Die Rubrik Biker & Business sieht sich als Pendant zu den uns allen bekannten Räuberpistolen der sogenannten Publikumsmedien, deren Berichterstattung sich nahezu ausnahmslos auf den Faktor Crime fokussiert. Bad News are good News, so das Leitmotiv der Verlage. Die Szene weiß zwar, dass hier nur ein kleiner Teil des gesamten Szene-Lifestyles abgebildet wird, dennoch ziehen die spektakulären Überschriften die potenzielle Leserschaft magisch an.
Ich hingegen versuche das zu präsentieren, was an sich normal ist. Leute, die ganz regulären Jobs nachgehen, teilweise sehr erfolgreich, und die letztlich die Leidenschaft Motorradfahren miteinander verbindet. Das ist in der Regel nicht spektakulär, aber es bildet die Szene m. E. weitaus repräsentativer ab.
Heute stelle ich euch Ralph Richter aus Bremen vor. Ich kannte ihn nicht persönlich, wurde erst durch sein Profil im Fratzenbuch auf ihn aufmerksam. Es war letztlich ganz klar der Buisnessfaktor, der mich anfixte, da Ralph für ein in Bremen sehr bekanntes Unternehmen die Fäden in der Hand hält. Steigen wir direkt ein.
Das Interview!.
Hey Ralph, du bist im Speditionsgewerbe tätig. In welchem Betrieb und in welcher Funktion arbeitest du?
Ich bin Geschäftsführer bei der CARGOTRANS internationale Spedition, in Bremen und Dresden
Was genau bietet ihr an?
Wir transportieren schwerpunktmäßig rollende Ware. Gabelstapler, Arbeitsbühnen, Baumaschinen und natürlich auch Motorräder, verbringen wir nicht nur europaweit, sondern weltweit.
Was reizt dich an deinem Job?
Ich liebe die Herausforderung, Dinge zu bewegen, die nicht alltäglich sind.
Wie drücken sich die Verwerfungen auf dem internationalen Markt bei euch aus oder merkt ihr das gar nicht?
Ganz ehrlich, wir bedienen ein Klientel, welches Nischenprodukte vertreibt und das seit vielen Jahren, somit gehen viele solcher Verwerfungen Gott sei Dank komplett an uns vorbei.
Zu dir als Biker. Wann wurdest du angefixt und wie hat sich dein Biker-Lifestyle seitdem entwickelt?
Ich bin schon als Jungspund (natürlich ohne Führerschein) mit einer frisierten Hercules unterwegs gewesen. Dann hatte ich eine 80er und 250er, weiter ging es mit einer 500er, 750er, 1100er und 1340er, bis hin zur heutigen 120CI Karre aus Milwaukee.
Angefixt im eigentlichen Sinne, wurde ich dann noch einmal mehr durch meine erste absolvierte Lehre, als Kfz-Schlosser in 1984 und entwickelte mich somit über die Jahre zu einem Hubraumjunkie.
Was fährt du für einen Hobel und was war die bisher geilste und/oder längste Tour?
Ich bin aktuell mit einer umgebauten Softail Slim aus 2014 in der Region am Cruisen und habe aber für wirklich große Touren, noch eine unspektakuläre NT1100 aus Japan inner Garage, die aber auch noch durchgetauscht wird.
Ich bin Ganzjahresfahrer und verbringe so ca. 15.000 Km pro Jahr im Sattel. Ich fahre hauptsächlich in Deutschland und den angrenzenden Gebieten, kreuz und quer und genieße so jeden einzelnen Kilometer.
Wo trifft man dich in der Szene denn so an?
Ich bin hin und wieder bei Treffen, offenen Tagen und Abenden in der Szene unterwegs. Fahre zudem auch immer wieder sehr gerne, bei offenen Ausfahrten mit.
Ansonsten aber auch bei den klassischen Freebiker- Treffs, wie Martfeld oder Asendorf, Dedesdorf, Dorum und der gesamten Nordseeküste.
Du bist 62er, also Freebiker. Kein Bock auf einen Club?
Ich finde das Clubleben Mega geil, aber denke, dass ich aufgrund dessen, dass ich ein zu unruhiger Geist bin, dem ganzen nicht gerecht werde. Clubleben macht man nicht mal eben so nebenbei, entweder ganz oder gar nicht, meiner Meinung nach. Ich bin zudem recht viel auch beruflich unterwegs und liebe natürlich auch die freie Zeit mit meiner Familie zu Hause.
Wie stehst du zur Clubszene?
Die Clubszene, so wie ich sie bisher kennenlernen durfte, ist einzigartig. Hier ticken die Uhren einfach anders. Auch genieße ich es, weil wir hier eine Sprache sprechen. Die meisten sind wirklich sehr aufgeschlossene, gradlinige, ehrliche und tolle Menschen. Ich habe einige von Ihnen kennenlernen dürfen und bisher jede Menge Spaß mit Ihnen gehabt.
Siehst du Teile der Clubszene so, wie sie in der Regel vom Mainstream dargestellt wird?
Ich denke, der ganze Scheiß in den Medien, spiegelt nicht mal im Ansatz das wieder, was die Clubzene wirklich ausmacht. Wer sich durch die Medien informieren und blenden lässt, was die Clubszene angeht, hat´s eh schon verpeilt.
Leider ist unsere Gesellschaft zu sensationsgeil und fokussiert sich, egal wann und wie auch immer, reinweg auf die Negativ-Meldungen (Überschriften). Die ganzen wirklich tollen sozialen Projekte beispielsweise, die von Clubs ausgehen, werden natürlich nicht hereingezogen, weil interessiert ja auch eh niemanden. Sicherlich ist nicht immer alles Gold was glänzt, aber das gibt es doch, wenn wir mal ehrlich sind, hüben wie drüben.
Der allgemeine Bürger, der wie eine Wildsau unterwegs ist und möglicherweise obendrein auch noch ein jemand ist, der grundsätzlich auf alles und alle scheißt, ist halt weniger bis gar nicht im Gespräch. Woran liegst, na klar, der hat keinen Helm auf.
Heute brauchst Du im Grunde nur einen Helm aufhaben und ne Karre unterm Arsch, reicht vollkommen aus, um gesellschaftlich einen Stempel zu bekommen. Ich erfahre das häufig auch am eigenen Leibe. Jaaa…. meine Karre ist laut, ich bin anders als andere, aber ich find´s geil und es beflügelt mich förmlich und gibt mir Freiheit.
Anfangs hatte ich gute Kontakte in der Nachbarschaft, man weiß, wer ich bin und was ich beruflich mache. Auch unsere Kinder in Abstimmung mit den Eltern, verabredeten sich…., und dann Bähmmmmm……, sie sahen mich mit meiner HD und somit hatte sich das dann auch erledigt. Aber egal, ändert nichts an meiner persönlichen Einstellung und Sympathie für die Clubszene. Ich bin der, der ich bin und das bleibe ich auch. Ich habe fertig! (Ende Mailinterview)
Anmerkungen!
In seiner letzten Antwort unterstreicht Ralph genau das, was ich im Intro vorgegeben habe. Die Menschen sind sensationsgeil. Sie saugen förmlich jede Story unreflektiert auf und bilden sich auf dieser Basis ihre Meinung. Da außerhalb der Szene keine Vetos zu erwarten sind, funktioniert das Prinzip ganz hervorragend. So entsteht ein Korkenziehereffekt und jede Story lässt sich beliebig erweitern.
„Die meisten sind wirklich sehr aufgeschlossene, gradlinige, ehrliche und tolle Menschen. Ich habe einige von Ihnen kennenlernen dürfen und bisher jede Menge Spaß mit Ihnen gehabt.“ Diese Aussage von Ralph dokumentiert sehr eindeutig, zu welcher Erkenntnis man kommt, wenn man sich auf die Szenegänger einlässt. Das aber ist für etliche offensichtlich nicht erstrebenswert. Schade eigentlich! Danke an Ralph Richter für das Interview!