Lars Welt: Mein Kiez Delmenhorst stirbt!

Gedanken auf Basis meiner Erfahrungen!

Seit über 20 Jahren lebe ich in Delmenhorst. Obwohl ich niemals den Bezug zu meiner Geburtsstadt Bremen verloren habe, habe ich mich über die Jahre mit Delmenhorst arrangiert, ungeachtet der Tatsache, dass die Stadt an der Delme nun wahrlich nicht mit einem glänzenden Image, einem breiten Kulturangebot, vielen attraktiven Plätzen sowie einer hohen Kaufkraft auftrumpfen kann. Es gibt viele Probleme und Corona hat diese verschärft.

Ein weiteres Opfer der schon vor Corona viel zu geringen Frequenz in der City wurde nun die Fleischerei Lehnacker, bekannt u. a. für seine heiße Theke, die mangels Zulauf nunmehr auch seine Türen geschlossen hat. Außerhalb der Markttage sowie dem Mittagstisch waren die Umsätze viel zu gering. Es wird nicht der letzte Betrieb mit Tradition sein, so meine Prognose.

Wer mal außerhalb der Markttage am Mittwoch und Samstag durch die City schlendert, wird das schnell nachvollziehen können. Da ist echt nix los und attraktive Auslagen in den Schaufenstern sucht man nahezu vergebens. Mir kommt es so vor, als wenn viele Geschäftsleute sich bereits ihrem Schicksal ergeben haben und ihr Business eher verwalten. Wer Urlaub oder arbeitsfrei hat, fährt woanders hin.

Für viele ist Delmenhorst wirtschaftlich betrachtet eine No-Go-Area!

Mangelnde Attraktivität!

Zuständig für die Außerdarstellung der Stadt ist die Delmenhorster Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (DWFG), in die das Stadtmarketing integriert ist. Diese hat es schwer Impulse zu setzen, um auswärtige Besucher in die Stadt locken. Einerseits müssen gesetzliche Bestimmungen beachtet werden, anderseits sind viele Geschäfte nicht mehr bereit Geld zu investieren, zudem hat Delmenhorst in Summe einen schlechten Ruf.

Möglichkeiten gibt es sicherlich, was zum Beispiel die Biker Meile im Rahmen des Autofrühlings bewiesen hat. Da man selber nicht mehr in der Lage war die Bahnhofstraße mit in das Event einzubeziehen, habe ich seinerzeit auf Anfrage eines damaligen Anliegers den Part übernommen und eine amtliche Premiere hingelegt. Fortan war die Biker Meile gesetzt und hat etliche Biker aus der gesamten Region nach Delmenhorst gelockt, was die vielen auswärtigen Kennzeichen der abgestellten Bikes klar belegten.

 

Die Biker Meile war oftmals ein Magnet, hatte nur kein Ausbaupotenzial.

Schnell zeigte sich aber auch die Behebigkeit des Stadtmarketings. Aufgrund des sehr eingeschränkten Potenzials der Bahnhofstraße, da stehen halt überall Bänke, Fahrradständer, Laternen und sonstige Aufbauten, die Händlerstände dort unmöglich machen, unterbreitete ich den Vorschlag, dass man einmal gemeinsam über ein eigenständiges Bikerevent für Delmenhorst in der Citiy sprechen sollte, um das Potenzial der Zielgruppe vollends auszuschöpfen. Dazu kam es trotz mehrfacher Erinnerungen nie.

Ich stand somit vor der Entscheidung, ob ich die Biker Meile einfach wie gehabt anbiete und diese quasi nur noch verwalte. Das aber wollte ich nicht, da ein eingeständiges Biker Event mit Support der Stadt eine viel größere Strahlkraft besitzt und auch geschäftlich trotz eines erhöhten Risikos für mich attraktiver ist und da ich nicht eingesehen habe mir den Schuh anziehen zu müssen, dass sich die Biker Meile nicht entwickelt, habe ich mein Engagement eingestellt. Warum man sich meine Ideen nie angehört hat, nun, darüber kann man genüßlich spekulieren.

Bikes, Music & More

Bikes, Music & More Vol. 3 auf dem TÜV-Gelände. Ein Event, welches sogar Biker aus dem Ausland zog.

Meine Idee ein Biker Event auf den Graftwiesen anzubieten, wurde schnell begraben. Ein 5-stelliger Mietpreis des Platzes nahm mir sofort alle Illusionen, dieses in einem für alle Besucher bezahlbaren Rahmen anzubieten und da laut Stadt ein solches Thema kein öffentliches Interesse darstellt, gab es auch keine Option den Platz günstiger anzubieten. An diesem Punkt stellte ich mir dann die Frage, warum eine hoch mobile Zielgruppe und eine potenziell in die gesamte Metropolregion Weser Ems ausgehende Strahlkraft eines Events kein öffentliches Interesse darstellt. Das ist doch die originäre Aufgabe von Stadtmarketing, Leute in die Stadt zu locken.

Die Events Bikes, Music & More Vol. 1 bis 5 hatten von 2010 bis 2014 hinlänglich bewiesen, dass ein enormes Potenzial da ist. Klar hat man als Veranstalter Eigeninteressen und evtl. abweichende Vorstellungen, aber wenn man es nicht mal schafft Ideen zu besprechen, Intreressenlagen auszuloten, dann wird es halt eng und man sucht sich Partner in anderen Städten oder man lässt es einfach ganz.

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Dabei sind manche Dinge echt easy und mit geringen Kosten umzusetzen. So wies ich das Stadtmarketing mal darauf hin, dass man doch alle bikerspezifischen Angebote in Delmenhorst und Umzu unter Inbezugnahme der lokalen Gastronomie sichtet und bündelt, diese mit einer eigenen Seite auf der Homepage darstellt. Ein Button mit „Biker / Motorradfahrer sind uns willkommen“ auf der Startseite plus die Unterseite mit komprimierten Infos hätte zunächst gereicht. Andere Kommunen machen das längst. Auch hier kein Vorankommen, kein Gespräch am Tisch. Dabei liegt Delmenhorst strategisch durchaus günstig zwischen Oldenburg und Bremen, um von hier aus Touren in alle Richtungen zu starten.

Die o. g. Umstände sind natürlich allesamt in Bezug auf meine Themen dargestellt, Fakt aber ist, dass es viele Leute gibt, die genau dieselben Erfahrungen gemacht haben und letztlich schnell das Gefühl bekamen, dass man sich entweder nicht das Heft aus der Hand nehmen lassen möchte oder aber das Stadtmarketing sich einfach nicht traut neue Dinge anzupacken, daher lieber die wenigen erfolgreichen Events verwaltet. Nur leider bringen uns diese in Summe nicht weiter.

Fazit!

Die Stadt muss ein Konzept entwickeln, dass es einem einfacher macht Events und Aktionen anzugehen. Wenn die Bürokratie schon am Anfang ein Hemmschuh ist, dann verlieren die Leute schnell das Interesse, denn Bürokratie killt Kreativität. Ich habe für mich irgendwann das Thema Biker Events in Delmenhorst endgütlig begraben und weiß definitiv, dass es anderen mit ihren Themen genauso erging. Das bedeutet nun nicht, dass man seitens der DWFG nichts auf die Kette bekommt, aber in Summe ist das viel zu wenig, um die Stadt nachhaltig zu pushen.

Und so kommen wir letztlich zurück zur Schließung der Fleischerei Lehnacker. Die haben trotz der Citylage einfach nicht genug Umsatz gemacht, um den Standort rentabel weiter zu führen. Natürlich sind Events nicht der alleinige Heilsbringer, sie fördern aber eine positive Außendarstellung, die neue Macher und letztlich auch neue Geschäfte in die Stadt locken. So wie das hier derzeit läuft bin ich aber äußerst skeptisch und gehe davon aus, dass Delmenhorst einfach schleichend weiter ausstirbt. Und lasst euch nicht von steigenden Einwohnerzahlen blenden, die sind nicht hierher gezogen, weil die Stadt so cool ist, sondern weil sie sich Bremen oder Oldenburg nicht mehr leisten können. My 5 cents.

Kontakt: https://www.dwfg.de/city-handel.html

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.