Rockerszene: Das BKA sieht in Rockern weiter eine hohe Gefahr“!

Ein Kommentar!

In den letzten Tagen rauschte es wieder gewaltig im Bätterwald. Die Rocker waren mal wieder an der Reihe. An sich hatten alle Artikel zu dem Thema dieselbe Message: „Das BKA sieht in Rockern weiter eine hohe Gefahr“. Nun, das verwundert kaum, ebenso wenig verwundert es, dass die Journalisten es an jeglicher Faktenlage vermissen ließen, teilweise sogar die Belegfotos nicht zu den Bildbeschreibungen passten. (Siehe Berliner Kurier mit demselben Tenor vom 27.11.2020)

Dazu mein Senf!

So stellt ntv.de u. a. fest: „Mehrere Tausend Menschen in Deutschland gehören zu Rockerbanden, die im kriminellen Milieu aktiv sind. Zwar werden Konflikte unter rivalisierenden Gruppierungen seltener in der Öffentlichkeit ausgetragen als noch vor einigen Jahren – weniger gefährlich sind sie deshalb aber nicht, warnt das BKA.

Die Behauptung wurde in keiner Weise mit Fakten unterfüttert. Woher nimmt ntv.de die Kenntnis, dass mehrere Tausend Rocker im kriminellen Milieu aktiv sind? Hier fehlt es an jeglichen Zahlen und Daten, die eine derartige Aussage klar untermauern. Man spricht von einer hohen Gefahr. Wie wird diese belegt? Gar nicht! Es wird einfach nur in den Raum hineingeworfen! Beschwerden bitte an das BKA.

Weiterhin heißt es: „Wie aus den Angaben des Bundeskriminalamts hervorgeht, gehörten im vergangenen Jahr etwa zwei Drittel der potenziell gefährlichen Rocker den „Hells Angels“, „Bandidos“, „Outlaws“, oder dem „Gremium“ an.“

(Screenshot BK vom 27.11.2020) Das tut weh! Als Belegfoto zur Aussage zum HAMC nimmt man ein Motiv, welches den Rolling Wheels MC darstellt.Das beweist journalistische Präzision!

Um zu wissen, dass zwei Drittel der gefährlichen Rocker den o. g. Clubs angehören, muss man zunächst die Gesamtzahl bestimmen können. Weder das BKA noch andere Polizeidienststellen wissen aber real, wieviele Rocker tatsächlich als gefährlich einzustufen sind. Wovon hängt das eigentlich ab? Ab wann ist man gefährlich? Ohne einen eindeutig belegbaren Basiswert, hat diese Aussage jedenfalls null journalistischen Wert. Sie entspricht lediglich einer polizeilichen Einschätzung und wurde ohne eigene Überprüfung übernommen. Ein bekanntes Muster!

Mein letzter Punkt: „Allein in Berlin ermittelte die Polizei im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben in 56 Verfahren zur organisierten Kriminalität – es ging um Rauschgift, Autodiebstahl, Schmuggel- und Zolldelikte, Zwangsprostitution, Fälschungen und Schleusungen. Neben kriminellen Clans spielten auch Rockergruppen eine große Rolle. In München hatte im Juni eine Rocker-Attacke auf offener Straße für Schlagzeilen gesorgt.“

Hier entsteht für den nicht szenekundigen Leser durchaus der Eindruck, dass die 56 Verfahren den Rockern zuzuschreiben sind, da der Bericht sich ausschließlich dieser Thematik widmet. Man muss da schon genau lesen, um festzustellen, dass die Rocker in Bezug auf diese 56 Verfahren in Berlin nur eine Nebenrolle einnehmen, doch selbst diese Fesstellung wird nicht mit Urteilen unterfüttert.

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Fazit!

Diese Art von Berichterstattung entspricht m. E. nicht im Ansatz den Erfordernissen eine sorgfältigen und ausbalancierten Berichterstattung. Sie zielt ausschließlich darauf ab, auf extrem einfache Art und Weise einen reißerischen Artikel herausbringen zu können, der nichts mit Aufklärung zu tun, sondern reinweg nur verallgemeinert und vorverurteilend wirkt. Der Artikel ist hochgradig tendenziös und es fehlt nahezu komplett an nachvollziehbaren Fakten. Das funktioniert aber, da der Leser kein Interesse daran hat den Vorhalt selber zu verifizieren. Die Presse weiß das.

Wenn ich diese Methode mal einfach auf die Anzahl der Fälle von polizeilicher Gewalt anwende, so wird laut amtlicher Statistik in jedem Jahr von der Staatsanwaltschaft gegen 4.000 Beamte in 2.000 Verfahren ermittelt. (Stand: 2018) Forscher gehen davon aus, dass aber nur jede fünfte Tat angezeigt werden. Somit müsste ich davon ausgehen, dass es real über 10.000 Fälle von polizeilcherGewalt in jeglicher Form sind. Ich würde das jedoch nicht feststellen, denn es fehlt an klar belegbaren Fakten in Bezug auf das Dunkelfeld. Zudem haben auch Polizeibeamte das Recht darauf, dass man die Zahlen ordentlich verifiziert und nicht einfach nur so tut, als wenn der Vorhalt einen hohen Wahrheitsgehalt hat, nur weil man es selber so sieht. Dieses Recht wird Rockern jedoch nicht eingeräumt!

Es gibt durchaus gefährliche Rocker innerhalb der Rockerszene. Genauso wie es Polizeibeamte gibt, die gerne mal den Knüppel rausholen. Doch völlig egal in welchem Bereich wir uns bewegen, derartige Vorhalte müssen eine klare Faktenlage als Basis haben. Nur so ist der Leser in der Lage sich selbst ein einigermaßen neutrales Bild zu machen. Ihm das zu ermöglichen ist die Aufgabe von Journalismus. Diese Form der Berichterstattung hat damit jedoch nichts zu tun. Ein Blick in den Pressekodex könnte den Autoren helfen, sich wieder auf das zu besinnen, was m. E. gerade heutzutage so extrem wichtig ist, nämlich Glaubwürdigkeit durch echte Fakten und Belege!

Link Berliner Kurier: https://www.berliner-kurier.de/politik-wirtschaft/bka-warnt-gefahr-durch-rocker-weiter-hoch-li.122084

Autor: Lars Petersen

Mitglied im DPV Deutscher Presseverband - Verband für Journalisten e.V. Über 30 Jahre Erfahrung als Vertriebsmann, davon 9 Jahre Anzeigenleiter bei der Borgmeier Media Gruppe GmbH in Delmenhorst. Steckenpferd? Texten. Zur Person? Vater und MC-Mitglied (1%er). Karre? 99er Harley Davidson Road King. KM pro Jahr? Das reicht schon! Mein Credo? Geht nicht, gibt es nicht!! Machen, nicht labern! Der Autor weist ausdrücklich darauf hin, dass er seine Tätigkeit mit der höchst möglichen Neutralität und Objektivität ausführt und die Inhalte im Online-Magazin nur von ihm entschieden werden, sofern es sich nicht um bezahlte Aufträge handelt. Besonderes: U. a. Veranstalter von Bikes, Music & More Vol.1 bis 5. - Das Biker-Festival in Delmenhorst, Organisator der Biker Meile im Rahmen des Delmenhorster Autofrühlings sowie Produzent vom Motorcycle Jamboree Journal. Ausrichter vom Rocker Talk 1 und 3.