Rechtliches: Verfahren gegen mich!

Dieser Bericht stellt keine Rechtsberatung oder Rechtsempfehlung dar. Es ist ein Erlebnisbericht aus meiner Erinerung heraus!

Der Vorwurf!

Heute wurde gegen mich der Vorwurf des unerlaubten Durchfahrens einer Rettungsgasse mit dem Bike auf der A 27 verhandelt.

Die Vorgeschichte!

Auf der A 27 meldete sich mein Freestyler-Zucker-Messgerät nach der zweiten Abfahrt Achim in Richtung Verden fahrend mit einem Alarmsignal. Ich hielt auf dem Pannenstreifen an, um mir ein Stück Traubenzucker zu geben. Leider hatte ich keinen Traubenzucker mehr dabei. Ich entschied mich dann dazu, einige KM weiter den BAB-Rasthof Goldbach anzufahren, um dort die Nummer zu regeln. Nach einigen Kilometern kam ich an ein Stauende. Nach zwei weiteren Alarmsignalen entscheid ich mich dazu, die Rettungsgasse zu durchfahren. In dieser befand sich zufällig auch ein Streifenwagen. Es kam zur Kontrolle und zur Anzeige. Gegen den Bescheid der Bußgeldstelle (240 Okken plus Gebühren, 2 Punkte sowie 1 Monat Fahrbverbot) erhob ich mit dem Hinweis auf einen gerechtfertigten Notstand Einspruch. Heute wurde in Achim verhandelt. Ich habe mich selbst verteidigt. Das Verfahren wurde vollständig vom Gericht eingestellt.

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Dieses Szenario machte ich nun vor einigen Monaten auf Facebook publik und erntete eine Vielzahl an negativen Kommentaren, Motto? Der Rocker ist selber schuld, da er seinen Traubenzucker vergessen hatte. Hätte er Traubenzucker dabei gehabt, hätte er die Rettungsgasse nicht durchfahren müssen. An dieser Stelle war mir bereits klar, dass etliche von den Kommentatoren den Bußgeldbescheid angenommen hätten, weil sie sich selber in einer Schuldrolle wähnen würden. Das aber ist eine emotioanle Einschätzung, die juristisch keinerlei Bedeutung hat.

Natürlich ist es dämlich vor Antritt der Fahrt seine Reservoir an Traubenzucker nicht zu checken, nur hat dieses Versäumnis reinweg nichts damit zu tun, dass es eine konkrete Gefahrensituation gegeben hat bzw. diese bevorstand. Somit ging es ausschließlich um die Frage, ob das Durchfahren der Rettungsgasse in dieser konkreten Situation durch einen gerechtfertigten Notstand gedeckelt war oder nicht.

Die Vorbereitung

Da die Gerichtsgebühr im Falle eines Urteils gegen mich pauschal bei 65 Euro lag, entschied ich mich dazu, das Verfahren ohne Rechtsbeistand zu führen. Ich wollte einfach wissen, ob meine selbst aufgebaute Argumentationskette greift oder nicht. Das birgt natürlich Risiken im Verfahren in sich. Ich bin halt kein Jurist.

Anfänglich rechercherchierte ich zunächst einmal die Erläuterungen im Netz zum Aspekt eines rechtfertigenden Notstandes. Was ist das überhaupt? Üppig waren die Erkenntisse im Kontext zur Rettungsgasse nicht. Nachfolgend las ich mir Gerichtsurteile von ähnlich gelagerten Fällen durch und verglich diese mit meinem Rechtsempfinden. Heraus entstand meine Verfahrensstratgie, die in meinem Fall wesentlich durch den Aspekt der Verhältnismäßigkeit geprägt war, sprich, ist das von mir gewählte Mittel des Durchfahrens der Rettungsgasse das mildeste Mittel bzw. ist es überhaupt ein geeignetes Mittel, um die drohende Gefahr abzuwenden?

An dieser Stelle kamen mehrere Optionen in Frage. Man hätte alternativ auch auf dem Pannenstreifen einen RTW rufen oder einen im Stau befindlichen Verkehrsteilnehmer fragen können, ob er etwas Süßes an Bord hat. In beiden Fällen gab es für mich potenzielle Risiken: 1. Der nicht kalkulierbare Zeitfaktor in Bezug auf das Eintreffen eines RTW 2. Wie regaiert ein Verkehrsteilnehmer, wenn ein 110 KG schwerer Kuttenträger in voller Montur an die Scheibe klopft? Letzteres war in der Verhandlung kurz Thema. Das Gericht folgte meiner Einlassung.

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Die Verhandung!

In dieser ging es u. a. um die Frage, warum ich die Beamten nicht auf mein Problem aufmerksam gemacht habe. Eine berechtigte Frage! Nun, mir wurde kein Vorhalt gemacht, ich erhielt also keine Rechtsbelehrung. Leute, darauf habt ihr einen Rechtsanspruch. Wo war die Belehrung dahingehend, dass ich etwas zu dem Vorwurf sagen kann, es aber nicht muss, und was mir überhaupt vorgeworden wird.

In der weiteren Kontrolle selbst blieb auch keiner der beiden Beamten bei mir, mit wem also hätte ich ein weitergehendes Gespräch führen können, denn beide Beamten stiegen zwecks Prüfung meiner Personalien direkt wieder in den Streifenwagen ein. Ich stand da also alleine, ohnehin eher ungewöhnlich.

Nun, das Gericht vertrat zwar die Meinung, das es trotzdem möglich gewesen wäre, die Beamten zu informieren, In Punkto Vorhalt konnte der von mir befragte Beamte aber nicht mal sagen, an welcher Stelle eine angebliche Rechtsbelehrung erfolgte. Da er auf Befragen des Gerichtes anfänglich einräumte, dass er sich nur grob an den Vorfall erinnern könne, stand er letztlch doch etwas im Regen dar. Ergo konnte das Gericht meine Einlassung nicht wiederlegen.

In Bezug auf die Frage, wo die Kontrolle denn stattgefunden habe, vertrat der Beamte die Meinung, dass diese zwischen den beiden Abfahrten Achim erfolgt sei. Falsch! An dieser Stelle wurde ich daher schon etwas knackiger in der Befragung, denn tatsächlich fand die Kontrolle hinter der Abfahrt Ost, also vor der BAB-Raststätte Goldbach statt. Ganz wichtig, denn wäre die Kontrolle zwischen den Abfahrten Achim erfolgt, hätte ich ja Abfahrt Ost abfahren können. Nun, da er sich auf sein Papier bezog, verweis ich darauf, das es überhaupt kein Problem sei, dieses über die Autbahnmeisterei in Erfahrung zu bringen, da diese die vordere Teilsperrung wegen eines Autobrands veranlasst hatte, wodurch der Stau entstand. Die schreiben nämlich Tätigkeitsberichte. Zudem hätte ich das Umfeld der Kontrollstelle beschreiben können, was aber nicht mehr notwendig war.

Am Ende ging es noch um die Frage, ob ich an dem Tag bereits gesundheitliche Probleme gehabt hatte. Nein, hatte ich nicht. Auch auf diesen Bereich hatte ich mich im Vorfeld explizit vorbereitet, denn ein Gericht kann ja durchaus auch mal die Eignung und Befähigung zum Führen von Kraftfahrzeugen auf Basis der Diabetis anzweifeln bzw. zu der Erkenntnis kommen, das ich wenigstens an dem Tag gar nicht hätte fahren dürfen. (siehe § 31 STVZO)

Schlussendlich begründete die Richterin ihre Entscheidung zur kompletten Einstellung des Verfahrens damit, dass sie meiner Einlassung folgt, da sie eine gesundheitliche Gefahr nicht ausschließen könne.  Das ich keinerlei Einträge im Verkehrsregister habe, war hilfreich.

Fazit!

Die Aktion hätte auch in die Hose gehen können. Sich selbst zu vertreten birgt erhebliche Verfahrensrisiken in sich. Ihr sollte euch also immer anwaltlichen Rat einholen. Ich habe diese konkrete Nummer für mich jedoch als Herausforderung angesehen und war mich sicher, dass meine Erfolgsaussichten gut sind. Folgt dem Beispiel aber besser nicht! Und sollte ich mal wegen strafrechtlicher Dinge belangt werden solllen, würde ich mir immer einen Anwalt zur Seite stellen

Fakt ist, auf die Verhandlung muss man gut vorbereitet sein und auch keinesfalls darauf verzichten, Polizeibeamte bei Widersprüchen verbal hart ranzunehmen. Klar, waren die sauer. Wenn ein Rocker gemächlich an denen in der Rettungsgasse vorbeicruist, sind die angepisst. Das rechtfertigt aber m. E. keinen rüden Umganston und schon gar nicht die Nichteinhaltung rechtsstaatlicher Vorschriften. Warum der Beamte, der die Kontrolle durchführte, nicht bei Gericht war, würde mich auch mal interessieren.

Meine Message?

Verzichtet niemals auf eue Rechte, auch wenn ihr euch schuldig fühlt. Das Gericht hat es hier null interessiert, das ich keinen Traubezucker dabei hatte. Es ging ausschließlich um die Frage, ob in dieser konkreten Situation ein rechtfertigender Notstand vorlag oder nicht. Diesen konnte das Gericht aufgrund meiner Erläuterungen defintiv nicht ausschließen, ergo musste das Verfahren eingestellt werden.

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.