Fake-News über den Hells Angels MC Offenbach?

Eine Story über mangelnde Recherche und ganz viel Suggestion!

In seinem Artikel vom 14. November unter der Überschrift „Mit Miet-Rockern gegen Mobbingopfer“ auf hessenschau.de beschreibt der Redakteur Volker Seifert eine Initiative der Deutschen Direkthilfe aus Bonn zum Schutz vor Mobbing mit vermeintlich aktiver Beteiligung von Mitgliedern der Hells Angels aus Offenbach. Jedenfalls suggeriert dieses der Artikel in sehr eindeutiger Form. Schon bei meiner ersten Lesung fielen mir einige Aspekte auf, die nicht nur auf eine ungenügende Recherche, sondern das bewusste Steuern der Meinungsbildung gegen die Deutsche Direkthilfe sowie den Hells Angels MC vermuten ließ.

Was habe ich herausgefunden?

Selbstverständlich habe ich mich sofort mit der Deutschen Direkthilfe in Verbindung gesetzt, um mir von dem gemeinnützigen Verein ein direktes Feedback einzuholen und erhielt von der Vorstadtvorsitzenden Ines Nolden prompt eine schrfitliche Antwort. Diese hatte ohnehin zwischenzeitlich in dem Blog auf der Homepage des Vereins voller Entrüstung auf den Artikel des Redakteurs mit einer Stellungnahme reagiert.

Diese reichte mir allerdings nicht aus. Daher führte ich im Nachrang mit Ines Nolden ein schriftliches Interview, mit dem Ziel, die von Volker Seifert beschriebenen Umstände zu hinterfragen. Da sich das Interview auf den Artikel bezieht, solltet ihr diesen zuerst über den folgenden Link lesen, um danach zwingend in mein Interview und die weiteren Erkenntisse wieder einzusteigen:

http://www.hessenschau.de/gesellschaft/mit-miet-rockern-gegen-schueler-mobbing,direkthilfe-102.html

Top-Anzeige

Das Interview!

1. Hat die Hessenschau mit Ihnen persönlich zu diesem Aspekt überhaupt ein Gespräch geführt?

Nein, niemand hat von der Hessenschau mit uns gesprochen, oder uns mitgeteilt, dass Herr Siefert heute über uns berichten will. Auf das schriftliche Angebot von uns heute Mittag zu telefonieren, ist nicht reagiert worden.

2. Was verbirgt sich konkret hinter dem angeführten Mobbingfall?

Die alleinerziehende Mutter von Julian (Name geändert, wir veröffentlichen nie Klarnamen von Minderjährigen und schon gar nicht von Mobbingopfern) hat uns um Hilfe gebeten, weil Julian von einer Mobberclique auf dem Schulweg seit Anfang 2017 massiv gehänselt wurde. Sie hat sich an uns gewandt, weil alle bisherigen Versuche durch Gespräche das zu unterlassen gescheitert sind.

3. Gibt es Kontakte zum Hells Angels MC Offenbach und wenn ja, wie sind diese entstanden?

Wir haben keine Kontakte zu Hells Angels in Offenbach oder sonst wo.

4. Wie bewerten Sie den Begriff Mietrocker?

Der Begriff Mietrocker in dem Artikel von Herrn Siefert suggeriert, wir würden Rocker mieten, um Mobbingopfern zu helfen. Diese Behauptung ist nicht nur falsch, sie ist auch total lächerlich.

5. Wie stehen Sie zu dem Vorhalt, dass die Direkthilfe bisher dem DZI keine Unterlagen zur Verfügung gestellt hat und das es an Transparenz zur Verwendung der Spendengelder fehlt?

Wir haben überhaupt noch nie ein Spendensiegel beantragt und sehen auch keine Veranlassung das zu tun. Wenn wir Spenden benötigen, um armen Menschen in Notsituationen zu helfen, schreiben wir ddhilfe Unterstützer an, die wir persönlich kennen und bitten diese zweckgebunden um finanzielle Hilfe. Sollten wir aber ein Spendensiegel beantragen, werden wir auch eins bekommen. Schließlich sind wir und unsere humanitäre Arbeit seit 2012 als gemeinnützig zu Recht anerkannt.

7. Ist die Direkthilfe in die Spendenaktion des HAMC Offenbach am 18. Novemver integriert oder hat diese Benefizaktion nichts mit Ihnen zu tun?

Mit der Spendenaktion des HAMC Offenbach am 18. November haben wir absolut nichts zu tun.

Erkenntnisse!

Auf das Interview hin habe ich den Redakteur unmittelbar angeschrieben und ihn um die Beantwotung meiner Fragen zu seinem Artikel bis zum 16. November gebeten. Zwei Tage Reaktionszeit sind dazu völig ausreichend. Folgendes war für mich interessant:

1. Wodurch begründet sich Ihre Aussage konkret, dass es sich um Mitglieder des Hells Angels MC handeln könnte, die in diesem konkreten Mobbingfall in Kooperation auf Veranlassung der Deutschen Direkthilfe aktiv wurden?
2. Sie verwenden den Begriff Miet-Rocker. Warum?
3. Weder auf deren Facebook-Seite, noch auf Twitter ist der Post der Deutschen Direkthilfe vom 03. November mit dem Color der Hells Angels versehen worden. Die Bildquelle in Ihrem Beitrag impliziert, dass dieses Foto von hessenschau.de als Belegfoto bestimmt wurde. Wer hat das veranlasst und warum?
4. Laut der Deutschen Direkthilfe gab es ein Gesprächsangebot für den 14. November. Warum wurde dieses nicht angenommen? Was machte die Veröffentlichung zeitlich so dringlich, dass man auf ein persönliches Gespräch vor der Onlinestellung verzichtet hat?
5. In Ihrem Artikel erwähnen Sie die Benefiz-Aktion der Hells Angels am 18. November. In welchem Zusammenhang steht diese mit der Deutschen Direkthilfe?
6. Haben Sie den Hells Angels MC Offenbach bzw. den offiziellen Pressesprecher des MC zu diesem Thema schriftlich oder mündlich kontaktet?

Volker Seifert hat mir per Mail geantwortet. Allerdings wollte er nur wissen, warum ich mich für seine Recherche so interessiere. Seine Antworten stehen derzeit immer noch aus.

In dem Artikel auf hessenschau.de wurde gleich nach dem Intro ein Tweet der Deutschen Direkthilfe als Screenshot veröffentlicht. Links daneben ist das Color der Hells Angels abgebildet. Ich habe sowohl auf Facebook, als auf Twitter den aktiven Post vom 03. November am 14. November gesichtet. Hier die beiden Screenshots dazu, vorab zum Vergleich der auf hessenschau.de: (Zum Vergrößern einfach anklicken)

Screenshot hessenschau.de: So wurde der Artikel aufgemacht!

Screenshot Facebook Deutsche Direkthilfe:Auf der Facebookseite ist das Bild mit dem Color nicht zu sehen!

Screenshot Twitter Deutsche Direkthilfe: Selbiges gilt für den Tweet auf Twitter!

 

Fällt euch etwas auf? Die Nennung der Bildquelle impliziert, dass dieses Foto kein Bestandteil der Originalposts/Tweets der Deutschen Direkthilfe ist, sondern von der Redaktion als sogenanntes Belegfoto eingesetzt wurde. Es soll die vermeintlichen Fakten untermauern. Tatsächlich wirkt es so, als wenn das Foto von dem Verein im Tweet und Post benutzt wurde und zielt eindeutig auf die Verbindung zu den Hells Angels ab. Daran ändert der Bindestrich in der Wahrnehmung des Lesers gar nichts.

Diese Vorgehensweise ist absolut üblich, jedoch m. E. total unseriös. Sie dient lediglich dazu, das Meinungsbild zu lenken. Und zwar in eine klar negative Richtung, die sowohl die Deutsche Direkthilfe, als auch den Hells Angels MC diskreditiert. Es gibt keinen MC Offenbach und auch wenn man auf Google mit diesem Begriff einige Berichte über die Hells Angels in Offenbach erhält, so rechtfertigt dieses nicht die Veröffentlichung des Colors in diesem Kontext.

So eine kleine Hintertür hat sich Seifert mit dem Satz „Die MC-Rocker sind also offenbar gar keine richtigen Hells Angels, sondern Studenten und Familienväter, die mal eine dicke Motorradjacke anziehen“ im hinteren Teil des Artikels offen gehalten. So kann er jederzeit behaupten, dass er ja nicht explizit geschrieben habe, dass die Begleiter von Julian tatsächlich Hells Angels waren. Geschenkt! Die Wirkung der Symbolik im Kontext zu der allgemein negativen Berichterstattung wirkt da weitaus dominanter. Headline und Belegfoto reichen dazu völlig aus.

Das Interview von Ines Nolden ist eindeutig. Wenn Personen etwas verschleiern wollen, dauert es mit den Antworten stets lange, wenn sie denn überhaupt erfolgen. Die Vorstandvorsitzende hat sofort reagiert. Das, und ihre Antworten in meinem Interview lassen zum jetzigen Zeitpunkt keinen anderen Schluss zu, das hier bewusst mit Fake News agiert wurde, die Suggestion der Message aber mindestens so gewollt wurde. Insbesondere die Nichtbeachtung des Gesprächsangebots gibt zu denken, denn auch die Frage danach, ob es weitere Fragen des Redakteurs gibt, ist m. E. ein klares Gesprächsangebot. Warum hat Seifert das nicht angenommen, um seine Erkenntisse im direkten Kontakt gegen zu checken?

Wir haben hier ein Paradebeispiel dafür, wie Journalisten die Meinungsbildung klar manipulieren. Und warum? Weil sie es können. Weil es immer noch genügend Redakteure gibt, die der Meinung sind, dass man es in der Berichterstattung mit Bezug auf Rocker mit dem eigenen Kodex auf eine gründliche Recherche nicht so eng nehmen muss und weil es genügend Leser gibt, die dieses Prinzip nicht hinterfragen, sondern ungeprüft jede Zeile aufsaugen und als Fakt ansehen.

Irgendwie bin ich Arno Seifert jedoch dankbar dafür, dass er sich nicht einmal die Mühe gemacht hat, etwas cleverer vorzugehen. So konnte man relativ schnell das eigentliche Ziel entlarven. Die Deutsche Direkthilfe wird dadurch jedoch vermutlich einen Imageschaden davon tragen. In puncto Spenden ist der Artikel nämlich kaum förderlich. In meiner Recherche habe ich keine Hinweise darauf gefunden, dass der Verein jemals Spendengelder nicht zweckgebunden verwendet hat. Der Artikel stellt den Verein allerdings in einem klar negativen Licht dar. Wo sind die Beweise dazu??? Hochgradig unseriös!

Top-Anzeige

Fazit!

Die Deutsche Direkthilfe hat es in ihrer Stellungnahme auf den Punkt gebracht. Wer so arbeitet, sollte sich nicht wundern, wenn man in der Republik von einer Lügen- oder Schmierenpresse spricht. Die Szenegänger sollten dieses zum Anlass nehmen und selber mit dem unreflektierten und reflexartigen Kommentieren von vermeintlichen Fakten etwas vorsichtiger zu sein.

Nach dem jetzigen Stand muss ich davon ausgehen, dass diese Story auf Papier gedruckt nicht einmal dazu geeignet wäre, sich damit den Hintern abzuwischen. Ich bin davon überzeugt, dass man unzählige Berichte aus dem Mainstream so aufbröseln kann, dass man das verbale Spiel mit der Rockerszene sehr oft entlarven wird. Von daher ist es ggf. sogar ein Ansatz für die betroffenen Clubs, sich einmal Gedanken über ein gemeinsames PR-Team zu machen, welches sich ausschließlich genau diesem Thema widmet. Da ist eine absolute Schnittmenge gegeben.

Der Hells Angels MC Offenbach veranstaltet tatsächlich am 18. November ein Benefiz zugunsten von Obdachlosen. Ein Zusammenhang mit der Deutschen Direkthilfe wurde von dieser klar verneint. Liegt Seifert schon auf der Lauer?

Also, wenn Ines Nolden in dem Interview nicht durch die Bank gelogen hat, dann sollte Volker Seifert seine Arbeitsweise gründlich hinterfragen. Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass er massiv für sein Vorgehen kritisiert wurde. Da hier der gute Ruf des Vereins beschädigt wurde, sehe ich sehr wohl die Möglichkeit einer Gegendarstellung, die allerdings das Thema auch weiter am Laufen halten würde. Dieses gilt es abzuwägen.

Auf eine Bezugnahme zu den vermeintlichen Aussagen des Polizeipräsidiums sowie der Schuldirektion verzichte ich, da meine jetzigen Erkenntnisse bereits reichen dürften, damit sich der neutrale Leser eine objektivere Meinung zum Aspekt Miet-Rocker machen kann.

Und  was sagen die Hells Angels dazu?

Über die Pressestelle des HAMC Germany erreichte mich zum Artikel von Volker Seifert folgendes Statement:

Statement HAMC Offenbach November 2017

Das ist wiedermal ein Artikel, der den Begriff Hells Angels MC ausnutzt, um der Bevölkerung eine Fälschung als Wahrheit zu verkaufen. Der Hells Angels MC Offenbach stellt klar: wir hatten weder in der Vergangenheit mit irgendwelchen Schul-Anti Mobbing-Mietprojekten zu tun, noch jetzt oder in der Zukunft. Wir lehnen schon aufgrund eigener permanenter Erfahrung jede Form von Mobbing ab, genauso wie Fake News der Medien, doch wir wissen, dass es beides immer wieder geben wird. Das ist bedauerlich, aber nicht zu ändern.(Ende Statement)

Noch Fragen?

Hier noch der Link zu der Stellungnahme des Vereins: http://deutsche-direkthilfe.de/blog-2

 

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.