Musikszene: Ich bin ein Star, klick mich doch an!

Nachdem ich mit schlappen 45 Jahren das Musizieren auf den Drums angefangen hatte, nach drei Monaten mit Hesse zusammen das Wild Rock Project gründete, später notgedrungen in die Rolle des Sängers wechseln musste, was mir nach anfänglichem Unbehagen schlussendlich sehr viel Spaß bereitet, blicke ich nun auf 9 Jahre zurück, in denen ich jede Menge Erfahrungen gesammelt habe, um klar feststellen zu können, dass es etliche Musiker gibt, für die das Geschleime und Gepose in den sozialen Medien offensichtlich wichtiger ist, als die eigene Range und das Zusammenspiel konsequent zu verbessern.

Meine persönliche Meinung!

Das Bandmarketing gehört heutzutage einfach dazu, es sei denn, man ist so gut, dass jeder Bock auf dich hat, so dass die Qualität der Musik, egal in welchem Genre, sich zwangsläufig über eine breite Mundpropaganda herum spricht und die Leute sowas von neugierig sind, dass man eigentlich nur noch einen digitalen Flyer für das Konzert ins Netz stellen muss, damit die Bude voll wird. Das gilt für die wenigstens, ergo spielt das Marketing eine immer größere Rolle.

Wenn jedoch das Darstellen der Band und seiner Mitglieder eindeutig im Vordergrund steht und der Einsatz für Promotions und andere Marketingmaßnahmen höher ist, als die gemeinsame Kreativität im Probenraum, dann wird dies zwangsläufig dazu führen, dass man irgendwann auf der Stelle tritt und die Band sich nicht weiter entwickelt. Das gilt insbesondere für die Combos, die eigene Klamotten machen und die es ungleich schwerer als Coverbands haben, sich in der Musikszene zu behaupten.

Man rafft es allerdings erst nach einigen Jahren der Selbstbeweihrauchung, weil es dem Ego ja so unendlich gut tut, wenn die immer selben Leute einem die Bestätigung geben, dass man alles richtig macht. So wird die vorhandene Base einem immer die Stange halten und gemeinsam „Ihr seid die Geilsten“ trällern, nur ob diese Base sich kontinuierlich weiter entwickelt, steht auf einem völlig anderen Blatt. Wenn der Trend stimmt, erhöhen sich die Klickzahlen für Videos und es kommt zu mehr Kommentaren von neuen Fans. Passiert das nicht, muss man selbstkritisch damit umgehen und den Staus Quo analysieren.

Ich denke, wer Musik macht, um bekannt oder gar berühmt zu werden, hat schon mal einen völlig falschen Ansatz. Du musst Bock auf die Musik haben, und führt diese zum Erfolg, darf man diesen auch gerne genießen. Wer aber schon den Applaus hört ohne einmal in die Saiten gegriffen zu haben, wird vermutlich spätestens dann in den Sack hauen, wenn keiner mehr jubelt. Ich bin davon überzeugt, dass der Zuhörer merkt, ob man sich verstellt oder ob man straight seinen Weg geht, unbeirrt und mit klarem Ziel.

Wenn beides konsequent läuft, dann sieht die Welt plötzlich ganz anders aus und eine Band wird erfolgreicher und kassiert zwangsläufig mehr Gage. Mit einer solchen Entwicklung übersteht man auch besser die üblichen Bandkrisen und eine konstruktiv vorgetragene negative Kritik von Zuhörern oder Musikerkollegen wird eher als Anreiz verstanden, um sich zu verbessern. Man reagiert auf der sachlichen Ebene, nicht auf das verletzte Ego. Wer auf jegliche Kritik emotional reagiert und sofort eine Verteidigungsposition einnimmt, der ist bereits voll auf dem Ego-Trip..

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Wie kann es gehen?

Ein positives Beispiel in meinem regionalen Umfeld sind für mich immer die Dead Rock Pilots aus Bremen in Originalbesetzung gewesen. Gregor war für kurze Zeit mal Gitarrist im Wild Rock Project. Nachdem er das Wild Rock Project verließ, kam es zur Gründung der Piloten und vom Start weg kümmerte er sich um das Marketing. Im Vordergrund stand aber immer die musikalische Entwicklung der Band und dafür ackerten die Männer ohne Ende.

Während ich mir in einigen Proben von anderen Bands mehr oder weniger den verbalen Dreck über andere Combos anhörte, ging es bei den Männern stets um die eigene Range. Kein Wunder also, dass die Truppe in wenigen Jahren zu einer der geilsten Cover-Rock-Bands in unserer Metropolregion avancierten und locker jede große Bühne in Schutt und Asche spielten. Ihr dazu parallel eingestelltes Marketing war stets professionell. Ok, die Band in Originalbesetzung hat sich aufgelöst, ist jetzt mehrheitlich als Rossi unterwegs, aber es gab keinen Einbruch, wie es oftmals der Fall ist. Für mich das Ergebnis harter Arbeit!

Damit mich keiner falsch versteht, jeder so wie er es mag. Aber ich gehöre zu den Leuten, für die es in erster Linie im Veranstaltungsbereich darauf ankommt, dass sich eine Band auch als Dienstleister versteht, das Event unterstützt, sich gut auf den Gig vorbereitet und musikalisch alles gibt. Wer sich da zum Beispiel schon vor dem Konzert die Birne mit Fusel vernebelt und nicht mehr abliefert, muss sich nicht wundern, wenn ich ihm an die Gage gehe, weil das für mich ein völliges No Go ist. Im Wild Rock Project war das vor und während des Gigs verboten und Allüren führten schnell dazu, dass wir die Leute raus geworfen haben.

Ich selbst hatte auch eine Phase, in der ich vom Ego gelenkt wurde. Ich habe mehr nach Außen als nach Innen agiert. Klar gab das dicke Luft in der Band, aber die war unter dem Strich recht heilsam. Denn plötzlich übte ich mehr und die Resonanzen auf meinen Gesang wurden positiver.

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Fazit!

Letztlich zählt bei ausgemachten Live-Bands immer das, was beim Publikum ankommt und wie dieses die Musik bewertet. Aber nur weil 5 Leute mit Deinem T-Shirt rumlaufen, ist man kein Star. Klar braucht man Alphatiere, die nach Außen das Projekt voran treiben, aber wenn diese nur noch ihr eigenes Ding machen, weil es ihnen so gefällt, wird es kompliziert. Vielmehr zählt es Absprachen einzuhalten und sich gegenseitig zu motivieren, dass man stets alles gibt. Wenn das rüber kommt, ist das die halbe Miete!

Wenn ich aber nur deshalb mehr Gage zahlen soll, weil eine Band im Netz vermeintlich bekannter wurde, ohne das die realen Werte wie zum Beispiel Leads, Views, Klicks, Comments, usw. das auch klar belegen, dann winke ich ab. Im regionalen Bereich ist es immer schwer einen Marktwert festzustellen. Aber sich selber wichtiger zu nehmen, als man es real ist, führt aus meiner Sicht nicht dazu, dass man langfristig Erfolg hat. Auf diese Nummer hatte ich jetzt Bock und ich bin gespannt, wer sich jetzt peinlich berührt fühlt.

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.