angekurbelt und Folge-Gigs sind nicht zwingend zu erwarten. Wir haben das mit unserer damaligen Kombo eindeutig geklärt. Für lau spielen wir nicht ( außer bei Benefiz). Basta! Und wenn ich den gesamten Proberaum leer räumen muss, ist die Gage auch höher. Immerhin haben wir für das Equipment tief in die Tasche gegriffen und tragen das Risiko von Beschädigungen.

Sowas kann natürlich auch mal passieren.

Sowas kann natürlich auch mal passieren, wenn das Künstlergehabe größer ist als das Know How!

Fazit!

Die Musiker, die in den Clubhäusern spielen, tun das in aller Regel nicht wegen der Kohle. Sie tun es aus Leidenschaft. Dasselbe gilt für die Verastaltungstechniker. Die großen Budgets werden jedenfalls bei normalen Biker-Partys nicht gezahlt. Es sollte von beiden Seiten immer eine tragbare Lösung gefunden werden. Wenn ich mir als Musiker vorkomme wie ein Bittsteller, dann spiele ich dort nicht.

Eines müssen viele Clubs noch lernen. Auch wenn die Musik oftmals eher als Beiwerk angesehen wird, so kurbelt eine gut gelaunte und voll abgehende Kombo den Tresenumsatz spürbar an, denn die Gäste bleiben länger. Begegnet diesen Leuten mit Respekt. Immerhin habt ihr euch die Truppe ausgesucht. Sie sind eure Gäste und sollten ob ihrer Darbietung denselben Support erwarten dürfen, wie die Member anderer Clubs. Macho-Gehabe kommt jedenfalls gar nicht gut.

Wenigstens einer im Chapter/Charter sollte sich auch etwas mit den technischen Standards auskennen und den Unterschied zwischen einem Gig Drinnen oder Draußen kennen. Wenn ihr selber keine Kontakte zu Veranstaltungstechnikern habt, fragt doch die Bands. Die kennen in aller Regel nicht nur einen Anbieter, können ggf. gewachsene Connections mit einbringen. Wer redet, ist hier klar im Vorteil. Macht nie dümmer!

Hier noch passend zum Thema ein früheres Interview mit Veranstaltungstechniker mit Robert Lienemann, einem der besten seiner Zunft hier im Norden: https://bikesmusicandmore.com/19226-2/

Nützlich zu wissen!:

PA-Anlage: Sie dient der möglichst gleichmäßigen Beschallung des Publikums. Manchen sprechen auch von der Frontline.

Monitoring: Ebenfalls Berstandteil einer profesionellen Beschallungsanlage. Es dient den Musikern zur Kontrolle des eigenen Spielens.

FOH (Front of House): Damit ist peziell der Punkt im Saal gemeint, an dem der Tontechniker die von der Bühne kommende Musik für das Publikum aufbereitet und während des Gigs den Sound überwacht und bei Bedarf neu auspegelt.

Backline: Wird von den Musikern direkt auf der Bühne eingesetzt. Notwendig, damit die Band sich selber hört. Wird in aller Regel von den Bands gestellt. Da sind Musiker eigen!

Technical Rider: Aufbauplan von Bands für die gesamte Beschallung für ein Konzert vor und auf der Bühne.

An die Bands gerichtet!

Den Bands sage ich immer, ein Gig bei uns ist im schlechtesten Fall eine bezahlte Probe und wenn die Roggers mit den Füßen wippen, dann sind sie fast schon exstatisch! Die Clubs generieren in der Regel keinen Eintritt, sie verticken den Fusel zu günstigen Kursen, müssen oftmals noch Gema zahlen, wo soll das Geld für vierstellige Gagen herkommen? Das können nur wenige Chapter/Charter zahlen. Am Ende läuft es daher vermutlich ohnehin nach dem Motto „Love it or leave it!“.

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.