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Der Verbal-Terminator!
Als ich Robert Lienemann kennen lernte, war er für mich zunächst nichts weiter als ein Stinkstiefel. Mit seiner Art kam ich so gar nicht klar. Aber er genoss hier in der Region eben einen sehr guten Ruf als VA-Techniker. Insofern war es naheliegend, dass ich mich mit ihm in Sachen Bikes, Music & More Vol. 3 unterhielt.
Denn ich wollte da keinesfalls so eine aufgeblähte Pfeife an die Regler stellen, der mir zwar ein sehr günstiges Angebot macht, aber schon am ersten Soundcheck kläglich scheitert. Am Ende stieg Robert auf mein Konzept sogar ein und wurde für Volume 3 Co-Organisator.
Ok, sein Part war die Technik. Ich merkte recht schnell, dass ich ihm da keinesfalls reinquatschen sollte. Er verfügt über das Know How und hat so überhaupt keinen Bock sich mit einem Typen auseinander zu setzen, der von seinem Business gar keine Ahnung hat. Am Ende hat er die Nummer absolut professionell und ohne jegliche Beanstandungen durchgezogen. Fette Kohle haben wir aber trotzdem nicht gemacht. Seitdem ist er aber meine erste Wahl, wenn es um größere Events geht. Bei kleineren Geschichten kann ich ihn mir leider nicht leisten, es sei denn, er selber hat da Bock drauf.
Ich habe mich mal mit ihm unterhalten. Robert ist ja als Verbal-Terminator druchaus gefürchtet. An den Rockern lässt er selten ein gutes Haar. Gut, dass es hier aber um sein Business geht. Rock on!
Robert, seit wann bist du in der Veranstaltungsbranche tätig?
Ich habe meine Firma BIG BEAT PA SERVICE 1994 gegründet und vorher circa 10 Jahre lang ab meinem 14ten Lebensjahr bereits Schülerbands am Mischpult betreut.
Wie kam es dazu, warum Mischpult und Co?
Eigentlich war ich Bassist, Gitarrist und Sänger in diversen Hardrockbands, neben meinem Job als Gärtner, und es blieb nicht aus sich auch mit der Technik auseinander zu setzen und diese auch anzuschaffen. Deshalb fragten immer öfter befreundete Bands an, ob ich ihnen bei ihren Auftritten helfen könnte, da ich jeden Cent in Lautsprecher und Endstufen investiert hatte und ehe ich mich versah, stand ich plötzlich öfter hinter dem Mischpult, als mit einem Instrument auf der Bühne zu rocken. Wie aus dem nichts kamen Anfragen von Agenturen, die mich mit Arbeit überschütteten !
Was waren deine bisherigen Highlights?
Wenn es um die Grösse der Veranstaltung geht könnte man das Live Aid in Berlin 2005 nehmen, mit 200.000 Leuten vor der Bühne und 2 Milliarden TV Zuschauern, diverse Tourneen mit Marla Glen, The Sweet, Slade, the Temptations usw.. Die positivsten Erinnerungen habe ich aber eher an Clubshows mit Künstlern wie Astrid North und Gabriel Gordon oder Bands wie Sweety Glitter, mit denen ich viele Jahre unterwegs war!
Du bist als Verbal-Terminator bekannt. Was geht dir bezüglich Events am meisten auf den Sack?
Events selber sind nicht das Problem, ich würde das eher in die politische Richtung lenken. Was eine Andrea Nahles von der SPD unserer Branche mit Hürden wie vermeintlicher Scheinselbstständigkeit aufbürdet, macht das arbeiten immer schwerer. Eine Branche, die viele Jahrzehnte mit vielen Freiberuflern klargekommen ist, soll unbedingt mit der Brechstange dazu genötigt werden die Techniker fest einzustellen. Unsere Branche funktioniert aber nicht nach den normalen Arbeitsmarktgesetzen.
Das wollen weder die Inhaber von Firmen, noch die Freiberufler. Wir sehen uns als Künstler an unseren Pulten und arbeiten notfalls bis zum umfallen, entscheiden aber auch wann uns alle dort können, wo die Sonne nicht scheint ! Wir sind in den meisten Fällen Rock ’n‘ Roller mit technischem Grundwissen und funktionieren in einer eigenen Welt am besten !
Jeder will billig, was fällt dir dazu ein?
Ich mache meinen Kunden gerne preiswerte Angebote, fühle mich bei billig aber nicht angesprochen, denn meine Berufserfahrung musste ich mir mühsam aneignen und darum lehne ich durchaus Anfragen ab. Das kann daran liegen, dass ich auf bestimmte Sparten der Musikbranche persönlich keine Lust habe. so zum Beispiel Ballermann-Interpreten als Lebenszeitverschwendung betrachte. Es kann aber durchaus auch daran liegen, dass ein Veranstalter mir oder meiner Crew eine so geringe Wertschätzung unserer Arbeit entgegenbringt, dass wir es vorziehen in Zukunft woanders zu arbeiten. Daraus hat sich in den vielen Jahren ein Kundenstamm entwickelt, für den wir gerne tätig sind, wo Preis und Leistung aufeinander abgestimmt sind !
Was unterscheidet den Profi vom Amateur?
Oft sind es relevante Dinge in Sicherheitsfragen. Nicht jeder Amateur bietet schlechte Arbeit, doch viele kennen sich in einigen Feldern einfach nicht ausreichend aus. Gerade wenn Equipment über den Köpfen von Besuchern installiert werden muss oder Bühnen aufgestellt werden, gilt besondere Aufmerksamkeit. Viele Locations bieten aber auch schlechte Bedingungen und spätestens dann weiss der Profi aufgrund von Erfahrungen, wie man z.B. in schlecht klingenden Räumen noch akzeptable Ergebnisse rausholen kann, während der Amateur schlicht und ergreifend den Job dort versiebt !
Worauf muss der Kunde besonders achten?
Für den Kunden wird es im Zeitalter des Internets immer schwieriger die Schaumschläger vom Könner zu unterscheiden. Auf den Homepages stellt sich heutzutage jeder dar, als wenn er die letzten 50 Jahre Tourneen der Rolling Stones und Metallica betreut hätte. Geht vor Ort der LKW auf, kann der Kunde auch nicht beurteilen ob da gerade ein Haufen minderwertiges Chinamaterial ausgeladen wird oder hochwertiges Profiequipment !
Es gibt den Satz „Das ist der Bühnenausstatter meines Vertrauens“, und an diesem Satz ist sehr viel Wahres dran. Geht die Show daneben und kommt es schlimmstenfalls zum Schadensfall, beruht das Vertragsverhältnis erst einmal zwischen Besucher und Veranstalter und hat schon so manch einen Promoter in arge Bedrängnis gebracht !
Schon Diven und Egomanen vor der Linse gehabt?
Auf der Bühne begegnen einem immer spezielle Menschen, da bleibt es nicht ausn dass von völliger Selbstüberschätzung geplagte Menschen, über Drogen konsumierende Möchtegern-Rockstars auf Entzug, bis zum goldenen Reiter jede Form von Spinner einen Platz auf den Brettern findet!I
Ich werde irgendwann ein Buch darüber schreiben, denn einige Erlebnisse aus früheren Tagen sind so unwirklich, dass man mir das nicht ernsthaft glauben will, was ich erlebt habe. Wir haben in den letzten 23 Jahren über 4000 Shows durchgeführt und sind durchaus auch schonmal gebucht worden um Bereiche zu betreten, die ich als Normalbürger niemals zu Gesicht bekommen hätte !
Wie sieht die Zukunft der Veranstaltungsbranche aus?
Wohin die Reise geht hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ein Konzert hat heute nicht mehr den gleichen Stellenwert wie vor 20 Jahren. Licht- und Videotechnik nehmen einen immer grösseren Raum bei mittleren und grossen Events ein, die Künstler stehen immer weniger im Vordergrund, dazu kommt die Gefahr das Attentate wie in Paris auf Konzerten dafür sorgen könnten, dass sich das Ausgehverhalten von Konzertbesuchern verändern könnte, wenn sich solche Fälle wiederholen. Dazu kommen eben wie vorher schon angesprochene politische Entscheidungen, die es immer schwerer machen Events finanzierbar zu halten, weil unsere Politik die Arbeitsbedingungen mit immer mehr Hürden verschlechtert !
Was wir hinter und vor den Bühnen verrichten bringt nicht zwangsläufig grossen Reichtum, aber wir erledigen diesen Job, weil wir ihn einfach gerne machen. In keiner anderen Branche sind Menschen bereit soviel zu leisten und dabei soviel Entbehrungen zu akzeptieren. Unser Job findet dann statt, wenn andere feiern, egal ob Wochenenden oder Feiertage anstehen, wir arbeiten Nachts und selbst wenn unser eigener Geburtstag ansteht. Wenn wieder auf DGB-Kundgebungen die Ansprachen auf die 35-Stunden- Woche gelenkt werden, denken wir uns, dass es sich dabei um Halbtagsjobs handeln muss!
Würdest du diesen Weg genauso wieder beschreiten, wenn heute deine Berufswahl anstehen würde ?
Auf gar keinen Fall! Als ich damit vor 23 Jahren hauptberuflich angefangen habe, waren wir ein paar langhaarige Freaks die viel Arbeit mit Spass verbunden haben, wir waren ein Teil einer funktionierenden Rock n Roll- Party. Heutzutage sind wir nur noch funktionierende Dienstleister, die ihren Job erledigen müssen. Die Zeiten, wo sich ein Techniker mit einer Flasche Bier an sein Mischpult stellt und auf seinem Siderack einen Aschenbecher stehen hat, sind schon lange vorbei. Das ganze hat aber auch einige Vorteile; wir wachen nicht mehr in fremden Städten neben nackten Groupies auf und suchen am Ende der Strasse nach dem Strassennamen, um dann ein Taxiunternehmen anzurufen und zu fragen, ob wir noch in der Stadt sind, in der wir gestern Nacht gespielt haben.
Du kritisierst oft die Rocker und Biker, machst aber in der Szene viele Gigs. Warum eigentlich?
Biker sind unkomplizierte Menschen. Ein Steak auf den Grill, ein Bier auf den Tisch und um Mitternacht darf sich auf der Bühne aufgrund von extrem trockener Haut ein Mädel auf der Bühne eincremen. Wer sollte so eine Umgebung nicht mögen und dort nicht arbeiten wollen? Allerdings kann ich Songs wie Born to be Wild und Highway Star echt nicht mehr hören und so manch ein Ritual wird von mir belächelt, besonders dann, wenn aufgrund von Patches bekundet werden soll mit was für einem Superhelden ich gerade die Ehre habe, er aber bei meiner leichtesten Kabelkiste schon dicke Backen macht und nach Prospects verlangt, die ihn ins Sanitäter-Zelt befördern. Grins…..(Ende)
Typisch Robert, klare Kante eben. Er hat aber auch noch eine völlig andere Seite. Wenn er erkennt, dass sich einer für seine Events krumm macht, alles gibt, aber auf die Fresse bekommt und Verluste einfährt, dann kann es passieren, dass er dir einen Teil der Rechnung erlässt. So geschehen bei Bikes, Music & More Vol. 5. Denn er weiß natürlich genau, dass er die Events, die er beackert, nicht alle selber organisieren kann. Ohne die Veranstalter geht es ihn nicht.
Mittlerweile kann ich Robert richtig gut nehmen und vermittel ihn immer dann, wenn ich gar nicht erst in die Bedrängnis kommen will, das man mir den Blender nach dem Event um die Ohren haut, weil er es eben doch nicht drauf hatte. Ich habe ja nun schon einige Techniker kennen gelernt. Die meisten fragen ihre Parameter ab, der Rest interessiert sie nicht. Robert ist kein Mann der langen Vorträge. Aber er kennt sich aus und deshalb sind seine Ansagen meistens auf dem Punkt. Da wir eine Musik-Datenbank integriert haben, haue ich den Bericht mal in die Rubrik Events, denn das ist Roberts Bereich. Da wird er ggf. am meisten gebraucht. Aber Achtung: Erweist ihm Respekt!